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Alaska: Ölkatastrophe vielleicht verhinderbar

Durch eine überraschende Wetterberuhigung sind in Alaska die Chancen gestiegen, dass die drohende Ölkatastrophe nach dem Sinken eines malaysischen Frachters doch noch verhindert werden kann.

Die Küstenwache konnte am Sonntag (Ortszeit) eigenen Angaben zufolge drei Ölsperren zum Schutz von Fischen anbringen. Zur Bergung des havarierten Tankers wurden 150 Einsatzkräfte und massive Gerätschaft in das Naturschutzgebiet gebracht.

Zuvor hatte stürmisches Winterwetter die Arbeiten erschwert. Wieviel Treibstoff aus der „Selendang Ayu“ bisher ausgelaufen ist, war aber weiter unklar. Der Tanker war am Mittwoch vor den Aleuten aufgelaufen und auseinander gebrochen.

Die Küstenwache brachte die drei Ölsperren in Verbreitungsgebieten von Lachsen an, die die Fische vor dem Öl schützen sollten. Noch am Montag sollte mit dem Absaugen des Öls begonnen werden; weitere Ausleger sollten in einer zweiten Bucht ausgebreitet werden. So lange die See und das Wetter weiter ruhig blieben, bestehe große Hoffnung, mit den Bergungsarbeiten des Schiffswracks beginnen zu können, sagte ein Sprecher der Küstenwache. Neben den Einsatzkräften seien bereits mehrere Schiffe und Hubschrauber in das Unglücksgebiet nahe der Unalaska-Insel geschickt worden, das nicht über Straßen zugänglich ist. Damit sei es nun auch möglich, sich einen Überblick über die Ausmaße der Havarie zu verschaffen.

Die ruhige Wetterlage in der Region ist ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Wellen bis zu 3,70 Meter Höhe hatten bisher die Bergungsarbeiten erschwert. Aus bisher unbekannter Ursache stürzte am späten Donnerstag ein Rettungshubschrauber ab; dabei kamen wahrscheinlich sechs Menschen ums Leben. Die Behörden ermitteln zu dem Unfall. Alle 20 überlebenden Besatzungsmitglieder trafen unterdessen in der Hafenstadt Dutch Harbor ein. Dort sollten sie von Mitarbeitern der US-Transportsicherheitsbehörde NTSB befragt werden. Der Vorsitzende des malaysischen Schiffsbetreibers traf in der alaskischen Stadt Juneau mit Vertretern der Küstenwache zu Gesprächen zusammen.

Wie viel Öl bisher ausgelaufen ist, war zunächst weiter unklar. Eine Untersuchungsmannschaft habe im Heckteil des Tankers eine beschädigte Tankkammer entdeckt, teilte die Küstenwache mit. Luftaufnahmen zeigten, dass auch aus anderen Teilen Öl auslief. „Wir glauben nicht, dass alle Öltanks Löcher aufweisen“, sagte der Sprecher der Küstenwache. Die alaskische Umweltbehörde bezeichnete den Ölverlust als „sehr ernst“. Der 222 Meter lange Frachter sollte Sojabohnen aus dem US-Westküstenstaat Washington nach China transportieren. An Bord hatte er 1,8 Millionen Liter Schweröl und 80.000 Liter Diesel. Zu dem Unglück kam es, als die Maschinen des Schiffs aussetzten.

Die Insel Unalaska zählt zum Naturschutzgebiet Alaska Maritime National Wildlife Refuge, das 2.400 Inseln und Inselchen umfasst und Brutstätte für 40 Millionen Seevögel ist. Außerdem leben in der Region seltene Meeressäuger, so etwa bedrohte Arten aus den Familien der Seeotter und Seelöwen. Einige hundert Kilometer östlich der Stelle, an der die „Selendang Ayu“ auf Grund lief, hatte die Havarie des Öltankers „Exxon Valdez“ im Jahr 1989 die schlimmste Ölpest in der Geschichte der USA ausgelöst.

Übersicht schwerer Tankerunfälle und Ölverschmutzungen

Immer wieder führen Tankerunglücke wie zuletzt in der vergangenen Woche vor der Küste Alaskas zu verheerenden Umweltverschmutzungen. Das schwerste Unglück in einer langen Kette solcher Katastrophen ereignete sich im Frühjahr 1991, als im Golfkrieg schätzungsweise 570 Millionen Liter Rohöl (570.000 Tonnen) aus Ölverladestationen in Kuwait oder zerstörten Tankern ausliefen und zur größten Ölpest der Geschichte führten. Im Folgenden eine Übersicht der schwersten Tankerunfälle der vergangenen 15 Jahre:

28. Jänner 1989; Das argentinische Tank- und Versorgungsschiff „Bahia Paraiso“ läuft südlich von Kap Hoorn auf einen Felsen und sinkt. Knapp tausend Tonnen Dieselöl bilden vor der bis dahin unberührten Küste der Antarktis einen Ölteppich von zehn Kilometern Länge.

