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Baroness gab vielseitiges Konzert in Wiener Arena

Am 17. November ist die Band erneut in Wien zu hören.
Am 17. November ist die Band erneut in Wien zu hören. ©pixabay.com (Sujet)
Dienstagabend gastierte die Metalband Baroness in der Wiener Arena. Staunen und Kritik brachte das neue Album "Gold & Grey"

Leicht macht er es sich nicht: John Baizley ist ein Mann mit vielen Talenten und offenbar gut darin, mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft zu halten. Die wichtigste Aufgabe für den Musiker und bildenden Künstler ist aber naturgemäß seine Metalband Baroness, mit der er Dienstagabend in der Wiener Arena gastierte. Deren neues Album "Gold & Grey" hat für Staunen bei Fans gesorgt - und Kritik.

Gold & Grey: "Platte ist extrem laut und dicht"

Schon bisher war das 2003 gegründete und seitdem in unterschiedlichen Line-ups bestehende Quartett gut darin, mit vorgefertigten Meinungen zu brechen. Harter Sludge-Metal mit Urschrei-Charme? Gab es beim Debüt "Red Album" (2007). Dem Classic-Rock entliehene Gitarrenharmonien? Damit wartete "Blue Record" (2009) auf. Ausgefeiltes Songwriting, das auch Popmomente nicht scheut? Wurde schließlich auf "Yellow & Green" (2012) eingeführt. Nach dem Übergang mit "Purple" (2015) beendete heuer "Gold & Grey" vorerst die Reise, bestach durch komplexe Strukturen und verärgerte viele durch einen sehr gewöhnungsbedürftigen Sound.

"Die Platte ist extrem laut und dicht", meinte Baizley im APA-Interview darauf angesprochen. "Das würde die Leute vielleicht weniger stören, wenn wir nicht auch noch 300 Schichten in jeden verdammten Song gepackt hätten. Ich wollte aber nie auf Nummer sicher gehen. Dieser Sound ist eine sehr bewusste, künstlerische Entscheidung", verteidigte der Musiker das fertige Produkt. "Und ich bin extrem stolz darauf. Mir ist lieber, die Leute regen sich auf, als dass es ihnen egal ist. Erwartungen, die andere an uns haben? Ganz ehrlich: Habt sie nicht, es wäre ein großer Fehler!"

Was in jedem Fall zutrifft: Von Baizley und seinen Kollegen - aktuell sind das Gitarristin Gina Gleason, Bassist Nick Jost und Drummer Sebastian Thomson - wird man beständig herausgefordert. Allerdings stimmt auch, dass Baroness nach wie vor für umwerfend gute Konzerte stehen, wie sich in der Arena schnell herausstellte. Das mächtige "March to the Sea", die vom aktuellen Album stammende melodische Großtat "Tourniquet" oder der Brecher "Isak" im Zugabenblock - die Reise durch eineinhalb Jahrzehnte Bandgeschichte machte deutlich, wie viele großartige Songs Baizley und Co auf der Habenseite verbuchen können.

Gruppe um Sänger John Baizley punktete mit druckvollem Sound und viel Spielfreude

Zudem wusste ein ausgewogener, ebenso transparenter wie druckvoller Klang auch die letzten Zweifler zu überzeugen. Was in den Studioversionen manche Hörer vor scheinbar unlösbare Rätsel stellt, erschloss sich in der Livedarbietung von der ersten Sekunde an, wie Gleason etwa mit dem Gitarrenlead im Hit-verdächtigen "Throw Me an Anchor" vorführte. Es war ein stetes vor und zurück zwischen Musikern und Publikum, jeder vom jeweils anderen nach vorne getragen und angestachelt. Riss Baizley seine Arme in die Höhe und zeigte sein breites Grinsen, schallte es nur umso lauter aus den dicht gedrängten, verschwitzten Reihen zurück. Baroness, das ist immer eine heiße Angelegenheit.

Und eine vielseitige, wie nicht nur die kurze Verschnaufpause zum Beginn von "Eula" vor Augen und Ohren führte. Was Baizley und Co in einzelne Songs packen, daraus meißeln andere ganze Alben. "Ich weiß, was ich will, aber es lässt sich oft nur schwer artikulieren", umschrieb der bärtige Sänger wenige Stunden zuvor die Entstehung neuen Materials. "Es ist wie mit dem Wald, den du vor lauter Bäumen nicht siehst. Mir geht es um den Wald, die anderen sind mit den Bäumen beschäftigt", lachte er. "Oder um es anders zu sagen: Es ist wie ein Kaleidoskop für mich. Es gibt so viele, kleine Details, die das Ganze formen. Gleichzeitig wiederholt sich vieles. Jeder Song beinhaltet Elemente von mindestens zwei anderen Stücken."

Wie mit seinen Bildern, die mit ihren Jugendstil-Anleihen von Anfang an die Cover seiner Platten zierten, gilt es für Baizley auch in der Musik, "jedes leere Fleckchen zu füllen. Ich kann nicht anders. Das ist, wie wenn Lieder parallel existieren. Es hat unglaublich Spaß gemacht, das bei den Aufnahmen zu machen, im Endeffekt war es aber fast wie ein Wahn. Dieser psychedelische Ansatz ist diesmal sehr stark", gab der US-Amerikaner zu bedenken. Und inhaltlich wird es kaum leichter, setzt sich Baizley doch mit Depression, Schmerz und Sucht auseinander. "Auch wenn es nun eine Spur subtiler ist, als noch auf dem letzten Album. Dennoch: Es tut gut, das jeden Abend auf der Bühne rauszukotzen und sich dessen zu entledigen." Musik als Therapie also.

Baroness am 17. November wieder in Wien

Und die Gelegenheit dazu bietet sich wirklich oft, sind Baroness doch seit der Veröffentlichung von "Gold & Grey" eigentlich durchgängig auf Tour und werden in Wien bereits am 17. November im Vorprogramm von Volbeat wieder zu erleben sein. "Ich bin süchtig nach diesem Lebensstil", grinste Baizley. "Es dreht sich ja alles um Kommunikation, nur eben mit musikalischen Mitteln. Und ich will dabei sein, wenn es gefährlich wird. Jeden Tag passieren verrückte Dinge und kommst du in ungewöhnliche Situationen." Dass es schon mal dramatisch werden kann, bewies ein verheerender Busunfall 2012, an dessen Nachwirkungen Baizley bis heute zu knabbern hat. Aber Selbstmitleid ist definitiv keine Option für den Musiker: "Ich bereue das nicht, jedenfalls nicht im traditionellen Sinn. Es sind Geschichten, die man erzählen kann. Und alle meine Erfahrungen kombiniert bilden den Hintergrund dessen, was mich als Künstler und Mensch ausmacht."

(APA/Red)

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