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Andreas Schieder zur SPÖ: "Die Chancen stehen gut"

Andreas Schieder ist als neuer Staatssekretär in seinem Büro am Ballhausplatz eingezogen. Ob genug Zeit für Penzing bleibt und was er von der gegenwärtigen Situation auf Bundeseben und in der EU hält, verrät das BZ-Interview.

Andreas Schieder (SPÖ) ist erst vor kurzem in sein Büro am Ballhausplatz eingezogen. Nach den vorgezogenen Neuwahlen scheint es so, als würde der neue Staatssekretär im Bundeskanzleramt für öffentlichen Dienst und Verwaltungsreform auch nicht mehr lange dort bleiben. Immerhin sind die aktuellen Umfrage-Ergebnisse für die SPÖ katastrophal. Aber Schieder gibt sich gegenüber bz-Redakteur Alexander Schöpf kämpferisch: „Man geht in Wahlen mit der Überzeugung, dass man die Wähler von seinem Programm überzeugen kann. Ich finde die Chancen stehen gut, dass die SPÖ auch nach der nächsten Wahl in der Regierung sein wird.“

bz:  Wie schaut Ihre Arbeit derzeit aus? Ist Stillstand angesagt?
Andreas Schieder: Nein, überhaupt nicht. Die Aufgabe öffentlicher Dienst ist eine sehr spannende, weil sie in Wahrheit zwei Dinge verbindet. Auf der einen Seite gilt es hoch motivierte Mitarbeiter zu haben, damit sie andererseits hochqualitative Dienstleistungen für die Bürger bieten.

bz: Schwarz und Rot haben bis zu den Wahlen einen Nicht-Angriffspakt geschlossen und wollen sich im Parlament nicht gegenseitig überstimmen. Wäre das jetzt aber nicht eine gute Möglichkeit gewesen, einige der Wahlversprechen umzusetzen?
Andreas Schieder: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Einmal sucht man sich selbst eine Mehrheit, und dann suchen sich die anderen eine Mehrheit, um eines ihrer Vorhaben durchzubringen. Letztlich gilt es, hier nicht Chaos einziehen zu lassen. Eine Koalition ist ein bisschen mit einer Ehe zu vergleichen, und wenn man sich trennt, dann sinnvoll. Im Parlament gibt es zudem einen guten Draht zwischen Schwarz und Blau, und ich denke, dass es nicht gut wäre sich dem jetzt schon auszusetzen.

bz: Es wird aber auch gemunkelt, dass es einen guten Draht zwischen Rot und Blau gibt.
Andreas Schieder: Werner Faymann hat das eindeutig gesagt, was ich immer schon vertreten habe: Mit HC Strache ist keine Regierung zu machen.

bz: Wer wäre ihr Wunschpartner?
Andreas Schieder: Der Wunschpartner ist der, mit dem man am meisten sein Wahlprogramm umsetzen kann.

bz: Gibt es konkret eine Partei, die sie sich als Koalitionspartner wünschen?
Andreas Schieder: Nein, denn in verschiedenen Punkten sind einem verschiedene Parteien näher. Bei den Studiengebühren sind das zum Beispiel die Grünen, bei anderen Themen kann es wiederum die ÖVP sein.

bz: Können Sie verstehen, dass Josef Broukal nach dem jüngsten Hick-Hack um die Studiengebühren, seinen Rücktritt erklärt hat?
Andreas Schieder: Ich kenne Josef Broukal sehr gut und schätze ihn auch sehr. Er war in dieser Frage ein ganz vehementer Kämpfer. Und er ist ja nicht im Gram geschieden. Er wollte nur nicht aufgrund der Koalition gegen seine Überzeugung stimmen. Ich denke, dass sich Broukal sehr über Wissenschaftsminister Johannes Hahn und Gertrude Brinek (beide ÖVP Anm. d. Red.) geärgert hat. Dadurch hat sich sicherlich ein genereller Politikfrust bei ihm aufgestaut.

bz: Haben sie auch manchmal Politikfrust?
Andreas Schieder: Nein, Politik muss einem Spaß machen, weil man für sein Land und die Menschen Dinge verändern und umsetzen muss. Es ist natürlich so, dass man nicht alle Ideen umsetzen kann. Aber man ist ja nicht alleine auf der Welt und es gibt auch noch andere Meinungen, als die eigene. Diese Taktiererei und Blockadepolitik der ÖVP, wie wir sie in den letzten Wochen erlebt haben, war schon sehr „zaach“. Das schadet der Politik.

bz: Wäre es nicht endlich an der Zeit, dass sich die Politiker ein wenig in Selbstkritik üben?
Andreas Schieder: Ich kann nicht für andere sprechen, aber was ich zu beherzigen versuche, ist eine gute Gesprächsbasis sowohl mit meinen politischen Kollegen, als auch mit der Bevölkerung zu pflegen. Das heißt nicht nur Politik in der Hofburg, sondern auch draußen im Wahlkreis zu machen. Das habe ich mir in der Kommunalpolitik angewöhnt.

bz: Apropos Kommunalpolitik: Sie sind Bezirksparteivorsitzender der SP Penzing. Wie schaut ihre Tätigkeit dort aus und bleibt dafür überhaupt noch Zeit?
Andreas Schieder: Vorsitzender einer Bezirksparteiorganisation zu sein, heißt zwei Dinge: Einerseits muss man diese leiten, und andererseits muss man sich um die Anliegen seines Bezirkes kümmern. Unser Motto ist „Teamwork für Penzing“. Ich glaube wir sind da gut aufgestellt mit Andrea Kalchbrenner als Bezirksvorsteherin, mit den beiden Gemeinderäten Jürgen Wutzelhofer und Silvia Rubik und mit mir als Spitzenmandatar. Wir sind in ständigem Kontakt und durch die modernen Kommunikationsmittel wie E-Mail und Handy spart man auch Zeit.

