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Alzheimer in Österreich

Wegen der steigenden Lebenserwartung rollt die Krankheitswelle bereits: Derzeit leben in Österreich rund 100.000 Demenzkranke, davon 60.000 bis 80.000 Personen mit fortschreitendem Morbus Alzheimer.

Im Jahr 2050 werden es schon rund 230.000 Betroffene sein. Doch genaue Zahlen fehlen. “Alzheimer in Österreich” ist sozusagen ein “unbekanntes Wesen”. Die Österreichische Alzheimer Gesellschaft will das ändern. Aus Anlass ihres Jahreskongresses in Wien präsentierte sie am Freitag das Projekt einer Datenbank für wissenschaftliche Auswertungen.

“Alle Zahlen zu diesem Thema sind Berechnungen aus internationalen Daten. Es gibt in Österreich eine sehr unterentwickelte Epidemiologie. Wir wissen nicht, wie viele Demenzkranke es gibt und an welcher Form der Erkrankung sie leiden. Wir wissen nicht, welche Therapie sie bekommen, welche Faktoren den Verlauf der Erkrankung modifizieren. Wir wissen auch nicht, welche sozialen Leistungen angeboten werden und welche angenommen werden. Wir brauchen ein Demenz-Register – und dazu gehört die Finanzierung”, sagte Reinhold Schmidt, Präsident der österreichischen Alzheimergesellschaft.

Rund 900.000 Euro würde es kosten, die 16 österreichischen Demenz-Ambulanzen (Memory-Kliniken) mit einem System auszustatten, über das anonymisiert Daten gesammelt und ausgewertet werden könnten. Morgen, Samstagabend, findet am Vortag des Welt-Alzheimer-Tages (21. September) im Wiener Konzerthaus ein Charity-Ball “memories 2008” statt, der zur Finanzierung beitragen soll.

Ein von der Gesellschaft noch völlig ungelöstes Problem ist die Betreuung von Alzheimer-Patienten. Antonia Croy von der Selbsthilfegruppe “Alzheimer Angehörige Austria”: “Die Betreuung von Alzheimer-Patienten ist noch immer Familiensache. 80 Prozent wird von den Familien geleistet. 80 Prozent der Pflegenden sind Frauen. Oft kommt es bei den Betroffenen zu Verhaltensänderungen, welche die Betreuer an den Rand der Belastbarkeit bringen.”

Zwar wolle man nun in Österreich Demenzpatienten pauschal 30 Stunden mehr Betreuungsleistung zusätzlich zur Einstufung für das Pflegegeld zukommen lassen, die Details der geplanten Regelung seien aber kompliziert, man wisse auch nicht, ob nicht bereits schwerkranke Alzheimer-Betroffene womöglich schlechter aussteigen. Die Erhöhung des Pflegegeldes insgesamt werde durch Erhöhungen bei den Tarifen wieder aufgefressen, sagte Antonia Croy.

Speziell käme es auf den Aufbau von Netzwerken auf Gemeinde- und Regionalebene mit entsprechenden Hilfsangeboten an. Hier hat die Alzheimer-Gesellschaft gemeinsam mit der Caritas ein solches Projekt in der Steiermark in der Region um Weiz und Graz-Umgebung mit einer Bevölkerung von rund 70.000 Menschen (50 Gemeinden) gestartet. Solidarische Hilfe in der Nachbarschaft soll hier speziell gefördert werden.

Wissenschaftlich konzentriert sich die internationale Forscherszene derzeit vor allem auf aktive und passive Impfungen zur Beeinflussung der Alzheimer-Krankheit. Auch in Wien gibt es ein Biotech-Unternehmen (Afiris), das an einer solchen Immunisierung arbeitet. Dabei soll das Immunsystem der Betroffenen mit der Bildung von Antikörpern gegen jene toxischen Amyloid-Beta-Protein-Ablagerungen reagieren, welche im Rahmen von Morbus Alzheimer das Gehirn zunehmend schädigen. Peter Dal-Bianco, Spezialist von der Wiener Universitätsklinik für Neurologie (AKH): “Es geht um eine Modifikation des Krankheitsverlaufes.” Heilung sei nicht zu erwarten.

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