Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat eine weitere Corona-Bestimmung aufgehoben - diesmal betreffend die zehntausenden Quarantänebescheide der Behörden: Wer als Kontaktperson zu einem Covid-Infizierten mit einer Ausgangsbeschränkung belegt wurde, musste sich mit seinen Beschwerden bisher an das Bezirksgericht wenden. Diese Bestimmung im Epidemiegesetz verstößt aber gegen Gewaltenteilung und wurde daher gekippt. Beschwerden sind nun ans Landesverwaltungsgericht zu richten.
Allein in Niederösterreich befinden sich aktuell 20.764 Personen in Quarantäne, weil sie engen Kontakt zu einer Covid-infizierten Person hatten. Wer gegen die Anordnung der Gesundheitsbehörden rechtlich vorgehen wollte, musste laut Epidemiegesetz beim örtlich zuständigen Bezirksgericht "die Überprüfung der Zulässigkeit und Aufhebung der Freiheitsbeschränkung" beantragen. Dies gilt künftig nicht mehr. Künftig sind Beschwerden direkt dem Landesverwaltungsgericht vorzulegen. Beantragt hatte die Aufhebung der Oberste Gerichtshof, das Landesgericht Korneuburg und das Bezirksgericht Zell am Ziller.
Verwaltungsgericht statt Bezirksgericht zuständig
Vorbild für die aufgehobene Regelung war das Tuberkulosegesetz, wo das Bezirksgericht über einen Zwangsaufenthalt im Krankenhaus entscheidet. Die Übernahme für die Corona-Quarantäne war aber unzulässig, teilte der VfGH am Dienstag mit: "Die angefochtene Regelung lässt nicht erkennen, worin der Prüfungsgegenstand des Bezirksgerichtes - und damit dessen Zuständigkeit - genau liegt." Unklar sei insbesondere, ob das Bezirksgericht auch den Absonderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft oder bloß die weitere Anhaltung prüfe und welche Rolle das Verwaltungsgericht spiele. "Die Regelung verstößt damit gegen das Legalitätsprinzip." Reparaturfrist gibt es keine - die Aufhebung tritt mit der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.
Bestätigt haben die Höchstrichter dagegen, dass Unternehmen das Gehalt von Mitarbeitern, die nach Rückkehr von einer Auslandsreise in Quarantäne geschickt wurden, nicht vom Staat zurückfordern können. Demnach gibt es Entschädigung nur, wenn eine individuell begründete Quarantäne (z.B. über eine Kontaktperson) verhängt wird, nicht aber bei der Wiedereinreise.
Sperre der Innsbrucker Uferpromenaden rechtens
Keine Bedenken hat der Verfassungsgerichtshof auch gegen die in der ersten Infektionswelle im März 2020 verhängten Betretungsverbote für die Innsbrucker Uferpromenaden. Das Landesverwaltungsgericht Tirol, bei dem mehrere Beschwerden gegen Strafbescheide landeten, wandte sich an der Verfassungsgerichtshof, weil die Sperre von Parks und Promenaden nicht ausreichend begründet worden sei. Die Höchstrichter sehen das nicht so: Die Begründung des Betretungsverbots sei ausreichend und müsse nicht für jeden einzelnen betroffenen Ort dokumentiert werden.
(APA/red)