“Es sieht so aus, als ob es eher in die Richtung eines Schiedsspruchs geht”, sagte Ahtisaari in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. “Sollte das der Fall sein, würde ich mich selbst ausschließen, weil man dann einen Juristen bräuchte.” EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn solle daher eher nach einem “erfahrenen Juristen” als Streitschlichter suchen, empfahl der Friedensnobelpreisträger seinem finnischen Landsmann am Montag (Ortszeit) in Washington.
Rehn hat die Einsetzung eines dreiköpfigen internationalen Weisenrats unter Leitung Ahtisaaris zur Lösung des Grenzkonflikts vorgeschlagen. Zagreb wehrt sich gegen diese Lösung, weil Ahtisaari kein Jurist ist. Kroatien wünscht sich nämlich eine Anrufung des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in dem Konflikt und würde dem Weisenrat höchstens das Recht zubilligen, den Rahmen für ein IGH-Verfahren auszuarbeiten. Wegen der kroatischen Bedenken gegen seinen Vorschlag sagte Rehn vorige Woche ein Dreiertreffen mit den beiden Außenministern Samuel Zbogar und Gordan Jandrokovic kurzfristig ab.
Der finnische Ex-Präsident Ahtisaari sprach sich dafür aus, dass die EU-Vermittlung angesichts der kroatischen Position “zumindest ein bisschen Ähnlichkeit mit einem juristischen Verfahren aufweisen” sollte. Daher habe er Rehn vorgeschlagen, seine eigene Einbindung in den Weisenrat noch einmal zu überdenken. “Es hat sich in so eine Richtung bewegt, auch meiner Meinung nach, dass es vielleicht klüger für ihn wäre, nach einem erfahrenen Juristen in dieser Frage zu suchen”, sagte Ahtisaari, der glaubt, dass Kroatien seine Forderung nach einer Einschaltung des IGH möglicherweise fallen lassen wird. “Ich weiß nicht, aber ich bin sicher, dass sie erkennen werden, dass dies ihre Beitrittsgespräche noch zusätzlich aufschieben könnte, weil es viel länger dauern wird”, meinte er mit Blick auf die oft jahrelangen IGH-Verfahren.
Über Rehns jüngsten Lösungsvorschlag ist bisher nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Spekulationen zufolge ist Rehn auf die kroatischen Bedenken eingegangen, indem er explizit festhielt, dass sich die vom Weisenrat vorgeschlagene Lösung auf Basis des Völkerrechts bewegen muss. Der Ex-Präsident und Friedensnobelpreisträger hatte bisher immer betont, seine Beteiligung an den EU-Vermittlungsbemühungen hänge vom Mandat für den Weisenrat ab. Auf die Frage, ob die Lösung des slowenisch-kroatischen Konflikts zu seinen schweren Fällen zählen würde, sagte der frühere Kosovo-Beauftragte der UNO vergangene Woche in Brüssel: “Das scheint mir nicht so.”
Zagreb fordert, dass der Grenzstreit losgelöst von seinen EU-Beitrittsverhandlungen behandelt wird und wirft Ljubljana Erpressung vor. Die slowenische Regierung verweist auf kroatische Dokumente in den EU-Beitrittsverhandlungen, die den Grenzverlauf präjudizierten. Würde Slowenien sein Veto auf die Beitrittsgespräche zurückziehen und den kroatischen Dokumenten zustimmen, so die Befürchtung in Ljubljana, hätte es damit auch die kroatische Position im Grenzstreit akzeptiert.
Die slowenische Blockade hat im Dezember begonnen, für 24. April ist die nächste Runde in den EU-Beitrittsgesprächen mit Kroatien angesetzt. Kroatiens Premier Ivo Sanader hat um den 20. April ein Treffen mit seinem slowenischen Kollegen Borut Pahor in Aussicht gestellt, bei dem er ein Ende der slowenischen Blockade fordern will. Wichtigster Zankapfel in dem Konflikt ist die Seegrenze, die im gemeinsamen Staat Jugoslawien nie festgelegt war. Ljubljana behauptet, damals einen eigenen Zugang zu internationalen Gewässern gehabt und die gesamte Bucht von Piran kontrolliert zu haben. Zagreb bestreitet dies und verlangt die Hälfte der Bucht für sich.