Vor zwei Jahren gewann der israelische Regisseur Nadav Lapid mit "Synonymes" den Goldenen Bären der Berlinale. Für "Aheds Knie" heimste er - ex aequo mit Weerasethakuls "Memoria" - im Vorjahr den Jurypreis in Cannes ein. Würdigungen für zwei Filme, die sich der Vereinfachung von komplizierten Sachverhalten verweigern und ihren Weg suchen, um persönliche Erfahrung, Kunst und Politik zu verbinden. Nun kommt das Werk am Freitag ins Kino.
Aheds Knie - Kurzinhalt zum Film
Ahed Tamini, ein palästinensisches Mädchen, die 2018 bekannt wurde, weil sie einen israelischen Soldaten geschlagen hatte und dafür verurteilt wurde, ist eine starke, mutige Frau. Hauptfigur von "Aheds Knie" (ihr Knie steht deswegen im Titel, weil ein Politiker im Zuge der Affäre meinte, man hätte ihr ins Knie schießen sollen) ist jedoch nicht sie, sondern der kritische Filmemacher Y. (gespielt von dem Choreografen Avshalom Pollak), der einen Film über das Mädchen vorbereitet. Schwierigkeiten mit den Behörden bahnen sich bereits an.
Noch ist er aber mit seinem gefeierten jüngsten Film auf Tour. Von der jungen, engagierten Leiterin eines in der Wüsteneinsamkeit gelegenen Kulturzentrums wurde er eingeladen, seinen Film zu zeigen und zu diskutieren. Mit einer Minimaschine landet er in der Negev-Wüste und wird überaus freundlich empfangen. Eine Liebesaffäre liegt in der Luft. Doch zur Affäre wird ein anderer Umstand: Die Kulturbeamtin konfrontiert Y. mit einem neuen Formular, auf dem noch vor der Veranstaltung anzugeben ist, welche Gesprächsthemen man bei der Diskussion anzusprechen beabsichtige. Gesellschaftskritische Statements sind offensichtlich unerwünscht. Der Regisseur wittert einen Skandal und täuscht die junge Frau, um die Zensur der Behörden öffentlich zu machen. Doch in der Einschätzung des Publikums täuscht er sich selbst: Mit seiner hinterlistigen Vorgangsweise bringt er das Publikum gegen sich auf. Gewalt liegt in der Luft.
Aheds Knie - Die Kritik
Lapid verarbeitet in dem Film eigene Erfahrungen mit der durch das israelische Kulturministerium ausgeübten Zensur und verschneidet eindrucksvolle Naturaufnahmen mit der unter der Oberfläche brodelnden Wut des introvertierten Filmemachers. Diese hat auch mit eigenen traumatischen Kriegserfahrungen zu tun, wird man im Verlaufe seiner langen Spaziergänge mit der jungen Kulturinstitutsleiterin erfahren. Und so wird in dem Film, in dem es um die großen Themen von Kunst, Politik, Gesellschaft und Natur geht, vor allem sehr viel geredet. Das Ende spitzt Nadav Lapid freilich melodramatisch zu. Und man weiß nicht recht, ob er das ernst meint, oder seine Branche dabei auf die Schaufel nimmt.
(APA/Red)