AK-Wahlen in Ostregion: Dämpfer für Renate Anderl

Dennoch gab es für die Präsidentin der Bundeskammer Renate Anderl einen Dämpfer, büßte die von ihr angeführte Liste in Wien doch Terrain ein. Ebenfalls moderate Verluste setzte es für die FSG im Burgenland, während man in Niederösterreich die Vormachtstellung sogar noch ausbauen konnte.
Denn auch freiheitliche Arbeitnehmer, Christgewerkschafter und Grüne Arbeitnehmer mussten Verluste hinnehmen. Geschuldet ist dies dem Antreten von gleich 16 Listen, die allesamt Mandate erreichten. Anderl freute sich am Donnerstag trotzdem über ein "tolles Ergebnis".
Laut dem vorläufigen Endergebnis kam die FSG auf 57,5 Prozent, was einem Minus von 3,2 Prozentpunkten entspricht. Platz zwei mit 8,4 Prozent nehmen nun trotz eines Verlusts von 0,6 Punkten die Freiheitlichen Arbeitnehmer ein. Sie überholen die Christgewerkschafter, die um 2,9 Punkte auf 6,9 Prozent abstürzen. Auch die Liste GEMEINSAM der Alternativen, Unabhängigen und Grüne Gewerkschafter:innen muss starke Einbußen von 3,1 Prozentpunkten hinnehmen und landete bei fünf Prozent.
Damit wird sie sogar von der bürgerlichen Grünen-Liste GA überholt, die auf 5,1 Prozent kommt. Erfolgreich waren die links außen angesiedelten Listen. Besonders freuen durfte sich die erstmals antretende LINKS-Liste des Würstelstand-Mitarbeiters Florian Rath. Sie kam auf 2,4 Prozent. Dazu kommen die Kommunistische Gewerkschaftsinitiative International mit 1,7 Prozent und der Gewerkschaftliche Linksblock mit 1,5 Prozent.
Auch die NEOS mit ihrem für eine Arbeitnehmer-Wahl ungewöhnlichen Programm wie einem Nein zu Pflichtmitgliedschaft und Arbeitszeit-Verkürzung schafften den Einzug. 2,7 Prozent schauten letztlich heraus.
Gesunken ist die Wahlbeteiligung. Lag sie vor fünf Jahren noch bei 42,3 Prozent, dürfte sie laut Hochrechnung heuer nur 40 Prozent betragen haben. Das endgültige Ergebnis wird kommenden Samstag vorliegen, wenn sämtliche Briefwahl-Stimmen eingelangt sind.
AK-Präsidentin Renate Anderl zeigte sich am Donnerstag "riesig" erfreut über das Resultat. "Das ist ein tolles Ergebnis", befand sie in einer Pressekonferenz. Die Verluste seien wohl damit zu erklären, dass es so viele Listen wie noch nie gegeben habe - von denen eine etwa auch mit 0,6 Prozent Stimmanteil den Einzug geschafft habe, gab sie zu bedenken. Auch andere etablierte Listen wie die FCG oder die Freiheitlichen hätten Stimmanteile verloren.
Anderl: Kein Grund zum Jubel, noch zur Trauer
Mit besonderem Interesse wird stets das Ergebnis in der Bundeshauptstadt betrachtet, stellt die Wahlsiegerin doch dann traditionell auch die Präsidentin der Bundesarbeitskammer. Das Resultat gab dann für Anderl weder besonderen Grund zum Jubel noch zur Trauer.
Die FSG büßte zwar 3,2 Prozentpunkte ein, blieb mit 57,5 Prozent aber mit Riesenabstand stärkste Kraft. Denn auch die Verfolger mussten Federn lassen, am wenigsten noch die freiheitlichen Arbeitnehmer, die daher trotz eines Minus von 0,6 Punkten mit 8,4 Prozent Platz zwei eroberten. Die Christgewerkschafter verloren nämlich sogar 2,9 Prozentpunkte und verfügen nur noch über 6,9 Prozent. Unangenehm wurde es auch für die Grünen und Unabhängigen, deren fünf Prozent ein Minus von 3,1 Punkten bedeuteten.
Mit Blick auf die Nationalratswahl im kommenden Herbst nicht uninteressant ist, dass Splittergruppen vom linken Rand durchaus zufrieden sein konnten. LINKS, KOMintern und Gewerkschaftlicher Linksblock kamen zusammen gezählt auf immerhin 5,6 Prozent und lagen damit deutlich vor der erstmals kandidierenden NEOS-Liste, die 2,7 Prozent auf sich vereinen konnte. Freilich hatten sich die NEOS auch deutlich von den anderen Listen abgehoben, indem sie etwa - für eine Arbeitnehmer-Wahl untypisch - mehr Urlaub, kürzere Arbeitszeiten und Kammer-Pflichtmitgliedschaft ablehnten.
