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An Impossible Project - Kritik und Trailer zum Film

Die fortschreitende Digitalisierung unseres Lebens ist nicht aufzuhalten - oder doch, glaubt zumindest Florian "Doc" Kaps, den der deutsche Regisseur Jens Meurer in "The Impossible Project" porträtiert. Der Österreicher ist gleichsam Vorreiter des Digital Detox, ein Apologet des Analogen, der 2008 sein Vermögen riskierte, um mit anderen Idealisten zusammen die letzte Polaroid-Fabrik der Welt zu retten. Ein Meister im Schwimmen gegen den Strom.

Die Zukunft ist retro. Zumindest denkt das der Kulturrevoluzzer Florian "Doc" Kaps, quasi Wiens Antwort auf Steve Jobs. Der Österreicher steht im Herzen von Jens Meurers "An Impossible Project", einem Dokumentarfilm über den exzentrischen Visionär, der davon überzeugt ist, dass die Zukunft analog oder postdigital ist, oder vielleicht eine adrette Mischung aus beidem. Ab Freitag im Kino.

An Impossible Project - Kurzinhalt zum Film

Der neue Dokumentarfilm des deutschen Filmemachers Meurer (Produzent von "Black Book", "Rush" und "The Last Station"), den er natürlich auf 35 mm gedreht hat, beginnt mit einer sanften, männlichen Stimme. "Lieber Zuschauer, ja, Sie verbringen zu viele Stunden auf Ihrem Smartphone (...) und im Grunde hassen Sie es", heißt es. Er fährt fort: "In diesem Film geht es um eine Alternative, den umgekehrten Weg: Digital Detox. Wenn Ihnen gefällt, was Sie hier sehen, probieren Sie es zu Hause aus." Wir bekommen dann Nachrichtenbilder von Kodakfabriken zu sehen, die Ende der Nullerjahre niedergerissen wurden, und Aufnahmen von Steve Jobs, der im Jahr 2007 das erste iPhone vorstellt. Analog war damit tot. Die Zukunft war digital, oder?

Nicht so schnell. Der Wiener Wissenschafter Florian "Doc" Kaps (der auch Experte für Spinnenaugenmuskeln ist), wird uns als selbst ernannter "Schutzpatron aller analogen Dinge" vorgestellt, also haptische Hardware wie Kameras, Schallplatten, Telefone und dergleichen, die durch das Aufkommen von Computern obsolet geworden sind. Aber "digital kitzelt nur zwei Ihrer Sinne", sagt Kaps hinter seiner dicken Brille in die Kamera. "Ich kann es sehen, ich kann es hören, aber ich kann es nicht berühren, ich kann es nicht riechen, ich kann es nicht lecken." Junge Menschen hätten eine Sehnsucht danach, Dinge zu berühren, so der Wiener.

Im Film fragt er die Menschen immer wieder, was sie riechen, wenn sie Gegenstände berühren. "Wie riecht Facebook?", fragt er einen Angestellten der Social-Media-Firma an einer Stelle. "Ich denke, es wäre für verschiedene Menschen unterschiedlich", antwortet der sichtlich amüsiert, aber auch fasziniert. Kritiker würden vielleicht behaupten, dass Facebook etwas muffelt, aber Florian Kaps, der von der Firma nach Silicon Valley eingeladen wurde, um ihnen zu helfen, sich mit der realen Welt zu verbinden, sieht es als Chance, die Welt zu verändern.

An Impossible Project - Die Kritik

Er selbst hat schon in den Lauf der Dinge eingegriffen. Ohne Kaps würde es die Firma Polaroid wohl nicht mehr geben. Im Jahr 2008 kaufte er kurz vor dem Abriss die letzte Fabrik in den Niederlanden. Anfangs durfte er den Namen Polaroid nicht verwenden, nannte seine Firma stattdessen "Impossible". Wir sehen dann, wie Kaps ein ähnliches Schicksal wie Steve Jobs erleidet (der mehrmals im Film vorkommt), und aus seiner eigenen Firma geworfen wird, als ein ehemaliger Praktikant zum CEO wird, nachdem er seinen eigenen Vater als Investor eingestellt hat. Das Unternehmen trägt inzwischen wieder den Namen Polaroid und verkauft jährlich eine Million Sofortbildfilme.

Warum genau das passiert ist, wird im Film nicht näher erläutert, und Florian Kaps ist sichtlich enttäuscht, aber hält sich auch nicht lange damit auf. Er eröffnet das Retro-Café "Supersense" in der Praterstraße mit kuratierten, analogen Produkten, und versucht, das Südbahnhotel am Semmering wieder zu eröffnen, wo wir uns auch von ihm verabschieden, als er eine Dinnerparty für "Analog-Superheroes" veranstaltet, darunter wichtige Leute von Moleskine, Polaroid und dem analogen Forschungslabor von Facebook (ja, das gibt es).

Er war der Zeit im Grunde voraus. Es hat in den vergangenen Jahren eine wachsende Nostalgie für das Analoge gegeben. Die Verkäufe von Schallplatten sind gestiegen. Software-Filter verleihen Smartphone-Fotos einen hippen Polaroid-Look und DVD-Kollektionen sind der letzte Schrei unter Cineasten. Eine Fotografin im Film beschreibt die angenehme Ruhe in einer Dunkelkammer. Warum das so ist, das wird in diesem Film über diesen sympathischen und schamlosen Wiener Self-Promoter nicht wirklich erforscht. Was er aber tut, ist, einem Träumer ein stückweit seinen rechtmäßigen Platz in der Geschichte zurückzugeben.

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(APA/Red)

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