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Befreiung von Mariupol derzeit "unmöglich"

Selenskyj hält Befreiung von Mariupol derzeit für unmöglich.
Selenskyj hält Befreiung von Mariupol derzeit für unmöglich. ©REUTERS
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hält eine Befreiung der von russischen Truppen besetzten Hafenstadt Mariupol derzeit für "unmöglich".
Frauen und Kinder evakuiert
Ukraine befürchtet heftige Kämpfe

"Die Ukraine hat nicht genügend schwere Waffen, um Mariupol auf militärischem Wege zu befreien", sagte Selenskyj bei einer Pressekonferenz mit Kanadas Regierungschef Justin Trudeau am Sonntag in Kiew. Die im Stahlwerk Asowstal eingeschlossenen Kämpfer schlossen indes eine Kapitulation neuerlich aus.

Heftige Kämpfe um Asowstal-Stahlwerk in Mariupol befürchtet

Immerhin sei es auf diplomatischem Wege gelungen, Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk herauszuholen, sagte Selenskyj. Für die verbliebenen ukrainischen Soldaten gestalte sich eine Evakuierung aber schwierig. "Die russischen Soldaten, die russische Armee, die Armeeführung und die politische Führung der Russischen Föderation wollen unsere Soldaten nicht herauslassen", sagte der ukrainische Staatschef. Kiew habe die Türkei, Israel, Frankreich, die Schweiz, die Vereinten Nationen und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz um Vermittlung gebeten.

Die ukrainische Armee befürchtet, dass es nach der Evakuierung aller Zivilisten aus dem Stahlwerk gnadenlose Kämpfe um dieses geben könnte. Der ukrainische Generalstab teilte Sonntagfrüh mit, die Einheiten im Bereich des Stahlwerks seien weiterhin blockiert. Es gebe "russische Angriffe" mit "Unterstützung von Artillerie und Panzerangriffen".

9. Mai als wichtiges Datum für russische Truppen

"Der Feind versucht, den Verteidigern von Asowstal den Rest zu geben, sie versuchen das vor dem 9. Mai zu schaffen als Geschenk an (Russlands Präsidenten) Wladimir Putin", sagte Oleksij Arestowytsch, Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Russland feiert am 9. Mai den Sieg der Sowjetunion über Nazi-Deutschland mit einer traditionellen Militärparade.

In dem Industriekomplex haben sich Hunderte Soldaten verschanzt, es ist die letzte Bastion des ukrainischen Militärs in der zerstörten Hafenstadt Mariupol. Sollte das Stahlwerk schließlich fallen, hätten die Russen die strategisch wichtige Hafenstadt gänzlich eingenommen, was für Moskau ein wichtiger militärischer Erfolg wäre.

Erklärtes Ziel Moskaus ist die Herstellung einer Landverbindung zwischen der 2014 annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den von pro-russischen Separatisten kontrollierten ostukrainischen Regionen Luhansk und Donezk. Bisher steht mit Cherson lediglich eine bedeutende ukrainische Stadt völlig unter russischer Kontrolle. Jedoch ist auch Mariupol seit Wochen praktisch vollständig unter russischer Kontrolle. Ukrainische Truppen sind rund 100 Kilometer entfernt und nicht in der Lage, den verbliebenen Soldaten in der zu großen Teilen zerstörten Stadt zu helfen.

Ukrainische Kämpfer: "Werden weiter kämpfen, solange wir leben"

Die eingeschlossenen ukrainischen Kämpfer teilten unterdessen mit, ihren Widerstand notfalls bis zum bitteren Ende fortsetzen zu wollen. "Wir werden weiter kämpfen, solange wir leben, um die russischen Besatzer zurückzuschlagen", sagte Hauptmann Swjatoslaw Palamar, stellvertretender Kommandant des Asow-Regiments, auf einer Online-Konferenz. "Wir haben nicht viel Zeit, wir stehen unter starkem Beschuss", sagte er und bittet die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Evakuierung verwundeter Soldaten aus dem Stahlwerk. Palamar fügt hinzu, er könne nicht bestätigen, dass bereits alle Zivilisten die Anlage verlassen hätten.

Weitere Evakuierungen geplant

Selenskyj sprach am Samstagabend in einer Rede von 300 Menschen, die aus dem Stahlwerk herausgeholt worden seien. Es sei eine "zweite Phase" von Evakuierungen in Vorbereitung für "die Verletzten und medizinisches Personal". Die Regierung arbeite "natürlich auch daran, unsere Soldaten herauszuholen. Alle diese Helden, die Mariupol verteidigen", fügte Selenskyj hinzu, ohne Zahlen zu nennen. "Es ist extrem schwierig. Aber es ist wichtig."

Illja Samojlenko vom Asow-Regiment kritisierte in der Online-Pressekonferenz die ukrainische Führung: "Unserer Regierung ist es nicht gelungen, Mariupol zu verteidigen. Es ist ihr nicht gelungen, die Verteidigung vorzubereiten." Dass die letzten in Asowstal verschanzten Kämpfer des von Nationalisten dominierten Asow-Regiments nun als Helden gefeiert würden, sei für sie kein Grund zur Freude, meinte er: "Heldentum entsteht, wenn Planung und Organisation versagt haben." Eine Kapitulation schloss Samoljenko am Sonntag aber erneut aus. "Aufgeben ist keine Option, weil unsere Leben Russland nicht interessieren", erklärte er.

(APA/Red)

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