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Bis wann Kocher einen Entwurf zu Rot-Weiß-Rot-Karten-Reform vorlegen will

Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte ist ein Teil des Regierungsprogramms.
Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte ist ein Teil des Regierungsprogramms. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
Das Jahr 2022 könnte im Hinblick auf die Rot-Weiß-Rot-Karte von Bedeutung sein.

Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) will vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels in Österreich noch im ersten Halbjahr 2022 einen Gesetzesentwurf zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte vorlegen. Das Ziel müsse sein, internationale Fachkräfte zu gewinnen. Dafür soll der Zugang unbürokratischer gestaltet werden, sagte Kocher am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Entscheidend für den Arbeitsmarkt seien auch die Qualifizierung und attraktive Arbeitsbedingungen.

Reform von Rot-Weiß-Rot-Karte Teil von Regierungsprogramm

Für einen Zugang von ausländischen Fachkräften zum österreichischen Arbeitsmarkt sei es unverzichtbar, aktive Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik zu setzen. Die entsprechenden Verfahren für einen geregelten Zuzug sollen laut Kocher künftig schneller und flexibler gestaltet werden. Für Unternehmen und Arbeitskräfte aus dem Ausland müsse die Karte eine attraktive Option werden, sagte Kocher im Anschluss an eine Tagung des Beratergremiums "Rat für neue Arbeitswelten". Die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte wurde bereits im Programm der türkis-grünen Regierung verankert.

Neben dem Arbeitskräftemangel werde sich auch der demografische Wandel in den kommenden Jahren verstärkt auf den Arbeitsmarkt auswirken. Nach einer aktuellen Prognose dürfte die Haupterwerbsbevölkerung bis 2030 um über 170.000 Menschen abnehmen, während die Gruppe der über 65-Jährigen bzw. unter 20-Jährigen spürbar anwachsen werde, erklärte Kocher. Bezüglich des daraus resultierenden Defizits an Arbeitskräften stehe man im Wettbewerb mit vielen anderen Ländern, in denen sich eine ähnliche Entwicklung abzeichne.

Notwendigkeit parallel zur Rot-Weiß-Rot-Karten-Reform

Parallel zur Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte sei es daher notwendig, eine Abwanderung österreichischer Fachkräfte ins Ausland zu vermeiden. Gefragt sei ein sicheres und attraktives Arbeitsumfeld für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich. Man stünde nämlich nicht nur vor der Aufgabe, für ausländische Arbeitskräfte attraktiv zu sein, auch den heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern müsse eine gute Perspektive geboten werden, sagte Kocher.

Für die Zukunft werde man auch weitere Qualifizierungsmaßnahmen diskutieren. Derzeit beobachte man "ein Mismatch zwischen niedrig qualifizierten Arbeitskräften und offenen Stellen, die höhere Qualifikationen erfordern", sagte Kocher. Fast 50 Prozent der Arbeitslosen in Österreich hätten nur einen Pflichtschulabschluss. In diesem Zusammenhang könnten Weiterbildungsmaßnahmen helfen, um die Kluft am Arbeitsmarkt zu überwinden. Mit Maßnahmen wie der Corona-Joboffensive und der Verlängerung des Bildungsbonus lege man aber ohnehin schon jetzt ein Hauptaugenmerk auf Aus- und Fortbildung.

Situation von Frauen am Arbeitsmarkt

Für Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, ist auch die Lage von Frauen am Arbeitsmarkt stark verbesserungswürdig. Derzeit sei nur rund ein Drittel der Mütter in Österreich in Vollzeit beschäftigt, eine schlechtere Quote würden nur vier Länder in Europa aufweisen, erklärte sie. In Vorzeigeländern wie Schweden und Slowenien seien es im Vergleich dazu fast 80 Prozent. Angesichts dieser "dramatischen" Zahlen müsse man die Bedingungen für Frauen am österreichischen Arbeitsmarkt rasch verbessern, forderte sie. Aus ihrer Sicht könnte dies neben Weiterbildungsmaßnahmen auch durch den Ausbau der Kinderbetreuungsangebote gelingen - ein Feld, in dem man im Vergleich zu anderen Ländern ebenso hinterherhinke.

Mit Blick auf den demografischen Wandel brauche es zudem stärkere Anreize für ältere Personen am Arbeitsmarkt. Das Problem werde sich zwar erst in der Zukunft zuspitzen, schon jetzt aber seien die gesetzten Maßnahmen in Bezug auf die Integration von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ausbaufähig, sagte Köppl-Turyna. So liege die Beschäftigungsquote in der Altersgruppe von 55 bis 65 in Österreich weit unter dem Standard anderer Länder. Um dem zu begegnen, könne man neben arbeitsmarktpolitischen Instrumenten etwa auch steuerliche Anreize schaffen. "Alles, was das faktische Pensionsalter hebt, hilft uns", so Köppl-Turyna.

Die Wirtschaftskammer (WKÖ) und die Industriellenvereinigung (IV) begrüßten den Plan einer baldigen Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte. Es sei erfreulich, dass Minister Kocher die im Regierungsprogramm verankerte Reform in Angriff nehmen will. "Denn dem Fachkräftemangel können wir nur wirksam begegnen, wenn wir an vielen Stellen gleichzeitig ansetzen. Dazu gehört auch, internationale Talente für unsere Betriebe zu gewinnen", sagte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf in einer Aussendung.

"Internationale Fachkräfte für Österreich zu gewinnen ist eine wesentliche Maßnahme im Kampf gegen den wachsenden Arbeits-und Fachkräftemangel", meinte auch Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung, laut einer Aussendung. Mit einem solchen Vorhaben werde eine standortpolitische Notwendigkeit aufgegriffen. Aus Sicht der Industrie brauche es vor allem eine Beschleunigung und Entbürokratisierung der Verfahren, zum Beispiel durch die verstärkte Digitalisierung der Antragsstellungen, hieß es.

Kritik kam von der Gewerkschaft vida. Mit der Reform und der weiteren Öffnung des Arbeitsmarkts für Arbeitskräfte aus Drittstaaten "rollt die Regierung dem zunehmenden Lohndumping und der hohen Arbeitslosigkeit weiter den roten Teppich aus", wurde Gewerkschaftsvorsitzender Roman Hebenstreit in einer Mitteilung zitiert. "Die Löhne stagnieren seit Jahren in Österreich und konstant hohe Arbeitslosenraten werden von der ÖVP in Regierungsverantwortung mindestens genauso lange stillschweigend zur Kenntnis genommen", so Hebenstreit.

(APA/Red)

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