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"Aktion 20.000" für ältere Arbeitslose wird fortgesetzt

Ältere Menschen sind in Österreich deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen.
Ältere Menschen sind in Österreich deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. ©APA/DPA/JULIAN STRATENSCHULTE (Sujet)
Im Jahr 2020 stehen im Rahmen der wiederbelebten "Aktion 20.000" 50 Millionen Euro zusätzlich für ältere Arbeitslose zur Verfügung.
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Die von der türkis-blauen Regierung unter großer Kritik beendete Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose über 50 wird in veränderter Form fortgesetzt.

Mehr Geld für ältere Langzeitarbeitslose

2020 stehen 50 Mio. Euro zusätzlich für ältere Arbeitslose zur Verfügung. Das wurde bereits vor der Nationalratswahl 2019 auf Antrag der SPÖ zusammen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt beschlossen. Nun sagt die türkis-grüne Regierung, was sie vorhat.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) wollen mit den 50 Mio. Euro "auch Älteren eine echte Beschäftigungsperspektive am Arbeitsmarkt bieten", wie es in einer Presseunterlage heißt und wie bereits mehrere Tageszeitung und der ORF am Donnerstag berichteten.

Luxemburger Modell als Vorbild

Die Ministerin und der Minister möchten bestehende Angebote wie die Eingliederungsbeihilfe weiterentwickeln und diese "speziell im Interesse älterer Arbeitssuchender verbessern". Bei der Beihilfe handelt es sich um einen Zuschuss zu den Lohnnebenkosten, den Firmen bekommen, die Langzeitarbeitslose einstellen. Den Ministerien zufolge werden dafür jetzt schon mehr als 200 Mio. Euro aufgewendet. Die Aktion ist recht erfolgreich: Jede vierte Beschäftigungsaufnahme von Menschen über 50 sei auf die Eingliederungsbeihilfe zurückzuführen.

Eines der Vorbilder der Regierung ist das Luxemburger Modell. In dem kleinen reichen Land gleicht der Staat Langzeitarbeitslosen (mindestens ein Monat) ab 45 Jahren den Einkommensunterschied zwischen altem und neuen Job eine Zeit lang aus, um sie zur Wiederaufnahme einer Beschäftigung zu motivieren. Vier Jahre garantiert Luxemburg eine jährliche Vergütung von 90 Prozent des letzten Entgelts. Auch Luxemburger, die ihren Job verloren haben, weil es ihrem Arbeitgeber wirtschaftlich schlecht ging, können die Wiedereingliederungshilfe bekommen, wie die Luxemburger Regierung auf ihrer Website erläutert.

Fokus auf Beratungsabgebote

In Österreich will die ÖVP-Grünen-Regierung neben den Maßnahmen des Arbeitsmarktservice (AMS) auf Beratungsangebote fokussieren, zum Beispiel auf die Demografieberatung für Betriebe. Sozialminister Anschober nennt als weiteren Schwerpunkt "ein Vorziehen und Ausbauen frühzeitiger und damit rechtzeitiger Beratungsangebote für ArbeitnehmerInnen wie Fit2Work, um Gesundheit zu erhalten und Erkrankungen im Job und durch den Job zu vermeiden."

Ältere Menschen sind in Österreich deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als der Schnitt der Gesamtbevölkerung. Im Jänner 2020 sank die allgemeine Arbeitslosigkeit (inklusive Schulungen) weiter um 2,9 Prozent, bei älteren Personen ab 50 stieg sie hingegen leicht um 0,1 Prozent. Fast 30 Prozent der Menschen ohne Job sind über 50 Jahre alt.

Ältere sind zwar der Regierung zufolge häufig stabil beschäftigt und werden seltener arbeitslos, wenn sie es aber einmal sind, finden sie schwerer eine neue Stelle, sind also länger ohne Job. Ältere Menschen sind im Schnitt 178 Tage arbeitslos, im Gesamtdurchschnitt beträgt die Verweildauer 121 Tage. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen beträgt bei Älteren 45 Prozent, der Schnitt quer durch alle Altersgruppen liegt bei 34 Prozent.

Kritik von FPÖ, Lob von SPÖ, WKÖ

Die FPÖ kritisiert die neue Regierungsaktion für ältere Langzeitarbeitslose. Die ÖVP wiederhole damit nur den "seinerzeit missglückten 'Stöger-Wöginger-Beschluss'", so die blaue Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch im Hinblick auf die unter großer Kritik von der alten ÖVP-FPÖ-Regierung abgedrehten "Aktion 20.000". SPÖ und Wirtschaftskammer begrüßen hingegen die Regierungsvorhaben.

Es sei spannend, dass die ÖVP nun doch gemeinnützige Vereine und NGOs unterstützen möchte, so Belakowitsch in einer Aussendung. "Es ist nämlich hinlänglich bekannt, dass die Aktion 20.000 in Wirklichkeit nicht funktionierte, denn nur 30 Prozent der Arbeitnehmer, die daran teilnahmen, haben auch eine dauerhafte Beschäftigung bekommen."

Die Aktion 20.000 war im Sommer 2017 von der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung ins Leben gerufen worden und wurde später von der ÖVP-FPÖ-Regierung abgeschafft. Als Gründe wurden zu hohe Kosten bei fehlender Nachhaltigkeit ins Treffen geführt.

Mit der alten "Aktion 20.000", einem Prestigeprojekt des damaligen SPÖ-Kanzlers Christian Kern, bekamen ältere Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos waren, einen vollständig vom Staat geförderten, gemeinnützigen Arbeitsplatz für maximal zwei Jahre. Ziel war es, bundesweit in Gemeinden 20.000 Stellen pro Jahr über gemeinnützige Vereine und Unternehmen zu schaffen.

3.824 Personen über die "Aktion 20.000" vermittelt

Letztendlich kamen nur 3.824 Personen über die "Aktion 20.000" zu einem Job, wie eine Ende Dezember 2019 veröffentlichte Evaluierung im Auftrag des Sozialministeriums ergab. Die bereits abgeschaffte Jobinitiative hat ihr Potenzial sohin nur zu 5 Prozent ausgeschöpft, möglich wäre gewesen, zwischen 1. Juli 2017 und 31. Dezember 2017 74.361 ältere Langzeitarbeitslose zu vermitteln. Von denen, die teilgenommen haben, hatte knapp jeder Dritte auch drei Monate nach Förderende noch einen Job.

Nach Ansicht von SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch war die Aktion 20.000 "ein Erfolg", wie er in einer Aussendung sagte. Es sei "erfreulich, dass die ÖVP-Ministerin (Christine Aschbacher, Anm.) den sozialdemokratischen Weg fortsetzt." "Die ehemalige schwarz-blaue Regierung hat die erfolgreiche Aktion 20.000 in einer Nacht- und Nebelaktion abgedreht und diese Menschen im Regen stehen lassen", monierte Muchitsch erneut.

Die Wirtschaftskammer lobte die Regierung uneingeschränkt für ihr neues Jobprogramm. "Das Instrument der Eingliederungsbeihilfe hat sich als effizient und sinnvoll erwiesen", so WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Gut findet Kopf auch, dass ÖVP und Grüne für eine Zeit Einkommensunterschiede vor und nach der Arbeitslosigkeit ausgleichen wollen. "Damit wird den Arbeitnehmern vor allem in Übergangs- und Einarbeitungszeiten geholfen."

(APA/Red)

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