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Chronologie der tödlichen Schusswaffeneinsätze der Polizei

Der Schusswaffengebrauch ist meist eine Gratwanderung.
Der Schusswaffengebrauch ist meist eine Gratwanderung. ©APA/BARBARA GINDL
Der Schusswaffengebrauch ist für Polizisten immer eine Gratwanderung. Er gilt als letztes Mittel, Randalierer oder Gewalttäter zu stoppen.
Pensionistin bei WEGA-Einsatz erschossen

Nachfolgend eine Auflistung derartiger Einsätze mit tödlichem Ausgang. Häufig wurden die Beamten selbst mit Waffen bedroht.

Tödlicher Schusswaffengebrauch in Österreich

5. Jänner 2021: Eine 67-Jährige wird in der Auhofstraße in Wien-Hietzing durch einen Schuss aus einer Polizeidienstwaffe getötet. Die Pensionistin soll zunächst ihre Heimhilfe bedroht haben. Beim folgenden Polizeieinsatz greift die Frau Beamte mit einem Messer in der Hand an. Die Polizisten setzen daraufhin einen Taser ein und geben einen Schuss ab. Die Frau wird noch mit dem Rettungshubschrauber in ein Spital gebracht, wo sie kurz danach verstirbt.

14. Juni 2020: Nach einer Verfolgungsjagd in Altmünster (Bezirk Gmunden) wird bei einem Schusswechsel mit der Polizei ein Mann getötet. Der Lenker eines Pkw kann erst nach mehreren Versuchen gestoppt werden. Dabei schießt er auf einen Streifenwagen, worauf Polizisten von der Waffe Gebrauch machen. Der Mann, der vier Mal getroffen wird, überlebt die Verletzungen nicht. Zuvor kündigte er gegenüber seiner Frau, dem Nachbarn und einem Priester an, sich das Leben nehmen zu wollen. Mit einer Lang- und einer Faustfeuerwaffe fährt er dann von daheim weg.

17. Juli 2016: Ein 37-Jähriger wird von Polizisten im Stiegenhaus eines Wohnhauses in Wien-Ottakring erschossen, nachdem er diese mit zwei Messern attackiert hatte. Die Exekutive war zuvor wegen "eines randalierenden Mannes" in die Brüßlgasse gerufen worden.

2. Juli 2016: Bei einem Supermarktüberfall in Wien-Penzing wird stiller Alarm ausgelöst. Die eintreffenden Besatzungen dreier Funkstreifen werden von dem Räuber beschossen. Ein Polizist wird dabei lebensgefährlich, ein weiterer schwer und eine Beamtin vermutlich durch einen Sturz leicht verletzt. Der 50-jährige Bosnier flüchtet, wird aber in der Nähe von der Sondereinheit WEGA gestellt. Bei einem neuerlichen Schusswechsel wird der Mann tödlich getroffen.

3. Juli 2014: Ein 21-Jähriger flüchtet nach einem gescheiterten Tankstellenüberfall in Wiener Neustadt in Niederösterreich in einem Auto vom Tatort. Der Mann wird in Neunkirchen von der Polizei gestoppt und bedroht die Beamten mit einer Waffe - wie sich später herausstellt eine Softgun. Die Polizisten eröffnen das Feuer und der junge Mann wird neunmal getroffen, davon dreimal tödlich. Die Staatsanwaltschaft entscheidet elf Monate später, dass der Schusswaffengebrauch gerechtfertigt war, und erhebt keine Anklage.

7. Juni 2013: Ein tobender Mann attackiert in einem engen Stiegenhaus in Liesing acht Angehörige der Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung (WEGA) mit einem Messer. Vier der Polizisten geben insgesamt 20 Schüsse ab. Das Verfahren gegen die Beamten wird ein Jahr später eingestellt.

28. April 2010: Ein 84-jähriger Mann in Laakirchen (Bezirk Gmunden) bedroht in den Nachtstunden einen Zeitungsausträger, der in seiner Hauseinfahrt stehen bleibt, mit einer Pistole. Der Autofahrer flüchtet zur Polizei, die den Senior aufsucht. Nachdem der Mann sich auch nach einem Warnschuss weigert, die Pistole fallen zu lassen, eröffnen die Streifenbeamten das Feuer. Ein Schuss trifft den 84-Jährigen in die Brust.

