AA

Ain’t no Führer when he’s gone

&copy APA
&copy APA
Eigentlich wollte sie doch ein großer Filmstar werden, und jetzt kämpft sie gegen ganz Deutschland um die Gunst des Mannes mit dem angeklebt wirkenden Schnauzbart.

“Ich bin das Tschapperl vom Führer.” Fast überrascht wirkt Eva Braun, dass es dazu gekommen ist. Die Premiere von „Fräulein Braun“ sorgte gestern, Donnerstag, Abend für einen gelungenen Auftakt im von nun an als Nebenbühne fungierenden „Empfangsraum“ des Volkstheaters.

Das so genannte „Führerzimmer“, dessen braune Holzvertäfelung von Volkstheater-Direktor Michael Schottenberg abgetragen wurde und das anschließend im Zentrum einer Diskussion rund um Denkmalschutz von Nazi-Architektur stand, lieferte nach seiner Wiederherstellung das passende Ambiente für den satirischen Monolog von Ulrich Hub. Auch wenn die Inszenierung von Katrin Hiller nur mühsam in Fahrt kam, zog Ivanka Brekalo mit ihrer Darstellung der Geliebten Adolf Hitlers das Publikum bald in ihren Bann. Am Ende gab es viel Applaus.

Die räumliche Enge des „Empfangsraums“ und die Kerzenbeleuchtung des dunklen Zimmers sorgen für eine unheimliche Atmosphäre. Schon während die rund 20 Premierengäste ihre Plätze einnehmen, hört man das Flüstern einer fast nicht sichtbaren, an die Rückwand gepressten Frau. Als es heller wird, beginnt Eva zu erzählen – wie sie den Führer beim Leberkäse-Essen kennen gelernt hat, die ersten Treffen, das Abriegeln der ganzen Straße, in der sie lebt. Immer öfter weicht bald aber die Faszination des „wichtigsten Mannes Deutschlands“ der Enttäuschung, dass ihrem Wunsch nach Anerkennung und Ruhm nur wenig Bedeutung zugemessen wird.

Anfangs stört sie sich noch an „seiner“ Angst, mit ihr baden zu gehen, weil Badehosen-Fotos „politisch vernichtend“ wären (was ja, wie man heute weiß, nicht unbedingt der Fall sein muss). Später dominiert der Wunsch nach Heirat und dem Mutterkreuz, doch ihr Status wird sich nicht wirklich ändern. Dass sie als „Tschapperl des Führers“ auf der Weltbühne schließlich doch zu einem gewissen Ruhm gekommen ist und das mit der Heirat doch noch klappt, ist nur noch Kosmetik – denn das Ende des Krieges ist da und der Freitod durch Zyankali wartet.

Fast entwickelt man Sympathie für die Frau, die gleichzeitig von ihrem Leben und von der deutschen Geschichte erzählt. Doch dazu funktioniert der Monolog zu gut, und dazu ist das übertriebene Spiel der jungen Brekalo zu treffsicher. Stets gemeinsam mit ihrem „Schäferhund“ Raphael von Bargen auf der Bühne, zelebriert sie ihren sexuell aufgeladenen Text, auch wenn statt dem Lasziven stets mehr das Luder im Vordergrund steht.

Für die komischen Höhepunkte sorgt von Bargen: Wenn er als Überleitung am Klavier „Ain’t no Führer when he’s gone“ (statt „Ain’t no Sunshine“) zum Besten gibt, zeugt das von großer Klasse. Auch sein nachgemachtes Telefonklingeln „Nürrrrrrnberrrrrg“ lässt schmunzeln. Dazu kommen mehrere gute Regieeinfälle, die das rund einstündige Stück locker tragen – und eben das dunkelbraune „Führerzimmer“. Auf dieses wird wenig Rücksicht genommen, Brekalo fährt zwischendurch mit ihren Rollschuhen immer wieder mit Genuss in die frisch erneuerten Wände. Der „Empfangsraum“ scheint ein guter Rahmen für engagierte und kritische Auseinandersetzungen mit der jüngeren Geschichte zu sein.

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Wien - 7. Bezirk
  • Ain’t no Führer when he’s gone
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen