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Bundesheer: Der Kompromiss zwischen SPÖ und ÖVP

Militärmusik Vorarlberg bleibt in abgespeckter Form erhalten
Militärmusik Vorarlberg bleibt in abgespeckter Form erhalten ©VOL.AT/Steurer
Anfang Oktober hatte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) sein Reformkonzept zum Bundesheer vorgelegt, bis einen Tag vor Weihnachten haben die Regierungspartner darüber verhandelt. Grundsätzliches hat sich nicht geändert.
616 Mio. Euro für das Heer
Klug will weniger Kasernen
MilMus: Widerstand gegen Abschaffung
Rettungsversuche der Länder

Zwei Kasernen mehr bleiben vorerst, ebenso sechs Kampfpanzer. Weiterhin hat jedes Bundesland eine Militärmusik, dafür aber eine kleinere. Ein Überblick über den Kompromiss:

KASERNEN

Auf Klugs Schließungsliste standen eigentlich 13 Kasernen. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll und sein Salzburger Kollege Wilfried Haslauer (beide ÖVP) haben sich durchgesetzt und dürfen jetzt doch die Radetzky-Kaserne in Horn und die Strucker-Kaserne in Tamsweg behalten – vorerst, wie die Bundesregierung betont. Hier soll gemeinsam an der weiteren “Konzeption” gearbeitet werden, hieß es etwas kryptisch.

MILITÄRMUSIK

Klug wollte nur mehr vier Standorte der Militärmusik (Wien, Klagenfurt, Innsbruck und Linz), nun bleibt sie in allen Bundesländern, auch in Vorarlberg erhalten. Und das geht so: Es wird künftig eine österreichische Militärmusik geben, die Außenstellen in allen Bundesländern hat. Das dortige Personal wird um gut die Hälfte reduziert. Statt bisher 47 Musikern wird es also künftig 20 pro Land geben, bestehend aus einem Offizier, sechs Unteroffizieren und 13 Grundwehrdienern. Die Gardemusik in Wien soll ebenfalls leicht reduziert werden. Künftig sollen auch verstärkt Zusatzaufgaben in der Katastrophenhilfe und Grundwehrdienerausbildung übernommen werden.

SCHWERE WAFFEN

Das Bundesheer soll sich von einer großen Anzahl schwerer Waffen trennen. Verwertet werden Artilleriegeschütze, Bergepanzer, Panzerabwehrlenkwaffen, Granatwerfer und Kampfpanzer. Vom Kampfpanzer Leopard bleiben nun doch 40 und nicht nur 34 erhalten.

SOZIALPLAN

Das Konzept des Verteidigungsministers sieht auch eine Verringerung von 1.400 Arbeitsplätzen oder 5,9 Prozent bis 2018 vor. Die ÖVP wollte in einem Sozialplan sicherstellen, dass Bedienstete, die durch Versetzungen weniger verdienen würden, sechs Jahre lang das alte Gehalt bekommen. Davon wurde Abstand genommen, da dies eine Änderung des Beamtendienstrechtes erfordert hätte. Es gilt nun jener Paragraf, der eine 100-prozentige Fortzahlung für drei Jahre und eine schrittweise Abstufung für weitere drei Jahre vorsieht.

SONDERINVEST

Die zusätzlich zugesagten 616 Mio. Euro für das Bundesheer sind mit Vorsicht zu genießen. 2016 bis 2019 sollen 350 Mio. Euro fließen, für die restlichen 266 Mio. Euro gibt es lediglich eine “Finanzierungszusage” ab 2020. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) ist der Meinung, dass man damit jetzt schon Beschaffungsvorgänge einleiten kann.

Verwendet werden soll das Geld unter anderem für die Wehrdienst-Reform (30 Mio. pro Jahr) sowie die personelle Stärkung (29 Mio.) und Ausrüstung (78 Mio.) der Miliz. Grundwehrdiener, die sich nach sechs Wochen für die Miliz melden, sollen übrigens als Anreiz künftig doppeltes Taggeld bekommen. Mittel gibt es auch für die notwendigen Updates der Black Hawk-Hubschrauber (80 Mio.) und der Herkules-Transportmaschinen, weiters sollen Nachfolger für die Saab 105-Flieger geleast werden, ebenso Nachfolger für die Hubschrauber Alouette III und Bell OH-58.

Bundesheer-Sparkonzept

“Steiniger Weg”

“Der Weg bis zur heutigen Einigung war etwas steiniger, als ich mir anfangs vorgestellt habe”, aber die nunmehrige “Qualität der Lösung” rechtfertige das, betonte Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) bei der Pressekonferenz am Dienstag. Nicht wirklich klar wurde, wie trotz der Änderungen die Zielgröße von 200 Mio. Euro an Einsparungen pro Jahr erreicht werden sollen.

Das Ziel, dass die Maßnahmen aus seinem Konzept rund 200 Mio. Euro pro Jahr einsparen sollen, bleibe aufrecht, sagte Klug. Wie das gehen soll, wenn jetzt unter anderem weniger Kasernen geschlossen und weniger Panzer verwertet werden, wurde den anwesenden Journalisten trotz mehrmaliger Nachfragen nicht ganz klar. Man werde sicherstellen, dass sich bis zum Endausbau 2018 in Summe 200 Mio. an Einsparungen pro Jahr ergeben, versicherte Klug. Am Rande merkte er auch an, dass man etwa mit der jetzigen Lösung zur Militärmusik etwas mehr einspare.

