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Alf Poier in Wien: "Braver" als sonst

Alf Poier, der kabarettistische Querdenker und philosophische Anarchist, ist privat wie auf der Bühne die gleiche Figur. Das mag man, oder das mag man nicht. Jetzt präsentiert er seine Gedanken im Wiener Orpheum.

Mit seinem neuen Programm “Satsang”, das gestern, Mittwoch, Abend im Wiener Orpheum Premiere feierte, verarbeitet er sein Museumsprojekt in Niederösterreich als “Botschafter für Bewusstsein, Scheißdreck und Kunst” nach einjähriger Bühnenpause: sehr unterhaltsam, jedoch nicht als typischer Poier zu bezeichnen.

Weniger wirre Gedankensprünge

Viel zu brav, zu bieder kommt Poier in seinem neuen Solo daher. Dann etwa, wenn er die Philosophien der Welt durchkaut, seine persönliche Sichtweise der Kunsttheorie darstellt und zum “Scheißdreck” in der Welt seinen Senf dazu gibt. Es ist ein wenig austauschbar, was der Comedian sich diesmal zusammengereimt hat, mitunter platt und ohne die typischen Poierschen wirren Gedankensprünge, die den Reiz seiner Abende üblicherweise ausmachen. Dem Publikum gefällt es, doch fast ein wenig gierig wartet man auf die einst so irritierenden Ausfälle auf der Bühne – beim Schlagzeugspielen oder mit brutalen, hysterischen Wortattacken.

Alf Poier ist in die Jahre gekommen, vielleicht auch, weil er die “ewige Suche nach der Erleuchtung” endgültig aufgegeben hat, oder weil er als “Haus- und Museums-Besitzer” doch ein wenig bieder geworden ist. Diese Antwort bleibt er dem Publikum schuldig. Dafür erfreut er nach wie vor auf unnachahmliche Weise mit seinen mitunter abstrusen Wortspielen: Etwa mit dem “Über-Schal”, sprich Überschall, oder dem Zweitwohnsitz, der immer “zweit weg” ist.

Bei seinen musikalischen Darbietungen holt Alf Poier wieder kräftig auf. Sieben Lieder aus eigener Feder gibt er zum Besten und kann damit tief die Herzen rühren und den großen Lacher erzeugen. Etwa wenn er das Wortvermächtnis eines Massenmörders vertont, seine Idealfrau besingt oder sich ein künstlerisches Vermächtnis mit “Ich bin auch nur ein Idiot” setzt – da passt jedes Wort, jede Bewegung und jede Geste.

Als “Satsang” bezeichnet man in der indischen Philosophie die Arbeit zwischen dem spirituellen Lehrer und seinen Schülern. Poiers Soloprogramm hat, bei längerer Betrachtung, durchaus die Anmutung eines “Satsangs”. Denn einiges des Gesagten, oft in Nebensätzen dahin gebrabbelten, geht einem erst auf dem Nachhauseweg auf. Doch sein neues Programm mutiert vor allem im zweiten Teil mehr zu einer Werbeveranstaltung für sein Museum in Niederösterreich – zur Zeit geschlossen – und zu einer Abrechnung mit einer Gratiszeitung aus der U-Bahn. Schade eigentlich, denn ein Alf Poier müsste über so etwas eigentlich auch ohne Erleuchtung erhaben sein.

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