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Arzt aus Wien hat Krankenkasse betrogen: Offene Fragen im Prozess

Am Montag wird der Prozess gegen einen Arzt aus Wien fortgesetzt.
Am Montag wird der Prozess gegen einen Arzt aus Wien fortgesetzt. ©APA (Symbolbild)
Seit Herbst 2013 muss sich ein Arzt aus Wien vor Gericht verantworten, weil er die Krankenkasse mit falschen Honorarabrechnungen um 700.000 Euro betrogen haben soll. Der Betrugsprozess wirft viele Fragen auf, nicht zuletzt die Ermittlungsmethoden wurden als fragwürdig eingestuft.
Ermittlungen gegen Wiener Arzt
Fragwürdige Ermittlungsmethoden

Nachdem zuletzt fragwürdige Ermittlungsmethoden zutage getreten sind, entlastet nun ein Schreiben der Ärztekammer den Arzt in einem Anklagepunkt.

Ein zentraler Vorwurf der Anklage bezieht sich auf ärztliche Gespräche mit Drogenkranken, die der Arzt in seiner Praxis, in der zahlreiche Suchtgiftabhängige im Rahmen des sogenannten Substitutionsprogramms behandelt wurden, regelmäßig abgewickelt haben will. Laut Gebietskrankenkasse sollen diese Beratungen gar nicht oder jedenfalls nicht im erforderlichen Ausmaß stattgefunden haben, was der von Verteidiger Philipp Wolm vertretene Allgemeinmediziner bestreitet.

Ärztekammer zieht Vorwurf zurück

In einem der APA vorliegenden Schreiben, das am Montag beim nächsten Verhandlungstag Erörterung finden wird, bekräftigt die Ärztekammer, dass bei den gegenständlichen Beratungen im Unterschied zu anderen Positionen im Tarifkatalog “keine bestimmte Gesprächsdauer” einzuhalten ist. Weiters sei “der Inhalt des Gesprächs, solange es sich um Belange des Patienten handelt […], nicht vorgegeben”.

Die Ärztekammer betont außerdem, die “Wahrnehmbarkeit von Dritten” könne bei diesen Beratungen “kein Kriterium der Verrechenbarkeit” sein. Hinsichtlich des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient müsse “Vertraulichkeit” gewahrt werden, was – sollte letzterer nicht die Anwesenheit einer dritten Person wünschen – bei der Abrechnung zu berücksichtigen sei.

Hat Krankenkasse Patienten unter Druck gesetzt?

Die Krankenkasse hatte in diesem Fall besonders sorgfältig recherchiert und soll die Patienten des Arztes dabei teilweise sogar unter Druck gesetzt haben, indem ihnen der Entzug der Sozialversicherungskarte angedroht wurde, sollten sie Fragen nach den erfolgten Behandlungen und Beratungen nicht beantworten. Die oftmals mit unzureichenden Deutschkenntnissen behafteten, ursprünglich aus dem Ausland stammenden Personen wurden außerdem – wie sich am bisher letzten Verhandlung Mitte Februar gezeigt hatte – von der Gebietskrankenkasse oftmals ohne Dolmetsch befragt, so dass das Zustandekommen der später der Justiz übermittelten Gesprächsprotokolle zumindest Fragen aufwirft.

Arzt aus Wien wird weiterhin Betrug vorgeworfen 

Der Arzt hatte der Krankenkasse seine Abrechnungen immer vierteljährlich auf Diskette zukommen lassen. Er behauptet, in diesen Aufzeichnungen wesentlich weniger Leistungen in Rechnung gestellt zu haben, als ihm die Kasse und die Staatsanwaltschaft nun vorwerfen. Der Mediziner geht davon aus, wenn überhaupt höchstens einen Schaden von 60.000 Euro angerichtet zu haben. Ein von Richter Harald Craigher in Auftrag gegebenes Gutachten eines EDV-Experten soll klären, ob an den Disketten nachträgliche Manipulationen vorgenommen wurden. (APA)

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