Andreas Babler kann zufrieden sein. Der neue SPÖ-Vorsitzende polarisiert, wie es sonst nur einer tut in der österreichischen Politik: FPÖ-Chef Herbert Kickl. Wie dieser lässt er kaum jemanden kalt und stößt vielleicht eher sogar auf Ablehnung. Bei Kickl sieht man jedoch, dass das nebensächlich ist. Entscheidend ist, dass die Minderheit, die hinter einem steht, das mit umso größerer Überzeugung tut. Zur Erinnerung: Beim jüngsten APA-OGM-Vertrauensindex gaben drei Viertel der Befragten an, Kickl kein Vertrauen zu schenken. Nur ein Viertel erklärte, es sehr wohl zu tun.
Das Schlimmste für einen Politiker ist, wenn er weder aufreget noch begeistert, wenn er einer Masse im Grunde genommen egal ist. Bundeskanzler, ÖVP-Chef Karl Nehammer ist ein Spitzenkandidat dafür. Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) muss aufpassen, ein solcher zu werden, weil er in der Regierung aufgehört hat, leidenschaftlich für oder gegen etwas zu kämpfen, müde wirkt und daher kaum noch jemanden erreicht. Auch Neos-Sprecherin Beate Meinl-Reisinger kann sich ihrer Sache nicht mehr sicher sein. Zumal sie sich auf so gut wie keine Stammwähler verlassen kann und es für den kommenden Wahlkampf auf eine Duell-Situation angelegt ist, an der sie nicht beteiligt ist; genauso wenig wie Kogler und Nehammer.
„Babler vs. Kickl“ lautet die Auseinandersetzung. Der FPÖ-Chef hat es in den vergangenen eineinhalb Jahren geschafft, für seine Partei sehr viele Menschen zu gewinnen, die zwar nicht für ihn sind, aber ein grundsätzliches Unbehagen teilen - über Regierende, die unsicheren Verhältnisse infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, vorübergehend wieder sehr hohe Asylwerberzahlen, stark steigende Preise etc. Kickl steht für ein Zeichen des Protests sowie die Vorstellung, dass man sich in einer Festung einigeln und die Welt da draußen vergessen kann.
Andreas Babler steht ebenfalls für eine gewisse Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit (in Form einer stolzen Sozialdemokratie unter Bruno Kreisky), zugleich aber auch für ein inhaltliches Gegenmodell zu Kickl: Wichtig sind ihm eine Stärkung der Frauen, Klimaschutz oder Umverteilung; er würde Millionenvermögen besteuern und staatliche Leistungen ausbauen.
So wenig man Kickl schadet, wenn man sagt, er sei ein Rechter, so wenig erreicht man es bei ihm, wenn man ihn als Linken bezeichnet: Das sind keine entscheidenden Zuordnungen mehr. Kickls Erfolg in den Umfragen sowie jener seiner Parteifreunde bei den jüngsten Landtagswahlen ist vor allem durch die vielen Krisen, die es derzeit gibt, erklärbar; und damit, was sie bei einer Masse auslösen; bzw. damit, dass Freiheitliche als beinahe Einzige den Leuten mitteilen, dass sie gute Gründe hätten, unzufrieden zu sein. In Salzburg haben das sonst nur die Kommunisten mit Kay-Michael Dankl getan. Mit dem bekannten Ergebnis. Sie sind von fast null auf fast zwölf Prozent geklettert. Dass sie Kommunisten sind, war ihren Wählern egal.
So könnte das nun auch bei Babler sein. Parteiintern hat er es geschafft, durch sein kämpferisches Auftreten nicht nur Pamela Rendi-Wagner, sondern auch Hans Peter Doskozil alt aussehen zu lassen. Was er zu EU, Kurzifixen in Schulklassen oder was auch immer schon verzapft oder geschrieben hat, spielt für seine Anhänger keine Rolle. Die Kika/Leiner-Sache und all die türkisen Korruptionsaffären stärken vielmehr den Zuspruch für ihn, der in ihren Augen für eine saubere Politik steht, ohne andauernd von einer solchen zu reden.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik