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AMIS-Affäre: Anklage wegen Betrugs

Im Wiener Straflandesgericht ist der nächste große Wirtschaftsprozess im Anrollen: In der Affäre um den Wiener Finanzdienstleister AMIS wurde eine umfangreiche Anklageschrift vorgelegt.

Die BAWAG-Staatsanwälte Ronald Schön und Georg Krakow haben nun auch in der Affäre um den Wiener Finanzdienstleister AMIS eine 88 Seiten dicke Anklageschrift vorgelegt. Den beiden AMIS-Gründern Dietmar Böhmer (36) und Harald Loidl (47), dem ehemaligen Vorstand Thomas Mitter (34) und den Ex-AMIS-Fondsmanagern Wolfgang Gänsdorfer (41) und Alban Kuen (31) wird darin schwerer gewerbsmäßiger Betrug angelastet. Strafrahmen: Bis zu zehn Jahre Haft.

Böhmer und Loidl sollen im Zeitraum März 1999 bis Sommer 2005 mehr als 15.000 Kunden von Wertpapierdienstleistungsunternehmen der AMIS-Gruppe mit 16.703 Kundendepots hinters Licht geführt und im Vertrieb von AMIS-Produkten tätige Mitarbeiter zu Täuschungshandlungen bestimmt zu haben.

Um 62 Millionen Euro betrogen

Dadurch wurden laut Anklage die Kunden „dazu verleitet, Verträge über die Verwaltung von Vermögen oder die Vermittlung von Veranlagungen mit Gesellschaften der AMIS-Gruppe abzuschließen und Beträge in deren Verfügungsmacht zu übertragen, wodurch die Kunden einen in entzogenen Vermögen gelegenen Schaden von 62.171.009,06 Euro erlitten“.

Davon sollen annähernd 53 Mio. Euro der Firmengruppe AMIS und 9,2 Mio. Euro den Beschuldigten über eigens dafür gegründete Gesellschaften in Liechtenstein, den USA und Österreich persönlich zu Gute gekommen sein. Die Staatsanwälte beziffern die unrechtmäßige Bereicherung bei Böhmer auf 3,94 Mio. Euro, bei Loidl auf 2,96 Mio. Euro.

Anklage rollt Firmengeschichte auf

Penibel wird in der Anklageschrift die Firmengeschichte der AMIS-Gruppe aufgerollt, wobei der Tatbeginn der inkriminierten Machenschaften mit dem 11. Oktober 2002 angesetzt wird. Die Kunden wurden demnach in mehrfacher Hinsicht getäuscht: In den Produktbeschreibungen und Vertragsunterlagen wurde laut Anklage wahrheitswidrig behauptet, die eingezahlten Beträge würden in das vereinbarte AMIS-Produkt investiert und blieben dort veranlagt, während Böhmer und Loidl dem Kundenvermögen tatsächlich laufend Mittel entzogen bzw. dies durch entsprechende Anweisungen veranlasst haben sollen. Die Anklage spricht in diesem Zusammenhang von „planmäßig pflichtwidriger Verringerung“ von Kapital.

Den Kunden wurden im weiteren Verlauf gefälschte Depotmitteilungen ausgehändigt, „die einen im Vergleich zum tatsächlich vorhandenen Vermögen um die zu Unrecht entzogenen Mittel erhöhten Wert auswiesen“, wie es in der Anklage heißt. Nach der Loch-auf-Loch-zu-Methode sollen alte Kunden scheinbar vertragskonform ausbezahlt und damit befriedigt worden sein, ohne dass diese ahnten, dass dafür die Gelder neuer Kunden herangezogen wurden.

Der Ex-AMIS Vorstand Thomas Mitter sowie die Fondsmanager Wolfgang Gänsdorfer und Alban Kuen werden in der Anklageschrift als Mittäter dargestellt, die unter anderem rechtswidrige Anweisungen an Depotbanken befolgt hätten, unrechtmäßige Auszahlungen und Überweisungen vorzunehmen. Auch die Bereitstellung von Barmitteln für betrügerische Redemptions (Anm.: Rückkäufe) sollen sie besorgt haben.

Die fünf Angeklagten bzw. ihre Rechtsvertreter, die heute, Freitag, die Anklageschrift auf dem Postweg zugestellt bekommen haben, haben nun vier Wochen Zeit, dagegen Einsprüche vorzubringen. Diese müsste das Wiener Oberlandesgericht (OLG) behandeln. Loidls Verteidiger Ernst Schallhammer meinte auf APA-Anfrage, es werde „zu 99 Prozent“ keinen Einspruch geben. Schillhammer hält diesfalls eine Hauptverhandlung noch vor dem BAWAG-Prozess, der Mitte Juli startet, für möglich.

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