Eine Frau hat Sex mit ihrem Mann. Nichts Ungewöhnliches, ihr Verhängnis ist aber, dass die beiden die Szene filmen und auf einer Sexseite für Erwachsene online stellen. Und dass sie Lehrerin ist. Der rumänische Regisseur Radu Jude macht daraus im Berlinale-GEwinner "Bad Luck Banging or Loony Porn" eine bitter-ironische Abrechnung mit der Doppelmoral seines Landes. Ab Donnerstag im Kino.
Bad Luck Banging or Loony Porn - Kurzinhalt zum Film
Der Film beginnt explizit pornografisch. Denn die inkriminierte Szene bekommen auch die Zuseher serviert. Das Video macht alsbald unter den Schülern der Lehrerin Emi (Katia Pascariu) die Runde, die Eltern sind empört.
Part 1 des aus drei ungleichen Teilen konstruierten Films zeigt Emi durch Bukarest eilen. Er dokumentiert Großstadthektik und hitzige Konsumfreude, zeigt schreiende, ungeduldige Menschen, aufgeplusterte Werbung, sich anbiedernde Wahlplakate, provokative Falschparker und bedauernswerte Existenzen, die sich in Kaufhäusern in dicken Bärenkostümen für Firmen zum Idioten machen.
Gerade als die Bilder einer postkommunistischen Großstadt im festen Griff des Kapitalismus eintönig zu werden drohen, setzt Part 2 ein: Kurze Sequenzen, die mitunter an Handyclips erinnern, Bilder, die auf entlarvende Weise miteinander verschnitten werden, dazu Texte, die schräge Weisheiten, aber auch bitterböse Gesellschaftskritik transportieren. "Menschliches Leben muss als beides gesehen werden: Als Tragödie und als Komödie", heißt es in einem der Texte. Der Regisseur der rumänisch-luxemburgisch-kroatisch-tschechischen Produktion hält sich daran.
Sowohl komisch wie höchst gesellschaftskritisch läuft Part 3 ab: Im Schulhof sitzen die Eltern der Lehrerin gegenüber, die Aussprache artet zum Tribunal gegen sie aus, das Regisseur Jude aber zu einem Tribunal über die scheinheilige Doppelmoral der postkommunistischen Menschen in seinem Land macht. Man sieht sich das Video genüsslich nochmals an, was die Väter allzu augenscheinlich erregt, und dann wird über die Lehrerin hergezogen, die eine Gefahr für die Kinder darstelle.
Bad Luck Banging or Loony Porn - Die Kritik
Mitunter wird allzu klischeehaft vorgegangen, wenn der Offizier von alten Zeiten schwelgt und dann - eine rumänische Gewohnheitsmäßigkeit suggerierend - die Seiten wechselt, wenn Antisemitismus ausbricht und die Deutschen in NS-Nähe gerückt werden, wenn bei der Darstellung von Heuchelei allzu sehr auf die Tube gedrückt wird. Komisch wird es im Film auch, wenn immer wieder nebenbei Masken- und Abstandspflichten eingefordert werden. Dennoch bleibt vieles oberflächlich und undifferenziert.
Einer der Kurztexte im zweiten Teil will die Erkenntnis vermitteln, dass Kino ein Spiegel des Schlimmen sei, dem man in der Realität nicht gefahrlos ins Angesicht blicken könne. Regisseur Radu Jude wollte sich an diese Einsicht halten. Diese Botschaft ist ihm gelungen.
(APA/Red)