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Aufreizende Performance: Peaches und Hennessy beim ImPulsTanz

"Keith Hennessy & Peaches - Critical Joy" ließ die Hüllen fallen.
"Keith Hennessy & Peaches - Critical Joy" ließ die Hüllen fallen. ©APA/ImPulsTanz/Emilia Milowska
Der kanadische Choreograf Keith Hennessy sorgte am Mittwoch gemeinsam mit seiner Landsfrau, der Sängerin Peaches, und zwei Dutzend junger Tänzer mit einer gewagt-mitreißenden Aufführung für lauten Applaus im mumok.
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Die Ergebnisse dieses Labors zwischen Tanz und Kunst, Körpern und Objekten, Solos und Gruppenperformances waren Mittwochabend im Rahmen von ImPulsTanz im mumok – Museum moderner Kunst zu erleben.

Während sich die Besucher frei durch das Stiegenhaus sowie die Ausstellung “Painting 2.0” bewegen, begegnen sie den jungen Künstlern, die sich mit ihren teils verstörenden Auftritten den Raum aneignen.

Mitreißende Tanzperformance

“Bend me”, steht da etwa auf einem Pappschild im zweiten Obergeschoß auf der Brücke zwischen den Sälen. In Nylon gehüllt steht eine junge Frau regungslos bereit, um sich von mutigen Besuchern verbiegen zu lassen. Währenddessen rauschen die gläsernen Aufzüge durch die Stockwerke, in denen zwei Performerinnen, die in bunten Ganzkörpergymnastikanzügen und Kopfverbänden auf dem Boden kauern. Durch das Atrium blickt man auf die beiden Männer, die sich langsam ihrer Kleider entledigen und hört das monotone “In these times of uncertainty” durch die Halle wispern.

Hinter jeder Biegung lauert ein neues Erlebnis. An einer Stelle wird gemeinsam mit Besuchern an Tanzschritten geprobt, eine Nische weiter gibt es Massagen auf einer Yogamatte. “Don’t cross this line” und “Don’t touch” steht auf einem anderen Pappschild, die Verneinungen jeweils durchgestrichen. Lange Zeit passiert gar nichts, dann beginnt ein junger Mann, die Grenzen zu überschreiten und die Tänzerin auf eine Art zu berühren, die ihr selbst bald nicht mehr ganz recht zu sein scheint. Doch die im Programm verzeichnete Vorgabe funktioniert: “Choreografie, Skulptur und Musik werden zu sozialen Praktiken, bei denen Politik und Kunst und Party und Freundschaft das Handeln motivieren!” Und so bricht die Performerin ihr Schweigen, spricht ihr Gegenüber an, nach einem kurzen, intimen Wortwechsel lässt er von ihr ab. Dann ist der nächste an der Reihe, zu berühren und Grenzen zu überschreiten.

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Peaches im mumok

Manche Ausstellungsräume bleiben ganz ohne Intervention, das Suchen nach einer Performance wird so auch zur Ausstellungsbesichtigung. Dann stolpert man wieder über eine als Mann verkleidete Tänzerin, die neben einer Schaufensterpuppe von John Miller postiert ist und ihr Vorbild stumm imitiert. Im Keller wiederum treiben sich drei Performer herum, die sich auf reduzierteste Art mit LGBT-Themen beschäftigen. Während eine Trans-Tänzerin mit Worten wie “Pussy” oder “White Slut” den Rhythmus vorgibt, antworten die beiden Tänzer mit “Cunt”-Rufen, die die Besucher noch bis zum Ende des Abends begleiten werden.

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Ein von lizard_stone (@lizard42stone) gepostetes Video am

Nebenan auf der Kinoleinwand flimmert das Video zu Peaches’ “Rub” über die Leinwand, im Anschluss zeigt Hennessy einen Video-Ausschnitt aus einer seiner Performances. Nach einer Stunde versammeln sich die jungen Tänzer im Foyer, skandieren “Critical Cunt” oder “Pussy Cunt” oder “International Cunt”, bevor sie schließlich gemeinsam mit den Besuchern in den Hof des Museumsquartiers übersiedeln, wo eine Bühne auf sie wartet. Zu rasenden Beats wiederholen sie noch einmal ihre Arbeiten im Schnelldurchlauf, während Peaches das Mischpult bedient.

Nackte Tänzerinnen ernteten lauten Applaus

Als die Künstlerin selbst dann das Podium erklimmt und u.a. “Rub” oder “Vaginoplasty” performt, ist die Besuchermenge nicht mehr zu halten. Die jungen Tänzerinnen setzen Masken auf und tanzen untenrum nackt über die Bühne, nicht ohne sich ausgiebig zu reiben.

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Ein von Anna (@annafahrmaier) gepostetes Video am

Mehr als eine Stunde dauert die sommerliche, frivol-feministische Freiluftparty noch, in der Keith Hennessy auch mit einem berührenden Gedicht, das sich lose an Nirvanas “Smells like teen spirit” orientiert, auftritt. Namen von Orten verliest, an denen kürzlich Anschläge stattfanden: Nizza, Orlando, München, Kabul. “Waffen können euch nicht schützen”, ruft er. Und “Es kann uns überall treffen. Auch hier”. Großer Jubel für die beiden Altmeister und eine Zugabe der jungen Performer beschließen diesen experimentellen, frischen, sexualisierten Pop-Abend.

(APA)

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