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Außer Schäden nichts gebracht

©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Gastkommentar von Johannes Huber. Gut, dass die Impfpflicht ganz gestrichen wird. Sie hat dazu beigetragen, dass Österreich im internationalen Vergleich zuletzt immer schlechter durch die Coronakrise gekommen ist.

Hätte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) nicht schon einen Rücktritt angekündigt, er hätte nun einen Grund gehabt, es zu tun: Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und ÖVP-Klubobmann August Wöginger verkündeten, dass die Impfpflicht endgültig gestrichen wird. Die Idee, sie einzuführen, hatten im vergangenen Herbst Landeshauptleute, allen voran Schützenhöfer.

Damit ist viel kaputt gemacht worden. „Die Debatte um die Impfpflicht hat die Impfung an sich diskreditiert. Und das ist ein enormer Schaden“, sagte Rauch in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“. Es ist jedoch typisch Österreichisch: Politische Verantwortung will niemand übernehmen.

Seit die Impfpflicht angekündigt ist, lässt sich kaum noch jemand impfen. Als Laie hatte man sich zunächst noch wundern können darüber. Experten hatten jedoch gewarnt. Regierende hätten alle Mittel gehabt, ihnen Gehör zu verschaffen. Immerhin gibt es (gefühlt) dutzende Corona-Kommissionen. Aber nein, sie setzten sich darüber hinweg. Motto: Gibt es einmal eine Pflicht, werden sich die obrigkeitshörigen Österreicherinnen und Österreicher schon daran halten. Ein Irrtum: Impfen gilt vielen als höchstpersönliche, geradezu intime Angelegenheit. Die Vorbehalte sind groß. Wenn sich der Staat darüber hinwegsetzt, und bestimmt, dass es sein muss, löst das Widerstände und Proteste aus. Wie es eben gekommen ist.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat unlängst festgestellt, dass die Übersterblichkeit im zweiten Jahr der Pandemie in Österreich relativ groß geblieben ist im internationalen Vergleich. Ein Blick auf die bisherigen Entwicklungen heuer lässt befürchten, dass sich nichts daran geändert hat. Ein naheliegender Grund ist, dass zu viele Menschen ungeimpft sind, im Falle einer Infektion eher mit einer schweren Erkrankung rechnen müssen. Umso wichtiger wäre es auch im Hinblick auf Wellen im kommenden Herbst und Winter, dass es wieder zu mehr Impfungen kommt.

Aber das hat man sich vermasselt durch die Impfpflicht. Es wird sehr viel Geschick und Behutsamkeit erfordern, angerichtete Schätzen wieder gut zu machen. Menschen, denen Skeptiker und Gegner vertrauen, werden das Gespräch suchen müssen. Vielleicht wird sich der eine oder andere so dazu bewegen lassen, sich impfen zu lassen. Politik sollte sich am besten ganz raushalten. Sie genießt zu großes Misstrauen.

Das Schlimme ist, dass auch andere, klassische Impfprogramme durch die Corona-Impfpflicht in Mitleidenschaft genommen worden sind, wie Rauch andeutet: Impfen sei an sich diskreditiert worden, sagt der Gesundheitsminister. Das ist ein Langzeitproblem, das ebenfalls einer Lösung harrt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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