AA

Autos halten beim Rad-Überholen Abstand oft nicht ein

Kraftfahrzeug-Lenker halten oft zu wenig Abstand beim Überholfen von Radfahrern.
Kraftfahrzeug-Lenker halten oft zu wenig Abstand beim Überholfen von Radfahrern. ©APA/FLORIAN WIESER (Sujet)
Kraftfahrzeuge müssen seit der StVO-Novelle, welche seit zehn Monaten in Kraft ist, beim Überholen von Fahrrädern im Ortsgebiet mindestens 1,5 Meter und im Freiland mindestens zwei Meter Abstand halten. Viele Kfz-Fahrer halten dies jedoch nicht ein.
StVO-Novelle: Neue Regeln für Radfahrer und Fußgänger

Die Regelung ist viel zu wenig bekannt, wie eine Umfrage des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zeigt. Abstandsmessungen vor und nach dem Inkrafttreten der Neuregelungen haben ergeben, dass sich die Seitenabstände seither nicht verbessert haben.

Autos halten beim Rad-Überholen Abstand öfters nicht ein

Mit der 33. Novelle der StVO wollte der Gesetzgeber die Verkehrssicherheit in Österreich erhöhen und der sanften Mobilität einen Schub verleihen, so das KFV. Um die Unfallzahlen zu senken, wurden daher per 1. Oktober 2022 unter anderem die Abstände neu geregelt, die Kraftfahrzeuge beim Überholen von Fahrrädern (und E-Scootern) einhalten müssen. Die Regelung ist allerdings komplex und enthält einige Ausnahmen. Das KFV hat deshalb anhand von zwei aktuellen Studien die Umsetzung in der Praxis analysiert.

Studie mit einem "Open-Bike-Sensor" ausgestatteten Fahrrad

Im Rahmen der Studie wurden mit Hilfe eines mit einem "Open-Bike-Sensor" ausgestatteten Testfahrrads von Mai bis Juni 2023 insgesamt 1.442 Überholabstände in Österreich gemessen. "Wie ein Vergleich der aktuellen Messdaten mit einer früheren Studie aus 2021/22 zeigt, gab es seither leider keine Verbesserungen bei den Überholabständen", analysierte Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im KFV. Erhoben wurden unterschiedliche Szenarien. Auf Tempo-50-Straßen im Ortsgebiet beispielsweise haben die Kfz beim Überholen der Fahrräder in 73 Prozent der Fälle den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestseitenabstand von 1,5 Metern missachtet. Wie Stichproben im Freiland zeigen, wurde der dort geltende Überholabstand von zwei Metern von 87 Prozent missachtet. 58 Prozent der Kfz hielten beim Überholen sogar weniger als 1,5 Meter Abstand ein.

1,5-Meter-Regelung im Ort und Zwei-Meter-Regelung im Freiland

Neben der 1,5-Meter-Regelung im Ortsgebiet und der Zwei-Meter-Regelung im Freiland gibt es aber auch noch Sonderregelungen: Sofern ein Kfz beim Überholen eines Fahrrades maximal 30 km/h fährt, dürfen die 1,5 Meter Seitenabstand auch der Verkehrssicherheit entsprechend unterschritten werden. Theoretisch gilt das daher beispielsweise in Tempo-30-Zonen im Ortsgebiet, wenn das Kfz die zulässige Höchstgeschwindigkeit einhält. In der Praxis wird hier das Geschwindigkeitslimit aber besonders oft übertreten. "Geschwindigkeitsmessungen in Tempo-30-Zonen haben ergeben, dass 72 Prozent der Kfz schneller als die erlaubten 30 km/h fahren. Wie Abstandsmessungen zudem zeigen, haben 78 Prozent der Lenker und Lenkerinnen in Tempo-30-Zonen weniger als 1,5 Meter Seitenabstand eingehalten", erklärte Robatsch. Die 1,5-Meter-Abstands-Regelung im Ortsgebiet gilt derzeit auch dann nicht, wenn jemand mit dem Fahrrad auf einem Radfahrstreifen oder Mehrzweckstreifen unterwegs ist. Radfahrstreifen sind Teil der Fahrbahn und mit weißen Bodenmarkierungen gekennzeichnet. "Unsere zentrale Forderung lautet daher, dass der 1,5-Meter-Mindestseitenabstand im Ortsgebiet immer gelten sollte", forderte der KFV-Mitarbeiter.

Wissen der Bevölkerung rund um Überholabstände nachgefragt

Neben den Abstands- und Geschwindigkeitsmessungen hat das KFV auch eine Umfrage durchgeführt, um das Wissen der Bevölkerung rund um die Überholabstände der 33. StVO-Novelle abzufragen. Bei der Umfrage wurden mehrere Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Unter jenem Personenkreis, der zumindest einmal monatlich mit dem Pkw fährt, haben 42 Prozent bei der Frage nach dem Mindestabstand im Ortsgebiet eine falsche Antwort gegeben. Beim Mindestabstand im Freiland ist die gleiche Befragungsgruppe zu 53 Prozent falsch gelegen.

Höchststand an verletzten Radfahrern 2020 und 2021

Laut der offiziellen Verkehrsunfallstatistik hat es bereits 2020 und 2021 einen Höchststand an verletzten Radfahrenden gegeben. 2022 ist die Zahl im Vorjahresvergleich noch einmal um 13 Prozent auf 10.871 Verletzte gestiegen. "Wir gehen davon aus, dass mangelnde Überholabstände häufig auch indirekte Unfallquellen sind, wenn beispielsweise jemand durch zu dichtes Überholen eines Kfz erschrickt und einen Fahrfehler begeht", sagte Robatsch. Die Radfahrenden könnten beispielsweise ins Bankett abkommen, Randsteine touchieren oder in die "Dooring"-Zone abgedrängt werden. Bei "Dooring"-Unfällen prallen Radfahrende gegen die abrupt geöffnete Tür eines parkenden Autos. So etwas passiert gar nicht so selten in Österreich. Allein im Vorjahr gab es laut offizieller Statistik 261 davon.

KFV forderte die Gültigkeit des Mindestabstands zu erweitern

Das KFV forderte, die Gültigkeit des Mindestabstandes von 1,5 bzw. zwei Meter auf Mehrzweck- und Radfahrstreifen zu erweitern. Zudem sollte der Mindestabstand auch dann gelten, wenn ein überholendes Kfz 30 km/h oder weniger fährt. Die Exekutive sollte darüber hinaus technische Überwachungsmöglichkeiten zur Kontrolle der Mindestüberholabstände bekommen. Die Richtlinie für den Radverkehr (RVS) für die Gestaltung von Radfahranlagen sollte verbindlich sein, derzeit wird diese nur zur Anwendung empfohlen. Das KFV forderte zudem einen deutlichen Ausbau der Radinfrastruktur, zum Beispiel in Form von breiten Radfahranlagen, und eine bessere Bekanntmachung der 1,5-Meter- bzw. Zwei-Meter-Abstandsregel.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Autos halten beim Rad-Überholen Abstand oft nicht ein
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen