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Brasilien auf dem Sprung zu führender Wirtschaftsmacht

Selbst unter den erfolgreichen Schwellenländern sucht Brasilien seinesgleichen: Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas hat unter der Führung von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva einen sagenhaften Aufschwung erlebt und setzt nun zum Sprung an, eine der führenden Wirtschaftsmächte des 21. Jahrhunderts zu werden.

Dabei sollen nicht zuletzt auch die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 helfen, die auch für deutsche Firmen ein lukratives Geschäft bedeuten könnten. So schrieb die brasilianische Regierung vor kurzem den Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahn zwischen Rio de Janeiro und Sao Paulo im Wert von 19 Mrd. Dollar (13,8 Mrd. Euro) aus, um die Infrastruktur für die sportlichen Großereignisse fit zu machen. Als möglicher Bieter wird neben dem französischen Alstom-Konzern und der japanischen Mitsui-Gruppe auch Siemens gehandelt.

Nach einem immer noch leichten Wachstum im Krisenjahr 2009 strotzt die brasilianische Wirtschaft im Wahljahr 2010 nun wieder vor Kraft und beschert der Regierungskandidatin und Lula-Vertrauten Dilma Rousseff eine günstige Ausgangslage, um bei der Stichwahl Ende Oktober zur ersten Präsidentin des Landes gewählt zu werden. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte im Frühjahr mehr als acht Prozent zu, insgesamt rechnen Ökonomen für dieses Jahr mit einem Wachstum von über sieben Prozent.

Die Motoren für dieses Wirtschaftswunder sind hohe Unternehmensinvestitionen, eine steigende Industrieproduktion und ein kräftiger privater Konsum in dem bevölkerungsreichsten Land Südamerikas. Während der Krise hatte Lula eine Reihe von Konjunkturmaßnahmen auf den Weg gebracht, die nun ihre volle Wirkung entfalten. Dazu zählen Transferzahlungen für arme Haushalte, Steuerermäßigungen für Autokäufer, Subventionen für den Wohnungsbau sowie Kreditgarantien für kleine und mittlere Unternehmen. Davon profitiert indirekt auch der Lastwagenbauer MAN: Das Unternehmen rechnet damit, dass es auf seinem größten Absatzmarkt Brasilien in diesem Jahr mit mindestens 60.000 Lkw und Bussen deutlich mehr Nutzfahrzeuge verkaufen wird.

Brasilien profitiert aber auch von der wieder anziehenden Weltwirtschaft: Das Land ist zu einem der wichtigsten Agrarexporteure der Welt aufgestiegen und stillt vor allem den wachsenden Hunger des noch kräftiger wachsenden Schwellenlands China. Dank massiver Investitionen in Technologie und Landwirtschaft ist Brasilien nicht mehr nur der größte Exporteur von Kaffee, Orangensaft und Zucker, sondern seit einiger Zeit auch von Geflügel und Rindfleisch. Bei Soja rangiert das Land noch auf Platz Zwei hinter den USA, wobei es nur eine Frage der Zeit sein dürfte, bis Brasilien auch hier Weltmarktführer ist.

Noch vielversprechender sind aber die Aussichten bei den Rohstoffen und hier vor allem beim Öl: Erst 2007 überraschte Brasilien die Welt mit der Meldung, unter dem Meeresboden auf gigantische Ölvorkommen gestoßen zu sein. Das Land beziffert das Volumen des “Tupi”-Feldes auf 5 bis 8 Mrd. Barrel – der größte Tiefsee-Fund aller Zeiten. Damit würde sich Brasilien mit einem Schlag auf die Liste der großen Exportländer katapultieren.

Doch damit nicht genug: Es folgten reihenweise weitere Entdeckungen. In dem Feld “Libra” liegen schätzungsweise 8 Mrd. Barrel Öl, “Franco” beherbergt knapp 5 Mrd. Barrel und in “Iara” sollen bis zu 4 Mrd. Barrel schlummern. Experten gehen mittlerweile davon aus, das vor der brasilianischen Küste insgesamt rund 50 Mrd. Barrel Öl zu holen sind. Zum Vergleich: Der weltweite Ölbedarf beläuft sich in diesem Jahr nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) auf rund 30 Mrd. Barrel. Eine verlockende Aussicht, die den Aufstieg Brasiliens zur Öl- und Wirtschaftsmacht rasant beschleunigen könnte.

Allerdings liegt das “Schwarze Gold” tief unter dem Meeresboden unter einer dicken Salzschicht. Petrobras hat gerade erst Probequellen in Betrieb genommen – aus dem riesigen “Tupi”-Feld tröpfeln bisher nur rund 14.000 Barrel pro Tag. Bis 2015 soll diese Menge jedoch bereits auf fast 600.000 Barrel pro Tag anschwellen. Um seine Expansionskurs zu finanzieren, zog der staatliche Ölkonzern Petrobras erst in der vergangenen Woche die größte Kapitalerhöhung aller Zeiten durch und nahm dabei rund 70 Mrd. Dollar ein.

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