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Bürgermeister Michael Ludwig

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig ist für das Amt des Bürgermeisters im Gespräch
Wohnbaustadtrat Michael Ludwig ist für das Amt des Bürgermeisters im Gespräch ©APA/GEORG HOCHMUTH
Gastkommentar von Johannes Huber. Das Rennen um die Häupl-Nachfolge ist offen. Setzt sich der Wohnbaustadtrat durch, hat das auch bundespolitische Folgen.

Böse Zungen behaupten, man müsse dem Wiener Bürgermeister und SPÖ-Vorsitzenden Michael Häupl dankbar sein, dass er nicht zurücktrete. Dass es sich bei denen, die das sagen, eher um Linke handelt, ist kein Zufall: Geht der 67-Jährige in Pension, würde es in der Partei sehr wahrscheinlich zu einem Rechtsruck kommen. Und das würde vielen zu weit gehen, müsste Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in weiterer Folge doch auch seine Pläne aufgeben, eine rot-grün-pinke Koalition zu bilden.

Wie auch immer: Zu den größten Versäumnissen von Michael Häupl zählt wirklich, dass er sich nie um seine Nachfolge gekümmert hat. Im Unterschied zum niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) etwa: Johanna Mikl-Leitner, die ihn demnächst beerben wird, zählte schon vor 20 Jahren zu seinem Mitarbeiterstab. Nachdem sie seinen Vorstellungen von einer Hoffnungsträgerin gerecht geworden war, förderte er sie, machte sie zu Landesrätin, Innenministerin und zuletzt zu seiner Stellvertreterin. So geht das.

Häupl hat das, wie gesagt, nicht getan. Und so steht heute nicht nur er ziemlich einsam da; die gesamte Sozialdemokratie hat ein Riesenproblem: Es droht die Partei zu zerreißen. Einen Vertreter der Mitte, mit dem alle können und der die Führung übernehmen könnte, gibt es nicht. Der linke Flügel hat seine Kandidatin, die ehemalige Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, im Jänner verloren; sie hat sich verabschiedet. Der rechte Flügel hat seinen Mann dagegen nach wie vor: Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

Auch wenn es gar nicht so einfach ist, ihn gegen den Willen von Häupl und einen guten Teil der Partei durchzubringen, so sollte man sich sicherheitshalber schon einmal mit dem Gedanken auseinandersetzen, dass es gelingen könnte. Möglich ist es schließlich. Und schon daher gehört es ernst genommen.

Zunächst wäre die rot-grüne Rathauskoalition gefährdet. Ludwig ist nämlich den Sozialdemokraten zuzurechnen, die der Meinung sind, dass man sich den Freiheitlichen zuwenden muss, weil dort ja schon die meisten Ex-SPÖ-Wähler hingelaufen sind. Sein Kurs als Wohnbaustadtrat trägt dem Rechnung. Dem Unmut über Fremde in Gemeindebauten begegnete er beispielsweise damit, dass er Wartelisten einführte, die garantieren, dass Fremde bei der Wohnungsvergabe Nachrang haben.

Eine solche Politik wird von einem wachsenden Teil der Partei mitgetragen. In Wien gehören vor allem Genossen aus den „Flächenbezirken“ dazu. Im Burgenland handelt es sich um die gesamte Landesorganisation rund um Hans Niessl; sie ist genau genommen schon viel weiter, befindet sie sich doch seit eineinhalb Jahren in einer mehr oder weniger gut funktionierenden Koalition mit den Freiheitlichen.

Setzt sich so etwas mit Ludwig auch in der Bundeshauptstadt durch, bekommt auch der Kanzler und Bundespareivorsitzende Christian Kern ein Problem: Er versucht ja gerade einen etwas eigentümlichen Spagat: Um Wähler zurückgewinnen zu können, kopiert er freiheitliche Inhalte in entschärfter Form, will nach Wahlen aber eine rot-grün-pinke Koalition bilden. Wie das aufgehen soll, ist schleierhaft.

Vor allem aber ist es wohl undurchführbar, wenn Michael Ludwig zu einem der mächtigsten Genossen aufsteigt: Dann kann Kern als Vize oder Kanzler mit Heinz-Cristian Strache koalieren oder in Opposition gehen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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