AA

"Aus Hintergrund nach vorne stechen"

Skirennläuferin Nicole Hosp ist am späten Dienstagabend in Val d'Isere eingetroffen und will am Donnerstag ihren WM-Titel im Riesentorlauf erfolgreich verteidigen.

Die 25-jährige Tirolerin hat sich am 4. Jänner beim Einfahren für den Weltcup-Slalom in Zagreb bei einem Sturz einen Riss des inneren Seitenbandes, einen Einriss des vorderen Kreuzbandes und eine Impressionsfraktur des Schienbeinkopfes zugezogen.

Nach “viel Krafttraining”, einem Tag freiem Skifahren am vergangenen Donnerstag, einem Tag Riesentorlauf-Training auf der Brandjochpiste der Ehrwalder Alm-Bahnen und drei weiteren Tagen Stangentraining (Riesentorlauf und Slalom) in Hinterreit in Saalfelden bekam sie von Arzt Christian Hoser grünes Licht für einen WM-Start.

Nach ihrer Ankunft im WM-Ort stand Hosp den österreichischen Medien Rede und Antwort, das Knie war von der Flugreise nach Genf und der Autofahrt nach Savoyen ein “bisserl angeschlagen”, wie Hosp mitteilte, “aber nicht tragisch, nach einer Therapie noch heute passt das schon”. Am Mittwoch unternahm sie einen Ortsbummel, um etwas WM-Feeling zu bekommen.

Frage: Wann ist bei Ihnen der Gedanke gereift, dass es sich für
einen WM-Start ausgehen könnte?
Hosp: “Als ich angefangen habe mit dem Skifahren, habe ich
gemerkt, dass es extrem aufwärtsgeht. Ich hatte gleich am ersten Tag
nach dem freien Skifahren einen Termin beim Doktor, der war selbst
sehr verblüfft, als auf einmal das Knie von einem Tag auf den anderen
viel besser geworden ist. Dann haben wir gesagt, wir probieren es mit
dem Training, mit dem Stangenfahren. Es ist auch jeden Tag besser
geworden. Und dann haben wir natürlich geschaut, wie das
Skifahrerische funktioniert”

Frage: Sie hatten am Dienstag noch eine ärztliche Untersuchung.
Fiel dort endgültig die Entscheidung für einen Start in Val d’Isere?
Hosp: “Ja, schon. Er hat sich einfach das Knie noch einmal
angeschaut, wie es mir mit der Beugung geht, wie stabil es ist. Das
Innenband ist wirklich gleich stabil wie das andere. Einmal beim
Training bin ich direkt auf der Bindung gehockt mit dem verletzten
Fuß, und da ist auch nichts passiert. Von dem her passt es also.”

Frage: Die Beugung war zuletzt noch das große Problem ….
Hosp: ” … und mit dem Skifahren ist es von Tag zu Tag besser
geworden.”

Frage: Also ist Skifahren eine echte Medizin für Sie?
Hosp: “Das habe ich mir auch schon gesagt: Mein Knie braucht nur
Skifahren.”

Frage: Könnte es ein Vorteil sein, dass Sie ausgeruhter
hierhergekommen sind?
Hosp: “Das ist auf jeden Fall ein Riesenvorteil, der für mich
steht. Ich bin ausgeruht, ich bin voller Kraft, voller Elan und
Motivation. Und Druck habe ich eigentlich auch keinen. Ich lasse mir
keinen Druck machen.”

Frage: Vor zwei Jahren sind Sie mit 100 Prozent Weltmeisterin
geworden. Können Sie schon wieder 100 Prozent geben?
Hosp: “Ich werde es auf jeden Fall probieren. Ich habe schon beim
Freifahren gemerkt, dass ich vom Gefühl her überhaupt nichts verloren
habe, obwohl ich fast fünf Wochen nicht auf den Skiern gestanden bin.
Und es war auch in den Stangen drinnen das Gleiche. Alle waren
überrascht, wie gut ich gleich auf Anhieb gefahren bin. Das war für
mich auch ein wichtiger Hintergrund, dass ich hierherkomme und beim
Rennen starten will. Weil wenn ich komplett außer Form bin, habe ich
hier nichts verloren.”

Frage: Wie wichtig war, dass Sie gleich nach der Verletzung einen
WM-Start ins Auge gefasst haben?
Hosp: “Das ist auf jeden Fall das Wichtigste, weil mit dem Kopf
kann man viel machen. Es ist das Wichtigste, dass man positiv denkt,
sich ein Ziel setzt. Aber ich wollte es nicht unbedingt erzwingen.
Das kann man nicht. Wenn der Körper nicht will, dann geht es nicht.
Ich habe die WM als Ziel gefasst, damit ich einen Anhaltspunkt habe.
Ich habe einfach auf meinen Körper und mein Knie gehört, und das hat
eigentlich super funktioniert.”

Frage: Sehen Sie sich als Favoritin?
Hosp: “Nein, zu favorisieren sind andere. Riesenfavoritin ist die
Zetti (Kathrin Zettel/Anm.), die mit ihrer Goldmedaille auf einer
Welle ist, aber auch die Lizz (Elisabeth Görgl/Anm.) mit ihrer
Bronzenen. Und da gibt es noch einige andere. Ich bin eine, die aus
dem Hintergrund vielleicht nach vorne sticht.”

Frage: Aber ausschließen würden Sie nichts?
Hosp: “Nein, ausschließen tue ich nichts. Das ist eine WM, da hat
es andere Gesetze. Da muss an dem Tag alles passen, ob man Favoritin
ist, oder nicht. Das ist wieder ein Pluspunkt für mich.”

Frage: Können Sie sich stets überwinden, das Knie voll zu
belasten?
Hosp: “Das fängt schon beim Krafttraining an, dass man da nicht
zurücksteckt oder den Fuß weniger belastet. Das kann man trainieren.
Auf das haben wir von Anfang an den Fokus gelegt, dass ich immer
alles gleich mache, den Fuß nicht schone.”

Frage: Haben Sie die Rennatmosphäre vermisst?
Hosp: “Ich bin schon oft ein bisserl wehmütig daheim vor dem
Fernseher gehockt und habe mir die Rennen angeschaut, die so lässig
waren. Das war schon ein bisserl hart, aber jetzt bin ich ja wieder
dabei.”

Frage: Werden Sie auch im Slalom am Samstag starten?
Hosp: “Das ist auch ein Thema, aber ich muss erst schauen, wie es
mit dem Knie hinhaut.”

Frage: Wie planen Sie die restliche Weltcupsaison?
Hosp: “Die schnellen Rennen werde ich auslassen, ich bin in
Ofterschwang und Aare dabei. Möglich, dass ich beim Finale dann
vielleicht noch den Super-G fahre.”

  • VIENNA.AT
  • Wintersport
  • "Aus Hintergrund nach vorne stechen"
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen