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Bier, Trompete und Romantik: Element of Crime in Salzburg

"Wir sind's, und zwar vollzählig", verkündete Sven Regener Mittwochabend mit seiner markant rauen Stimme im ausverkauften republic in Salzburg.
Bei ihrem letzten Salzburg-Besuch 2006 waren die Mannen von Element of Crime nur zu dritt aufgetreten, Gitarrist Jakob Ilja war krankheitsbedingt ausgefallen. Vier Jahre später bestritten sie nun sogar zu fünft – samt Bassist David Young, Schlagzeuger Richard Pappik und einem Geiger als Verstärkung – ein melancholisch-schönes, romantisch-fröhliches Konzert ihrer zweiten “Immer da wo du bist bin ich nie“-Tour. Von irritierenden Lichtershows, die bisweilen an Schunkel-Auftritte auf Kreuzfahrtschiffen erinnerten, ließen sich die Fans nicht stören. Stattdessen bejubelten sie ihre Folk- und Rock-Chansonniers, die nach mehr als 25 Jahren im Geschäft nichts falsch machen können.

Und wenn etwas schiefläuft, dann wird das der Berliner Formation schnell verziehen: Nachdem der Auftakt mit dem Opener des aktuellen Albums, “Kopf aus dem Fenster“, begangen wurde, sagte Regener prompt das sehnsüchtige “Am Ende denk ich immer nur an dich” falsch an. “Doofer Spaßbremsenkram, ein Lied falsch anzusagen”, befand der frischgebackene 50-Jährige prompt, “ungefähr so, wie die Nationalhymne falsch zu singen”. Vielleicht war ebendieser verpatzte Start Grund für Regeners folgende Zurückhaltung. Wortkarg gab er sich für die nächsten zwei Stunden, nur die Geschichte über die Entstehung des Klassikers “Delmenhorst” fing der Bremer während der ersten Zugabe an, ehe er sie aufgrund lauter Songwunsch-Bekundungen aus dem Publikum wieder abbrach. Doch der Frust musste raus: Songtechnisch mag dem einen oder anderen Element of Crime-Fan einiges gefehlt haben, das Konzert war vom Material aus dem aktuellen Album dominiert.

Gemütliche Songs wie “Kaffee und Karin” oder “Deborah Müller” fielen zwar wesentlich rockiger als am Album aus, zum Tanzen regte dann aber erst das Country-lastige “Immer da wo du bist bin ich nie” als letzter Song vor der Zugabe an. Das Schöne an einem Element of Crime-Gig: Da tanzt Jung neben Alt, singen eingefleischte neben neugewonnenen Fans. Der Unterschied zeigt sich erst, wenn Regener Klassiker vom Anfang der 90er aus dem Ärmel zieht, “Blaulicht und Zwielicht” und das legendäre “Weisses Papier” singt und bei “Alles unter Strom” so richtig aufblüht. Er bleibt jedoch der einzig Motivierte auf der Bühne – euphorische Rufe und Gesten in Richtung seiner Kumpanen bleiben unerwidert.

Aber Element of Crime müssen nicht tanzen, nicht hüpfen, nicht schreien. Da ist Regeners Trompete romantische Aufregung genug, musste er auf die in Salzburg vor vier Jahren doch größtenteils verzichten, um Ilja an der Gitarre zu ersetzen. Die Romantik wurde stellenweise nur durch vom Publikum wenig geliebten englischen Songs aus der Band-Anfangszeit, ein Pet-Shop-Boys-Cover und eine von Lied zu Lied variierende, überzogene Lichtershow gestört. Da leuchtete die Bühne schon mal abwechselnd rot, gelb und weiß, was bei vier Männern über 50 und einem übermotivierten Geiger mit verstimmter Violine eher wie ein zum Schunkeln anregender Oldie-Auftritt daherkam. Das zu “Rein gar nichts” mystisch reduzierte Licht durch sechs große, über der Bühne hängende Glühbirnen wurde so zu einer willkommenen Pause für die Augen.

Doch den Höhepunkt trübte das nicht: Der ist dann erreicht, wenn man vor Verzückung alles um sich herum ausblendet, Regener zu “Seit der Himmel” Trompete spielt, davon singt, dass bei ihm “überhaupt nichts mehr” geht, “weil sich alles um dich dreht”, und dann euphorisiert die Arme in die Luft streckt und “Romantik!” ruft. Denn die Romantik allein ist es, die ein Element of Crime-Konzert zwischen Melancholie, Freude und Nostalgie schwingen lässt und am Ende vor allem für eines sorgt: ein Strahlen auf dem Gesicht.

Am 17. März beehren die vier mit einem ganz besonderen Konzert Wien: Im Burgtheater treten sie im Rahmen der “Burg in Concert”-Reihe auf und stehen nicht nur mit der bezaubernden Maike Rosa Vogel, Support Act während der Februar-Tournee, auf der Bühne, sondern haben auch österreichische Künstler wie Florian Horwath, Garish und The Base mit Michael Ostrowski im Gepäck. Im APA-Interview zweifelte Regener zwar kürzlich daran, dass die ehrwürdige Burg “Rock’n’Roll-kompatibel” ist, solle man doch während eines Konzerts Bier holen, rumschlurfen, rauchen und schmusen können und nicht an den Sitz gefesselt sein. Wem all das ein Anliegen ist, konnte sich im republic ausleben. Der Rest hat sich früh Karten fürs Burgtheater gesichert – das Spezialkonzert war bereits eine Stunde nach Vorverkaufsstart ausverkauft.

(Von Angelika Prawda/APA) 

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