bz: Ihr Vater Peter Schieder war bereits in der Politik tätig. Haben Sie die Politik selbst für sich entdeckt oder wurden sie herangeführt?
Andreas Schieder: Wir haben zuhause sehr viele Nachrichtensendungen gesehen und die Arbeiterzeitung war immer da. Meine persönliche Politisierung ist aber abseits vom Elternhaus passiert. Als junger Mensch denkt man darüber nach was gerecht ist, und wie die Gesellschaft aufgebaut ist. Als ich jung war kam dann noch der Fall des Eisernen Vorhanges hinzu. Das hat dazu geführt, sich stärker politisch zu interessieren. Aber ich hatte nie den Berufswunsch Politiker. Deswegen habe ich auch Volkswirtschaft studiert. Aber die Politik ist schon eine Sache, die einen fesselt und fasziniert. Die Triebfeder in die Politik zu gehen, war die Möglichkeit etwas gestalten zu können.

bz: Glauben Sie dass Ihr Vater ihrer politischen Karriere eher hilfreich oder eher hinderlich war?
Andreas Schieder: Vermutlich beides, aber das habe ich mir so direkt noch nie überlegt. Einerseits hat man einen Namen, bei dem bei den Leuten etwas klingelt und andererseits erntet man auch Vorbehalte. Zudem finde ich, dass ich eine eigenständige Persönlichkeit bin. Ich bin ich, und man muss mich als der Mensch nehmen, der man ist.

bz: Beraten Sie sich mit Ihrem Vater in politischen Fragen?
Andreas Schieder: Sie scheint dieses Thema irrsinnig zu faszinieren. Das ist jetzt schon die dritte Frage dazu.

bz: Ich denke es ist ein interessantes Thema.
Andreas Schieder: Um ihre Frage zu beantworten: Eigentlich nein. Ich bin 39 Jahr alt, bin seit mehr als zwanzig Jahren alleine. Ehrlich gesagt haben mein Vater und ich auch nie wirklich die Zeit gehabt uns oft zu sehen. Wenn man sich dann sieht, dann spricht man nicht unbedingt über politische Themen. Man redet über die gleichen Sachen, wie alle Leute, wenn sie zu Hause bei ihren Eltern sind.

bz: Lassen Sie uns noch einmal zur Bundespolitik zurückkehren. Glauben Sie, dass Werner Faymann der bessere Spitzenkandidat als Gusenbauer ist?
Andreas Schieder: Erstens einmal bin ich glücklich, dass Werner Faymann unser Spitzenkandidat ist. Ich schätze ihn als pragmatischen Politiker, der um Sachlösungen bemüht ist. Deswegen glaube ich auch, dass er viel Vertrauen für die Sozialdemokratie erringen wird. Gusenbauer hat vor allem eines ausgezeichnet: seine immensen Kämpfer- und Steherqualitäten. Zudem kenne ich Alfred Gusenbauer als wirklich großen Außenpolitiker. Die Entscheidungen sind getroffen, und ich glaube es ist keinesfalls zum Nachteil der SPÖ.

bz: Wie bewerten Sie den Schwenk in der EU-Politik der SPÖ?
Andreas Schieder: Man muss sich das ganz einfach durchlesen und mit dem vergleichen, was wir sonst immer über Europa gesagt haben. Dann sieht man, dass es die logische Weiterentwicklung dessen ist, was wir gesagt haben. Wir bekennen uns zu Europa, wir wissen, dass viele Probleme nur auf europäischer Ebene gelöst werden können, und ohne Europa würde es uns viel schlechter gehen. Aber es ist nicht das Europa, das wir wollen. Das Europa, das wir wollen, ist ein sozialeres, demokratischeres und effizienteres Europa. Es braucht auch ein Umdenken in der europäischen Kommission. Achtzig Prozent der Kommissare sind konservative oder liberale Politiker. Dadurch kommt auch so eine Politik zustande, wie wir sie derzeit sehen. Man muss sich überlegen, wie man die Bevölkerung wieder zum Projekt Europa hinführt. Deswegen muss das Signal gesetzt werden, dass bei der nächsten fundamentalen Änderung das Volk eingebunden werden muss. Ich glaube als Politiker kann man vor Problemen nicht die Augen verschließen.

bz: Hätte die Politik nicht viel früher auf die herrschende EU-Skepsis reagieren müssen, und warum hat man der Kronen Zeitung das Feld so kampflos überlassen?
Andreas Schieder: Es ist offensichtlich nicht gelungen die Vorzüge des Lissabon-Vertrages ausreichend zu kommunizieren. Ich würde die EU-Skepsis auch nicht zu sehr einer Zeitung festmachen. Die Franzosen, die Holländer und die Iren haben mit „Nein“ gestimmt; aus unterschiedlichsten Gründen. Es gibt in allen Ländern eine Skepsis, nicht nur in Österreich. Deswegen braucht es beides: die Einbeziehung der Bevölkerung und einen Politikwechsel auf europäischer Ebene. Das muss José Manuel Barroso (EU-Ratsvorsitzender Anm. d. R.) endlich kapieren.

Interview: Alexander Schöpf

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