Keine Bestandsgarantie für Kasernen

In Sachen Kasernen hätte es besonders in zwei Bundesländern regional “schwere Probleme” gegeben, wenn diese geschlossen worden wären, rechtfertigte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP), warum die Standorte Tamsweg und Horn – “die Betonung liegt auf vorläufig” – doch nicht geschlossen werden. Es gebe für die beiden Kasernen “keine Bestandsgarantie für immer”. An der weiteren “Konzeption” werde gemeinsam gearbeitet, ergänzte Klug. Ob über die jetzige Schließungsliste hinaus weitere Teilflächen veräußert werden, sei offen. Konkret auf die Schwarzenberg-Kaserne in Salzburg angesprochen, erklärte Klug, es gebe dort Interesse, Teile zu erwerben, das habe aber mit dem vorläufigen Offenhalten von Tamsweg nichts zu tun.

Stark reduziert werden die schweren Waffen, wiewohl nun doch sechs Kampfpanzer Leopard mehr als ursprünglich in Betrieb bleiben (also insgesamt 40). Mikl-Leitner bezeichnete dies mit Blick auf die Ukraine und den IS-Terror als wichtigen Punkt. “Keiner von uns weiß, wie sich die Situation weiter entwickelt”, sie hoffe aber, dass es nicht so weit komme, dass man sich hierzulande wehren müsse.

Militärmusik bleibt erhalten

Erfreut zeigte sich Mikl-Leitner auch, dass es weiterhin in jedem Bundesland eine Militärmusik geben wird (wenn auch personell reduziert). Diese sei zwar militärisch “nicht das wichtigste”, gestand sie auf Nachfrage zu, habe aber als “Kaderschmiede für die Blasmusik” in ganz Österreich eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Noch eine Zeit lang gesichert ist übrigens auch das Militärgymnasium Wiener Neustadt, und zwar zwei Jahre seitens des Verteidigungsressorts und weitere zwei seitens des Bildungsministeriums.

Die Verhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP über das Einsparungskonzept hatten “etwas länger gedauert als ursprünglich erwartet”, räumte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) ein. Es sei aber “schön, dass noch rechtzeitig vor Weihnachten eine Einigung erfolgt ist”. Faymann hob vor allem die 616 zusätzlichen Millionen Euro fürs Bundesheer hervor. Die sollen für die Wehrdienst-Reform, die Miliz und Investitionen vor allem im Bereich der Luftraumüberwachung verwendet werden. 2016 bis 2019 sollen 350 Mio. Euro fließen, ab 2020 gebe es eine Finanzierungszusage von 266 Mio. Euro, mit der man jetzt schon Beschaffungsvorgänge einleiten könne, betonte Klug.

Auch Mitterlehner war “froh”, dass die Regierung noch heuer eine Punktation zu den Strukturänderungen vorlegen könne. Es sei keine reine Kürzung nach dem Motto “weniger desselben”, sondern wirklich ein Reformkonzept, mit dem beide Seiten “zufrieden sein können” und das Bundesheer seine Aufgaben wahrnehmen könne. Mit der Reform habe man ein Bundesheer “auf der Höhe der Zeit”, meinte Mikl-Leitner.

LH Wallner mit Kompromiss zufrieden

Landeshauptmann Wallner zeigt sich mit dem Ergebnis der Verhandlungen durchaus zufrieden und spricht von einem “brauchbaren Ergebnis”. Wallner betonte vor allem, dass das Vorarlberger Militärkommando seine Eigenständigkeit behalte und sieht die Einsatzfähigkeit des Bundesheer, auch in Sachen Katastrophenschutz, für die Zukunft gegeben. Man wisse aus zahlreichen Erfahrungen, wie wichtig es im Katastrophenfall sei, funktionierende Strukturen vor Ort zu haben. “Die Assistenzeinsätze des Bundesheers waren stets sehr hilfreich und professionell”, stellte Wallner fest.

Die zusätzlichen 616 Millionen Euro für das Bundesheer sind für Wallner ein gutes Signal, damit auch in Zukunft in den Katastrophenschutz investiert werden kann. Auch über den Erhalt der Militärmusik zeigt sich Wallner erfreut. Mit der Tatsache, dass künftig nur noch 20 statt wie bisher 47 Musiker ihren Dienst bei der Militärmusik Vorarlberg verrichten, könne man seitens des Landes gut leben.

Michael Ritsch erfreutAuch der Vorarlberger SPÖ-Clubobmann Michael Ritsch zeigt sich erfreut über das Ergebnis der Verhandlung. DasVerteidigungsministerium habe nun doch Mittel dafür erhalten, um in Vorarlberg den Katastrophenschutz zu sichern. Erfreulich beurteilt Ritsch auch die Tatsache, dass die Militärmusik Vorarlberg grundsätzlich erhalten bleibt.

Mit den über die Jahre geplanten Sonderinvestitionen im Ausmaß von über 600 Millionen Euro sei garantiert, dass die Assistenzeinsätze des Bundesheeres bei Katastrophen weiterhin im notwendigen Ausmaß erfolgen können, meint Ritsch.

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