24. März 1989: Die „Exxon Valdez“ havariert im Prinz-William-Sund vor Alaska. 41.000 Tonnen Öl verschmutzen ein Naturschutzgebiet vor der Küste.

19. April 1992: Vor der Küste Mosambiks schlägt der mit 66.000 Tonnen Öl beladene griechische Tanker „Katina P“ leck und läuft auf Grund. Der Tanker verliert auf der Steuerbordseite die gesamte Ladung eines Tanks.

3. Dezember 1992: Der griechische Tanker „Aegean Sea“ läuft bei der Einfahrt in den nordspanischen Hafen La Coruna auf felsigen Grund und bricht auseinander. Etwa 81.000 Tonnen Öl laufen ins Meer.

5. Jänner 1993: Der liberianische Tanker „Braer“ läuft vor den Shetlandinseln auf ein Riff. 98.000 Tonnen Rohöl fließen in die Nordsee.

25. Jänner 1994: Der in Malta registrierte Tanker „Cosma A“ mit 23.000 Tonnen Rohöl an Bord explodiert 500 Kilometer südlich von Hongkong auf der Fahrt von Indonesien nach Schanghai.

16. Februar 1996: Der Tanker „Sea Empress“ läuft vor der Südwestküste von Wales auf Grund und schlägt leck. Rund 70.000 Tonnen Öl fließen in Meer.

2. Jänner 1997: Der russische Tanker „Nachodka“ bricht in einem Sturm vor der Küste Japans auseinander. Etwa 20.000 Tonnen Heizöl treiben auf die Küstenstadt Fukui im Osten Japans zu.

12. Dezember 1999: Vor der Bretagne bricht bei schwerer See der in Malta registrierte und mit rund 26.000 Tonnen Heizöl beladene Tanker „Erika“ auseinander. Etwa 17.000 Tonnen Heizöl fließen aus. Es bildet sich ein Ölteppich von einem Kilometer Länge und 300 Meter Breite, der parallel zur Küste treibt.

3. Oktober 2000: Die in Panama registrierte „Natuna Sea“ läuft im Seegebiet zwischen Singapur und Sumatra auf Grund und schlägt Leck. Vier Öltanks des Schiffs mit insgesamt 40.000 Tonnen Rohöl werden dabei beschädigt. Über 7.000 Tonnen Öl gelangen ins Wasser.

16. Jänner 2001: Vor der Insel San Cristobal strandet der ecuadorianische Tanker „Jessica“. 643.500 Liter Dieselöl fließen ins Meer. Der Ölteppich bedroht die Galapagos-Inseln.

29. März 2001: Nach der Kollision des unter der Flagge der Marshallinseln fahrenden Doppelhüllentankers „Baltic Carrier“ und dem zypriotischen Zuckerfrachter „Tern“ fließen mehr als 1.500 Tonnen Schweröl in die Ostsee nördlich der deutschen Halbinsel Darß.

10. September 2002: Auf dem italienischen Frachter „Jolly Rubino“ bricht im Maschinenraum ein Feuer aus. Von der Mannschaft verlassen, läuft der Tanker zwei Tage später vor der Küste von Kap St. Lucia, rund 600 Kilometer östlich von Johannesburg, auf Grund.

13. November 2002: Vor der nordwestspanischen Küste gerät ein auf den Bahamas registrierter Tanker in Seenot. Die „Prestige“, die 77.000 Liter Öl gelanden hat, zieht einen mehrere Kilometer langen Ölteppich hinter sich her. Sie bricht sechs Tage nach der Havarie entzwei.

27. Juli 2003: Der im Sturm vor der pakistanischen Küste gestrandete Tanker „MT Tasman Spriti“ verliert rund 25.000 Tonnen Rohöl.

8. Dezember 2004: Die „Selendang Ayu“ erleidet an der Westküste von Unalaska, einer der Aleuten-Inseln, Schiffbruch und bricht auseinander. An Bord befinden sich rund 1,8 Millionen Liter Bunkeröl und Diesel. Beim Auseinanderbrechen des Frachters wurde offenbar ein Tank beschädigt, in dem sich 150.000 Liter Öl befanden.

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