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Betrugsprozess gegen Wiener Arzt: Fragwürdige Ermittlungsmethoden

Prozess gegen Wiener Arzt.
Prozess gegen Wiener Arzt. ©APA
Im Wiener Straflandesgericht ist am Montag der Prozess gegen einen praktischen Arzt fortgesetzt worden, der im Verdacht steht, mit falschen Honorarabrechnungen die Wiener Gebietskrankenkasse um 700.000 Euro betrogen zu haben.

Die Verhandlung förderte fragliche Ermittlungsmethoden zutage, bei denen nach Ansicht von Verteidiger Philipp Wolm “fundamentale Verfahrensgrundsätze” verletzt wurden. Mehrere Zeugen, die am Montag befragt werden sollten, musste Richter Harald Craigher mangels entsprechender Deutschkenntnisse nach Hause schicken.

Sie waren teilweise schon mit der formalen Einstiegsfrage, ob sie mit dem Angeklagten verwandt seien – was ihnen ein Entschlagungsrecht geboten hätte -, überfordert. Erstaunlicherweise enthält der Ermittlungsakt aber teils recht ausführliche Protokolle mit den betreffenden Personen, die von der Gebietskrankenkasse zu den Vorgängen in der Praxis des praktischen Arztes vernommen worden waren. Dolmetsch war dabei stets keiner dabei. Der Verteidiger sprach sich daher gegen die Verwendung dieser Protokolle aus, da diese auf “unzulässigen Vernehmungsmethoden” beruhen würden. “Ich frage mich, wie diese Niederschriften zustande gekommen sind”, gab Wolm zu bedenken.

Krankenkasse: Zeugen widersprechen Vorwürfen

Teilweise sollen die Patienten des Arztes von der Krankenkasse, die mit äußerster Sorgfalt den Betrugsverdacht recherchiert hatte, sogar unter Druck gesetzt worden sein. Im Zeugenstand erklärte dazu ein Mann, die Krankenkasse habe ihm bei dem Interview das Gefühl gegeben, “nicht Positives” über den praktischen Arzt hören zu wollen: “Jede Frage hat darauf abgezielt, dass der Doktor eine Verfehlung begangen haben sollte.” Er könne über diesem aber nichts Schlechtes sagen.

Überhaupt sei er “zwangsweise” bei der Krankenkasse erschienen. “Mir ist angedroht worden, dass meine Sozialversicherungskarte gesperrt wird, wenn ich nicht aussage. Wenn ich nicht aussage, wenn ich nicht komme zu dem Gespräch wegen dem Doktor, dann werden die Leistungen auf der Karte eingestellt”, gab der Zeuge zu Protokoll.

Beweismaterial gegen Arzt

Die CD mit dem Beweismaterial, das die Gebietskrankenkasse zusammengetragen und der Staatsanwaltschaft als Grundlage ihrer Anklageschrift übermittelt hatte, enthält auch acht Leistungen, die der Arzt bereits im Jahr 1960 in Wahrheit gar nicht erbracht haben soll. Der nicht aus Österreich stammende Angeklagte erklärte dazu, er sei 1960 noch in die Schule gegangen. Er befinde sich erst seit 1966 in Österreich, habe 1979 promoviert und sei seit 1980 als Arzt tätig.

Daraufhin versicherte der Rechtsvertreter der Krankenkasse, die sich als Privatbeteiligte dem Strafverfahren angeschlossen hat, es handle sich dabei um ein “EDV-technisches Blankettdatum”, das nicht Eingang in die Anklage gefunden habe.

(APA)

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