31. Dezember 2009: Nach einem Überfall auf ein Wettcafe bei Graz wird der Räuber während der Verfolgungsjagd von zwei Projektilen in den Bauch getroffen. Der 38-Jährige durchbricht mit seinem Pkw zuvor mehrere Polizeisperren, in Weitendorf stoppt ein Schuss in den Reifen seine Weiterfahrt. Der Mann steigt aus und eröffnet das Feuer - zwei Polizisten geben daraufhin vier Schüsse ab. Im Nachhinein stellt sich heraus, dass der 38-Jährige nur mit einer Gaspistole bewaffnet war. Der Verletzte stirbt im Spital an inneren Blutungen.

22. November 2009: Ein Polizist tötet in einer Notwehrsituation einen Lebensmüden in Wien-Favoriten. Der 31-Jährige hatte eine täuschend echt aussehende Gaspistole auf den Beamten gerichtet, dieser schießt und trifft den Mann zweimal.

5. August 2009: Bei einem Einbruch in einen Merkur-Markt in Krems a.d. Donau wird ein 14-jähriger Jugendlicher von der Polizei erschossen, sein zum damaligen Zeitpunkt 16-jähriger Komplize schwer verletzt. In der Folge wird über die Rechtmäßigkeit des Schusswaffengebrauchs heftig diskutiert. Ein Beamter wird rechtskräftig zu acht Monaten bedingter Haft wegen fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen verurteilt.

8. August 2008: Ein Polizist erschießt gegen 4.00 Uhr in Wetzelsdorf (Bezirk Korneuburg) einen Motorraddieb. Der 46-Jährige wollte bei einem Anhalteversuch davonrasen.

19. April 2008: Auf einem Parkplatz der Wiener Außenring-Schnellstraße (S1) in Schwechat kommt bei einem Schusswechsel ein als Polizist getarnter Rumäne durch das Projektil einer Dienstwaffe eines Beamten in Zivil ums Leben. Laut Polizei war der Flüchtende, der gemeinsam mit zwei Komplizen mehrere Überfälle begangen haben soll, auf die Beamten losgefahren. Die Anklagebehörde kommt zu dem Schluss, dass die Schussabgabe durch die Polizisten gerechtfertigt war.

Waffengebrauch der Polizei gesetzlich geregelt

Der Waffengebrauch durch die Exekutive ist gesetzlich genau geregelt. Hier die entsprechenden Bestimmungen.

§ 2 Waffengebrauchsgesetz (grundsätzliche Zulässigkeit von Gebrauch von Dienstwaffen) Gebrauch von Dienstwaffen zulässig:

  • gerechte Notwehr
  • zur Überwindung eines auf die Vereitlung einer rechtmäßigen Amtshandlung gerichteten Widerstandes
  • zur Erzwingung einer rechtmäßigen Festnahme
  • zur Verhinderung des Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person
  • zur Abwehr einer von einer Sache drohenden Gefahr

§ 7 Waffengebrauchsgesetz (lebensgefährdender Waffengebrauch)
Der mit Lebensgefährdung verbundene Gebrauch einer Waffe gegen Menschen ist nur zulässig:

  • im Falle gerechter Notwehr zur Verteidigung eines Menschen
  • zur Unterdrückung eines Aufstandes oder Aufruhrs
  • zur Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung des Entkommens einer Person, die einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, überwiesen oder dringend verdächtig ist, das für sich allein oder in Verbindung mit ihrem Verhalten bei der Festnahme oder Entweichung sie als einen für die Sicherheit des Staates, der Person oder des Eigentums allgemein gefährlichen Menschen kennzeichnet.
  • zur Erzwingung der Festnahme oder Verhinderung des Entkommens eines Geisteskranken, der für die Sicherheit der Person oder des Eigentums allgemein gefährlich ist.

(APA/Red)

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