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"Allergie-Antikörper" gegen Krebs

Die Allergie-Forschung könnte - eventuell - den Onkologen bessere Mittel zur Behandlung von Krebspatienten bereitstellen. Tagung in Wien.

Maßgeschneiderte monoklonale Antikörper gegen Tumor-Bestandteile, die jenen ähneln, die Allergien auslösen. „Diese IgE-Antikörper haben bis zu 100.000 Mal höhere Bindungskraft an ihre Rezeptoren als die bisher verwendeten IgG-Antikörper“, sagte am Montag beim ersten internationalen Symposium über Allergie-Onkologie die britische Expertin Hannah Gould (King’s College/London) in Wien.

„Monoklonale Antikörper mussten einen langen Weg zurücklegen, bis sie bei Patienten verwendet wurden. Sie verlängern die Überlebenszeit von Krebspatienten, heilen diese aber nicht“, erklärte die Wissenschafterin.

Das Problem: Monoklonale Antikörper wie Trastuzumab („Herceptin“) besitzen zwar einen Anti-Tumor-Effekt, zum Beispiel bei Brustkrebs, doch nach einiger Zeit verschwindet die Wirkung wieder. Die Antikörper sind den natürlichen Immunglobulin G-Antikörpern nachgebaut, wie sie zum Beispiel bei Infektionen entstehen. Ihre Affinität zu ihren Zielstrukturen ist aber nicht besonders stark.

Hannah Gould: „Jene, die man bei Krebs schon einsetzt, wirken gut bei bösartigen Bluterkrankungen, doch bei soliden Tumoren (Karzinome, Anm.) haben sie einen schwächeren Effekt.“

Als Alternative gehen Wissenschafter, auch Teams von der Medizinischen Universität Wien, dazu über, die aus den Allergien bekannten IgE-Antikörper in ihrer Wirkung gegen Krebs zu erforschen. Die britische Wissenschafterin: „Sie führen auch in soliden Tumoren zu einer sofortigen Überempfindlichkeitsreaktion, müssen nur in geringer Konzentration anwesend sein – und schließlich gibt es keine Ausweich-Reaktion der Tumorzellen.“ In den Tumor wandern zusätzlich auch noch Entzündungszellen ein, welche dazu beitragen, bösartige Zellen zu vernichten.

In Tierversuchen mit Mäusen, denen man Eierstock-Karzinom-Zellen in die Bauchhöhle implantierte und dann Abwehrzellen und einen IgE-Antikörper gegen den auf den Tumorzellen vermehrt vorkommenden Rezeptor für Folsäure verabreichte, zeigten sich gute Ergebnisse: Die Überlebenszeit der Tiere wurde von normalerweise 22 Tagen in etwa verdoppelt. Gab man ihnen monoklonale IgG-Antikörper, änderte sich nichts. Schön langsam wollen sich die Wissenschafter jetzt in Richtung Patienten-Studien vorarbeiten.

Kontroversiell sind die Beobachtungen der Epidemiologen in Sachen Allergie und Krebs. Michelle Turner von der Universität von Ottawa hat die Daten von 1,184.588 US-Einwohnern analysiert. In einem Zeitraum von 18 Jahren wurde überprüft, ob Allergien – Heuschnupfen und/oder Asthma – mit mehr oder weniger Krebs-Todesfällen korreliert war. Lagen beide allergischen Erkrankungen vor, war das Todesrisiko durch eine bösartige Krankheit um zehn Prozent reduziert. Doch sprichwörtlich überragend ist dieser Unterschied nicht.

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