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Causa Kinderwunschklinik: Beschuldigter soll nun vor Schöffengericht

64-Jähriger soll wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor Schöffengericht angeklagt werden.
64-Jähriger soll wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor Schöffengericht angeklagt werden. ©APA
Im Wiener Neustädter Prozess gegen einen 64-jährigen Anästhesisten in der Causa Kinderwunschklinik ist am Mittwoch vom Einzelrichter ein Unzuständigkeitsurteil gefällt worden. Der Beschuldigte soll wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor einem Schöffengericht angeklagt werden.
Frau nach Eingriff gestorben
Strafantrag gegen Anästhesisten eingebracht

Ein durchaus ungewöhnliches Ende hat am Mittwoch in Wiener Neustadt der Prozess gegen einen 64-jährigen Anästhesisten genommen. Der Einzelrichter kam nach mehrstündiger Verhandlung und diversen Befragungen zur Erkenntnis, dass der Beschuldigte wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang angeklagt werden sollte. Der Strafrahmen beträgt im äußersten Fall bis zu 15 Jahre, zuständig ist ein Schöffensenat. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Frau starb nach Behandlung in Kinderwunschklinik

Vor Gericht stand der Mediziner am Mittwoch u.a. wegen grob fahrlässiger Tötung. Grund dafür ist der Tod einer 32-Jährigen infolge einer am 3. Juni in einer Badener Kinderwunschklinik durchgeführten Follikel-Punktion (Anstechen der Eibläschen zur Eizellenentnahme, Anm.). Bei zwei am selben Tag in der privaten Einrichtung behandelten Frauen im Alter von 31 und 35 Jahren kam es ebenfalls zu Komplikationen. Die beiden waren vorübergehend intensivmedizinisch betreut worden, befanden sich aber bald auf dem Weg der Genesung. In diesem Zusammenhang wurde dem Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin fahrlässige schwere Körperverletzung vorgeworfen.

Fehler bei Verabreichung von Propofol

Konkret soll der 64-Jährige am 3. Juni einen Fehler bei der Verabreichung des Mittels Propofol begangen haben. Wie der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsvortrag erklärte, hatte der Beschuldigte am Tag davor in einer Wiener Klinik ein mit dem Stoff befülltes Fläschchen verwendet. Anstatt es - wie üblich - danach zu entsorgen, transportierte der Angeklagte das bereits geöffnete Gebinde mit nach Hause und lagerte es dort im Kühlschrank.

"Dieses Fläschchen hat er am 3. Juni wieder mitgenommen in die Babywunschklinik", schilderte der Vertreter der Anklagebehörde. "Das war Zufall, Schicksal für mich. Das war blöd", gab der Anästhesist zu Protokoll. Propofol zu nutzen, das sei für ihn über 30 Jahre hinweg "nie ein Problem" und eigentlich "so wie Fahrrad fahren" gewesen, betonte der Arzt. Dass man bereits geöffnete Behältnisse dieses Mittels nicht erneut verwenden darf, sei ihm allerdings nicht bekannt gewesen, sagte der Angeklagte.

Richter glaubte den Schilderungen nicht

Diese Schilderung nahm der Richter dem Mediziner nicht ab. "Die Behauptung, dass Sie nicht wussten, dass man ein angebrochenes Propofol-Fläschchen nicht verwenden darf, kann ich Ihnen nicht glauben", sagte der Jurist unmittelbar vor dem für viele Beobachter unerwarteten Unzuständigkeitsurteil. "Ich muss davon ausgehen, dass Sie wussten, dass man es wegwerfen muss." Der Jurist sah die Anästhesie als solche nicht gerechtfertigt. "Sie haben wissentlich das Propofol verwendet, obwohl völlig klar war, dass Sie das nicht tun dürfen und in der Hoffnung gehandelt, dass nichts passiert."

Vor einer weiteren Anklage bedürfe es zudem einer Aufarbeitung "einer Vielzahl" weiterer möglicher Körperverletzungen von Patienten, die davor so behandelt worden sein könnten, betonte der Richter. Während die Verteidigung Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde einlegte, gab der Staatsanwalt keine Erklärung ab.

(APA/red)

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