Bregenzer Delegation erlebte russischen Großangriff in Kiew

Im Gespräch mit VOL.AT berichtet ÖVP-Stadtvertreter Michael Sochor (ÖVP) von den intensiven Erlebnissen der Delegation, die am dritten internationalen Summit der Städte und Regionen teilnahm. Neben Sochor waren Vincent Großkopf (politischer Referent des Bürgermeisters), Valentin Fetz (Organisator der Reise), Andrea Trappl-Pasi (Leiterin des Sozialservice der Stadt Bregenz), Christoph Kalb (Grüne Bregenz) und Michael Sagmeister (NEOS) Teil der Gruppe.

Im Schatten des Krieges: Ankunft in Kyjiw
Die Reise führte die Bregenzer zunächst in die Westukraine, wo sie ihre Partnerstadt besuchten, bevor sie in der Hauptstadt eintrafen. Dort nahmen sie an einer bewegenden Tour durch Irpin, Butscha und einen weiteren Ort teil – Städte, die durch russische Kriegsverbrechen 2022 weltweite Aufmerksamkeit erlangten. „Wir sahen Bilder von den Massakern, besuchten Massengräber und legten Kerzen nieder“, schildert Sochor. Begleitet von Geheimdiensten und Polizeieskorte wirkte die Lage zunächst ruhig. „Man hatte kaum das Gefühl, mitten im Krieg zu sein“, sagt er. Viele zerstörte Gebäude seien bereits wieder aufgebaut, was eine trügerische Normalität vermittle.

Der Summit: Solidarität mit der Ukraine
Der dritte internationale Summit der Städte und Regionen, an dem die Delegation teilnahm, wurde von Präsident Wolodymyr Selenskyj eröffnet. „Er ehrte Vertreter aus europäischen Regionen für ihre Partnerschaften mit der Ukraine“, berichtet Sochor. Mitglieder der ukrainischen Regierung appellierten an die internationale Gemeinschaft, die Unterstützung fortzusetzen. In verschiedenen Panels wurde über zentrale Themen diskutiert, darunter die Resilienz des Energiesektors im Kriegsgebiet und die Integration der Ukraine in die EU. „Es ging darum, wie wir die Ukraine stärken können – etwa durch Partnerschaften zwischen Städten und Regionen“, erklärt Sochor.

Nacht des Schreckens: Raketenalarm und Luftschutzbunker
Während der Tag von einer gewissen Normalität geprägt war, schlug die Stimmung am Abend um. Gegen 19 Uhr wurde die Delegation gewarnt, dass die Nacht „heftig“ werden könnte. „Das Hotel wies uns an, die Luftalarme ernst zu nehmen“, sagt Sochor. Um 0:45 Uhr heulten die Sirenen, und die Gruppe eilte in den Luftschutzbunker. „Kurz darauf hörten wir die ersten Raketen“, erzählt er.

Der Bunker bot mit Betten, Decken, Essen und Trinken relative Sicherheit. „Es war komfortabel, aber die Situation war neu und beklemmend für uns“, gesteht Sochor. Bis kurz vor fünf Uhr morgens blieb die Delegation im Bunker, bis der Alarm aufgehoben wurde. Während für viele Einheimische solche Alarme Alltag sind, empfanden die Bregenzer die Nacht als „mulmig“. „Man hat Respekt vor der Situation“, so Sochor.

Luftangriffe fordern Opfer
Bei dem Angriff in der Nacht sind nach offiziellen ukrainischen Quellen mindestens vier Menschen - darunter drei Feuerwehrleute - getötet und über 20 verletzt worden. Insgesamt habe Russland die Hauptstadt Kyjiw und andere Regionen mit 452 Drohnen und Raketen angegriffen.

Leben im Krieg: Normalität und Anspannung
Trotz des Krieges geht das Leben in Kyjiw weiter. „Tagsüber merkt man den Krieg kaum“, berichtet Sochor. „Die Menschen sagen, es sei wichtig, dass das Leben weitergeht.“ Dennoch sind die Spuren des Konflikts sichtbar: zerstörte Gebäude, Sicherheitsmaßnahmen und die ständige Bereitschaft auf Alarme prägen den Alltag. „Die Luftalarme kommen rechtzeitig, das gibt Sicherheit. Aber nachts, wenn man am Fenster steht, wird es unheimlich“, beschreibt Sochor die Stimmung.

Am Samstag retour nach Vorarlberg
Am letzten Tag nutzte die Delegation die freie Zeit, um den Maidanplatz und historische Stätten mit Bezug zum Krieg zu besuchen. Am Abend soll die Reise mit dem Nachtzug nach Polen und von dort per Flugzeug nach München fortgesetzt werden.
Ein bleibender Eindruck
Der Besuch in Kyjiw war für die Bregenzer Delegation ein eindrucksvolles Erlebnis. „Zu sehen, wie die Menschen in der Ukraine trotz Krieg weiterleben und wie wichtig internationale Unterstützung ist, hat uns tief berührt“, sagt Sochor. Die Teilnahme am Summit und die Besuche in den von Kriegsverbrechen betroffenen Städten verdeutlichten die Bedeutung von Solidarität und Partnerschaften. Für die Delegation war es ein bewegender Einblick in eine Realität, die weit entfernt vom Alltag in Bregenz liegt.
(VOL.AT)