Besser lief es für die roten Gewerkschafter in Niederösterreich
Besser als in Wien lief es für die roten Gewerkschafter in Niederösterreich. Unter Präsident Markus Wieser konnten sie ihre absolute Mehrheit nicht nur behaupten sondern sogar um mehr als zwei Prozentpunkte auf nunmehr 64 Prozent ausbauen. Die Volkspartei Niederösterreich NÖAAB-FCG fuhr ein Minus von sechs Punkten ein, was gerade noch für Platz zwei reichte. Für die Freiheitlichen Arbeitnehmer gab es ein Plus von 3,7 Punkten. Vor fünf Jahren betrug der Abstand zwischen schwarzen und blauen Arbeitnehmer-Vertretern noch elf Prozent - nun ist es zwischen den Teilorganisationen der Koalitionspartner in der Landesregierung nur noch einer. Die Kommunisten (KOMintern) verdreifachten sich in Niederösterreich auf 1,8 Prozent, die Grünen legten leicht auf 3,6 Prozent zu.
Stabil sind die Machtverhältnisse im Burgenland. Die FSG verlor zwar rund drei Prozentpunkte, kann sich aber mit Präsident Gerhard Michalitsch dennoch über eine satte Zwei-Drittel-Mehrheit (68,8) freuen. Trostpreis für die Volkspartei an diesem Wahlabend: Die ÖVP-Arbeitnehmer holten mit Spitzenkandidat Johannes Mezgolits ein leichtes Plus von 0,6 Prozentpunkten und erreichten 18,5 Prozent. Das größte Plus machten mit 1,8 Prozentpunkten die Freiheitlichen Arbeitnehmer, was am Ende 9,4 Prozent bedeutete. Alternative, Unabhängige und Grüne Gewerkschafter:innen freuten sich über eine Zugewinn auf 3,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag vorerst bei enttäuschenden 33 Prozent. In Niederösterreich war sie mit 34,5 Prozent nur unwesentlich höher. Wien mit 40 Prozent schnitt in der Ostregion vergleichsweise noch am besten ab.
Abgeschlossen wird die Arbeiterkammer-Wahl in der Steiermark. Dort kann noch bis 29. April abgestimmt werden.
Anderl: "Und mit Armen kann man keine Geschäfte machen"
Die Wahl sei jedenfalls auch ein Auftrag, weiter beharrlich bei wichtigen Themen wie fehlende Bezahlung für Überstunden oder Arbeitszeitverkürzung zu sein, zeigte sich Anderl überzeugt. Auch warnte sie einmal mehr vor Kürzungen bei den Lohnnebenkosten. Wer solche vornehmen wolle, erzeuge wissentlich Armut. "Und mit Armen kann man keine Geschäfte machen", verwies sie auf mögliche Einbußen bei der Kaufkraft. "Das Ergebnis zeigt, dass die Bundesregierung des Öfteren auf die Arbeiterkammer hören sollte", meinte Anderl.
Analysen bzw. Umfrageergebnisse zum Resultat wurden von Eva Zeglovits (IFES) und Christoph Hofinger (Foresight) präsentiert. Hier stand vor allem der Rückgang bei der Wahlbeteiligung im Fokus. Die Anzahl der abgegebenen Stimmen war mit 308.000 in etwa gleich wie 2019, wurde betont. Allerdings ist die Zahl der Wahlberechtigten gestiegen. Viele von ihnen würden nicht wissen, dass sie ihre Stimme abgeben könnten - weil sie als Nicht-Österreicher sonst nicht wahlberechtigt seien, wurde hervorgehoben. Das erschwere, die Wahlbeteiligung zu organisieren.
Auch seien Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr so oft im Betrieb, sondern häufiger im Homeoffice. Zudem sei 2019 von damals sehr aktuellen Themen wie dem 12-Stunden-Tag geprägt gewesen. "Da war ein bisschen mehr Aufregung im System", formulierte es Hofinger.
Anderl und die FSG durften sich am Donnerstag über einen Reigen an Gratulationen freuen. Glückwünsche kamen von roten Gewerkschaftern genauso wie aus dem Wiener Rathaus sowie von Vertreterinnen und Vertretern der Bundespolitik. Die sozialdemokratischen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaft würden jeden Tag für die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kämpfen und einschreiten, wenn Unrecht geschehe, betonte SPÖ-Chef Andreas Babler. Die Arbeitnehmer wüssten, wer ihre Interessen vertrete.
Über die Mandate für die NEOS zeigte sich der Wiener NEOS-Obmann, Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, erfreut. Das Ergebnis sei ein unglaublicher Erfolg und habe alle Erwartungen übertroffen, ließ er via Aussendung wissen.
(APA/Red)