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Blümels Taktieren lässt Rücktrittsrufe lauter werden

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Die höchst zögerliche Herausgabe von Akten an den Ibiza-U-Ausschuss hat am Freitag für geharnischte Kritik an Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) gesorgt.
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FPÖ und SPÖ verlangten seinen Rücktritt, auch weil die Unterlagen als "geheim" klassifiziert geliefert wurden. Verfassungsjuristen zweifelten an Blümels rechtsstaatlicher Gesinnung, weil er erst nach einem Exekutionsantrag des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) tätig geworden war. ÖVP und Grüne hingegen sprangen Blümel bei.

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Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hatte am Donnerstag mit einem Exekutionsantrag an den Bundespräsidenten für die Übermittlung der Akten gesorgt.

Übergeben wurden 204 Ordner an die Parlamentsdirektion, klassifiziert allerdings in Stufe drei (von vier), wodurch die Inhalte in der Öffentlichkeit nicht besprochen werden dürfen.

Beantragt hatten die Daten die Oppositionsparteien. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sprach von einem bisher einzigartigen Fall.

SPÖ geht von baldigem Rücktritt aus

SPÖ und FPÖ forderten daher den sofortigen Rücktritt Blümels, die Freiheitlichen auch jenen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), bei dem ein Exekutionsantrag noch anhängig ist. Der stellvertretende SPÖ-Klubvorsitzende Jörg Leichtfried und der Fraktionsvorsitzende im U-Ausschuss, Jan Krainer, kündigten dazu auch eine Sondersitzung des Nationalrates für kommende Woche an, für die sich auch die FPÖ aussprach. Krainer ging davon aus, dass Blümel bis spätestens Montag zurücktritt. Für ihn sei es nur noch die Frage, wer den Finanzminister darauf vorbereite. Wenn das nicht geschehen sollte, dann würde die SPÖ "alle Optionen im Parlament" nützen.

Dass die nun doch vom Finanzministerium gelieferten Akten als "geheim" eingestuft wurden, ist für Krainer "keine rechtskonforme Umsetzung" des VfGH-Urteils. Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, sprach von einer Verhöhnung des Parlaments. In der nächsten Präsidiale werden man versuchen, diese Klassifizierung wegzubekommen. In diesem Zusammenhang übte Hafenecker harsche Kritik am Bundespräsidenten. Dieser habe die Exekutionsanordnung des VfGH einfach übergangen und "damit zum Ausdruck gebracht, "dass er Teil des Systems ist und mit der ÖVP packelt".

NEOS-Forderugn an Sobotka

Die NEOS verlangten die Herabstufung der Papiere. Fraktionschefin Stephanie Krisper forderte Nationalratspräsident Wolfgang Sobokta (ÖVP) auf, die Interessen des Parlaments zu vertreten und nicht die "türkise Familie". Außerdem drängte sie auf elektronische Übermittlung der Unterlagen. Auch eine Exekution durch den Bundespräsidenten wollte sie prüfen.

Scharfe Kritik auch von Verfassungsjuristen

Scharfe Kritik kam von Verfassungsjuristen. "Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs sind von Staatsorganen auf Punkt und Beistrich unverzüglich umzusetzen. Und wenn das nicht passiert, dann lässt das an der rechtsstaatlichen Gesinnung des Betreffenden sehr zweifeln", so Heinz Mayer im Ö1-"Morgenjournal". Sein Kollege Bernd-Christian Funk meinte, die Sache sei für Blümel "nicht ganz undelikat". In der Auseinandersetzung mit dem VfGH seien vonseiten des Finanzministers Argumente vorgebracht worden, "von denen man wissen konnte und wissen musste, dass sie nicht verfangen werden".

ÖVP verteidigt Vorgehen

Die ÖVP verteidigte die späte Aktenlieferung. Fraktionschef Andreas Hanger erklärte Blümels Vorgehen damit, dass das Finanzministerium die Unterlagen vor Übermittlung datenschutzrechtlich habe prüfen müssen. Den Untersuchungsausschuss bezeichnete er zum wiederholten Mal als Steuergeldverschwendung.

Grüne halten Blümel die Stange

Die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP, schlossen sich den Rücktrittsaufforderungen nicht an. Die Vorwürfe reichten nicht dafür, befand die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer im Ö1-"Mittagsjournal". Die Vorgangsweise der Aktenlieferung sei aber "mehr als unglücklich". "Schneller und direkter wäre gescheiter gewesen", tadelte auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in der "Krone" den Koalitionspartner.

Sanfter Tadel von Stelzer

Sanfter Tadel an seinen Parteigenossen in Wien kam von Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Zwar betonte auch er, dass die E-Mails vom Finanzminister geliefert worden seien: "Wir sind ein Rechtsstaat. Die Rechtsmittel sind eingehalten worden", sagte er zu ATV. "Aber persönlich denke ich mir, man muss nicht mit allem und jedem bis zum letzten Abdruck warten."

(APA)

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