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Belfast - Kritik und Trailer zum Film

Das Coming-of-Age-Drama spielt in den 60er-Jahren vor dem Hintergrund des Nordirlandkonflikts und wird aus der Sicht des neunjährigen Buddy erzählt. Der kleine Bub erlebt mit, wie ein aggressiver Mob von Protestanten in seiner Straße, wo bisher alle friedlich zusammenlebten, die Häuser und Geschäfte von Katholiken attackiert. Die Anrainer errichten daraufhin eine Schutzmauer. Angesichts der zunehmenden Spannungen will Buddys Vater mit der Familie wegziehen. Doch Buddy, sein Bruder und seine Mutter wollen in Belfast bleiben, wo auch die liebevollen Großeltern leben.

Aufgrund des coronabedingten Filmstaus kommt der britische Regisseur Kenneth Branagh nun praktisch zeitgleich mit zwei Werken in die heimischen Kinos: Der aufgeblasenen Agatha-Christie-Adaption "Tod auf dem Nil" und dem ruhigen, ungleich persönlicheren Film "Belfast". In der autobiografisch grundierten Schwarz-Weiß-Arbeit zeigt der 61-Jährige eine Kindheit in der nordirischen Hauptstadt Ende der 60er und gilt damit zurecht als Oscaranwärter. Ab Donnerstag im Kino.

Belfast - Kurzinhalt zum Film

Alles beginnt im Hier und Jetzt mit farbigen Drohnenaufnahmen von Belfast, unterlegt von Popklängen während der Credits, bevor die Transition ins Schwarz-Weiß und den Sommer 1969 erfolgt. An diesen Anfang setzt Branagh, der nicht nur für die Regie, sondern auch das "Belfast"-Drehbuch alleinverantwortlich zeichnete, einen heute beinahe klassischen Topos, indem unvermittelt die Gewalt in eine friedliche Szene einbricht. Im Zentrum steht dabei der neunjährige Buddy (Jude Hill), Sohn einer protestantischen Arbeiterfamilie.

"Pa" (Jamie Dornan) arbeitet in England, um Geld für die Familie zu verdienen, "Ma" (Caitríona Balfe) kümmert sich daheim um die beiden Buben. Und auch die von Leinwandstar Judi Dench gespielte, herzensgute Oma und Buddys Opa Pop (Ciarán Hinds) gehören zu diesem engen Familienkosmos. In diese harmonische Welt brechen zunehmend die eskalierende Gewalt und die gesellschaftlichen Spannungen ein.

Und so könnte "Belfast" wie der Film zur Stunde wirken, gestaltet sich der Nordirland-Konflikt nach dem Brexit derzeit doch brisant wie lange nicht. Es geht Branagh jedoch weniger um die Gewalt oder das Aufeinandertreffen von Unionisten und Katholiken als um eine Kindheit vor diesem Hintergrund. Entsprechend steht und fällt ein Film wie "Belfast" mit dem Kinderdarsteller - und hier steht er. Jude Hill ist ein süßer Knopf, der das Kino und seine Großeltern liebt und eine erste Schwärmerei für eine Mitschülerin entwickelt.

Belfast - Die Kritik

Branagh erzählt seine Geschichte dabei konsequent aus der Perspektive des Kindes. Die altersweisen Großeltern, die naive erste Liebe, der große Familienzusammenhalt, der Blick auf den Streit der Eltern über die Frage "Gehen oder bleiben?" - all dies ist letztlich aus dem Blickwinkel eines Heranwachsenden geschildert. Und wenn Buddy nicht selbst der Akteur einer Szene ist, fungiert er als meist stiller Beobachter.

Den deutschsprachigen Kinogeher erinnert "Belfast" so in mancherlei Hinsicht an die Kerkeling-Biografie "Der Junge muss an die frische Luft", die ebenfalls eine Kindheit im Arbeitermilieu um 1970 herum zeigt. Hierbei liefert Kenneth Branagh das im avancierteren Kino Erwartbare ab. Große Überraschungen und stilistische Avantgarde darf man sich vom 61-Jährigen nicht erwarten, der zugleich aber auch nie am TV-Einerlei anschrammt.

Manieristisches Schwelgen in Schwarz-Weiß, Einsprengsel in Farbe als Ablenkung vom tristen Alltag, Nachrichtenbeiträge aus dem Hintergrund zur kulturhistorischen Verortung setzen stilistische Akzente. Und die vom nordirischen Singer-Songwriter Van Morrison gestaltete Musik tut ihr Übriges, eine Atmosphäre aus liebevoller Beobachtung und Begleitung des Menschseins zu schaffen - und damit zugleich subkutan auch die Logik der Eskalation zu fassen.

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(APA/Red)

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