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Allegro Vivo: " Bekomme noch immer Gänsehaut"

Am kommenden Wochenende startet das Waldviertler Kammermusik-Festival Allegro Vivo sein bis 19. September dauerndes Programm. Zum 32. Mal hat Festival-Gründer Bijan Khadem-Missagh Konzerte und Kurse organisiert und Künstler eingeladen.
Festival-Gründer Bijan Khadem-Missagh

“Es fasziniert mich nach wie vor jedes Jahr, und ich bekomme noch immer Gänsehaut, bevor es losgeht”, versichert der 61-jährige Geiger und Dirigent im Gespräch mit der APA, “Wenn dem nicht so wäre, wäre es ein schlechtes Zeichen.”

“Wie im Traum” heißt das diesjährige Motto. Mit der Gründung des Festivals 1979 habe er den Traum verwirklichen wollen, in einer “Oase der Stille” im Waldviertel Menschen zusammenzubringen, “die meine Begeisterung teilen. Was ich mir nicht hätte träumen lassen, war, welche Dimension das einmal annehmen wird.” Was im Saal von Schloss Altenburg (“Für manche der schönste Saal nördlich der Donau”) begonnen hatte, umfasst heuer über 50 Konzerte an 30 verschiedenen Orten wie das Kunsthaus Horn, die Burg Raabs oder Schloss Ottenstein. Das Festival, das rund die Hälfte seines Budgets durch Karteneinnahmen, Sponsoring und Kursgebühren selbst erwirtschaftet, wird vom Land mit einem fünfjährigen Fördervertrag unterstützt. Was der Bund für Konzerte und Sommerakademie zuschießt, “könnte allerdings wesentlich mehr sein”, deponiert der Festival-Leiter.

Die Nachwuchsarbeit trägt Früchte – auch in der eigenen Familie. Die jungen Geiger Martha und Vahid Khadem-Missagh, die beide als Kinder an den alljährlichen Sommerkursen teilgenommen haben (“Sie waren davon begeistert. Martha hatte als Dreijährige bei Allegro Vivo zum ersten Mal eine Geige in der Hand.”), sind heuer ins Eröffnungsprogramm im Palmenhaus Gmünd (Freitag) und auf Stift Altenburg (Samstag und Sonntag) eingebunden: Sie werden Bachs Doppelkonzert in d-Moll für zwei Violinen und Orchester spielen. Außerdem, verrät der Vater bereits die Zugabe, ist ein Satz aus dem “Konzert für 2 Solo-Violinen ohne Orchester” des 2001 verstorbenen Tiroler Komponisten Werner Pirchner geplant. “Pirchner hat beiden sehr viel bedeutet.”

Auf dem Eröffnungsprogramm steht aber auch Helmut Schmidingers “Postdormitium” für Streichorchester (1997), benannt nach der Übergangsphase zwischen Schlafen und Wachsein. “Er zitiert darin Bach. Ausgangspunkt sind aber Aufzeichnungen von Gehirnströmen Schlafender. Dort setzt er mit seiner Musik an”, begeistert sich Khadem-Missagh, der in Teheran in eine über mehrere Generationen reichende Musikerfamilie geboren wurde und 1958 als knapp Zehnjähriger nach Österreich kam. Noch mehr ins Schwärmen gerät der Konzertmeister des Tonkünstler Orchesters Niederösterreich allerdings, wenn er über den dritten Programmpunkt der Eröffnungskonzerte, Schönbergs “Verklärte Nacht” spricht: “Etwas derartig Geniales für die Darstellung der inneren Welt des Menschen und der Dinge, die ihn aufwühlen, gibt es kein zweites Mal.” Gespielt wird die späte Bearbeitung von Schönbergs op. 4, die der Komponist am Ende seines Lebens für Streichorchester vornahm.

Auch das übrige Programm, das von Clara und Robert Schumann bis zu Jacques Offenbach reicht, und bei dem Geiger Benjamin Schmid ebenso auftritt wie der Sänger Wolfgang Bankl oder der Schauspieler Martin Schwab, gruppiert sich um das “traumhafte” Generalmotto. Felix Mendelssohn-Bartholdys “Ein Sommernachtstraum” darf da ebenso wenig fehlen wie György Ligetis Streichquartett “Metamorphoses nocturnes”. Und die Strottern erzählen bei einem Konzert in Schönberg am Kamp von Träumen und Träumern aus Wien: “Tram weida!”

Und wovon träumt Bijan Khadem-Missagh? Lange denkt er nach und weiß nicht, wie er das formulieren soll, ohne pathetisch zu klingen. Doch der Musiker, der 1997 im Waldviertel auch die GlobArt-Akademie gründete, um Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst über ein neues globales Bewusstsein diskutieren zu lassen, kann nicht anders. Seine Vision sei es, “dazu beizutragen, der Erkenntnis nahezukommen, dass wir wirklich nur auf einem einzigen Planeten leben, und dass die Musik zum schönsten Ausdruck der menschlichen Seele zählt”.

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