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Apothekertagung: Immer mehr Menschen mit Vorhofflimmern

Der Lebensstil, Bluthochdruck und die demografische Entwicklung werden als mögliche Ursachen für Vorhofflimmern genannt.
Der Lebensstil, Bluthochdruck und die demografische Entwicklung werden als mögliche Ursachen für Vorhofflimmern genannt. ©Bilderbox
Vorhofflimmern verbreite sich epidemieartig, berichten Kardiologen auf der Apothekertagung in Saalfelden (Pinzgau) am Montag.

Eine sprichwörtliche Epidemie: “Seit den 1960er-Jahren hat sich die Zahl der Patienten mit (Herz-)Vorhofflimmern verdreifacht. 35 bis 45 Prozent aller Schlaganfälle sind darauf zurückzuführen”, sagte Montagabend bei der Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer in Saalfelden (bis 8. März) der Wiener Kardiologe Günter Stix (Universitätsklinik für Innere Medizin II/AKH). Er berichtete auch von einem aktuellen Fall, in dem einem Patienten von einem Wiener Spital die wirksamste Behandlung mittels Herzkatheter einfach “abgesetzt” wurde.

Vorhofflimmern verbreitet sich epidemieartig

“Das Vorhofflimmern verbreitet sich epidemieartig. In den USA sind zwölf Millionen Menschen betroffen, in Europa 15 Millionen. Jeder Vierte, der jetzt 40 Jahre alt ist, wird davon im Laufe seines Lebens betroffen sein. Das bedeutet eine Insultrate (Schlaganfälle, Anm.) von drei bis sieben Prozent pro Jahr”, erklärte der Experte.

Die Gründe für diese Entwicklung sind unbekannt. Der Lebensstil, Bluthochdruck und die demografische Entwicklung werden als mögliche Ursachen genannt. Beim Vorhofflimmern beginnen die Herz-Vorhöfe unkontrolliert mit bis zu Hunderten “Schlägen” pro Minute zu flattern. Die gefährlichste Folge ist die Bildung von Blutthromben, die schließlich ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall auslösen können.

Möglichst sofortige Wiederherstellung des normalen Rhythmus durch Medikamente oder die Anwendung von Stromstößen (Kardioversion) sind die Mittel der ersten Wahl bei Symptomen. Bei länger andauerndem Vorhofflimmern muss zur Verhinderung der Thrombenbildung im Herzen eine medikamentöse Hemmung der Blutgerinnung herbeigeführt werden. Hoch wirksam ist schließlich die Ablation (Abtragen, Anm.) jener Strukturen im Herzen, die über die Reizleitung die Herzrhythmusstörung auslöst mit einem Herzkatheter.

Therapieversuche teilweise ergebnislos

Doch gerade von dieser Behandlungsform berichtete Stix von einem offenbar bedenklichen Fall. Bei einem 65-jährigen Mann waren ein Jahr lang alle Therapieversuche ergebnislos geblieben. Dann sollte im Dezember 2012 in einem Wiener Spital eine solche Katheterablation vorgenommen werden.

Doch dazu kam es nicht. Stix: “Die Ablation ist von der Verwaltung des Spitals zwei oder drei Tage vor dem geplanten Termin abgesetzt worden.” Skurril: Es handelte sich laut dem Kardiologen um ein Spital im Besitz der Krankenversicherung des Patienten. Stix: “Die Versicherung hat ihrem eigenen Versicherten eine Behandlung, die möglich ist, vorenthalten. (…) Das sind die Vorboten der ‚Gesundheitsreform‘.”

Da in Wien solche Eingriffe nur in einem Spital, das sich im Besitz einer sozialen Krankenkasse befindet, vorgenommen werden, kann es sich nur um einen Versicherten der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) und ihr Hanuschkrankenhaus handeln. Stix bestätigte dies am Rande seines Vortrags in Saalfelden.

Chancen auf Heilung

Die Gründe könnten in den finanziellen Regelungen liegen. Der Kardiologe: “Für eine solche Katheterablation refundiert der Hauptverband der Sozialversicherungen rund 3.400 Euro, wo die Katheterkosten zumindest 4.400 Euro betragen.” Die Gesamtkosten lägen je nach Fall bei 5.000 bis 10.000 Euro. Der Experte: “Kein Krankenhaus hat da ein Interesse.”

Der Patient kam schließlich vom Hanuschkrankenhaus an die Universitätsklinik für Innere Medizin II der MedUni Wien am AKH. Dort wurde der Eingriff schließlich erfolgreich durchgeführt – auf Kosten des Wiener AKH. Stix: “Der Patient hat erstmals seit 2011 kein Vorhofflimmern mehr.” (APA)

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