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"African Lace" im Völkerkundemuseum

"Ein reicher Mann geht nackt", lautet ein nigerianisches Sprichwort. Gemeint ist damit nichts anderes als Kleidung aus feinster Spitze - und zwar aus den Stickereibetrieben im Vorarlberger Lustenau. Seit 50 Jahren produziert man hier Spitzen-Stoffe spezifisch für den Markt in Nigeria.

Unter dem Titel “African Lace” widmet sich das Museum für Völkerkunde ab Freitag bis zum 14. Februar diesem kaum bekannten interkulturellen Phänomen. In Nigeria selbst sagt man aber natürlich “Austrian Lace”, wenn man über Mode spricht, so der Co-Kurator und nigerianische Museumsdirektor Nath Mayo Adediran bei der Pressekonferenz am Donnerstag.

Aus Nigeria, wo man am 1. Oktober die fünfzigjährige Unabhängigkeit von der britischen Kolonialherrschaft feierte, ist viel Besuch für die Ausstellungseröffnung angereist: Museumsleute, Journalisten, Designer aus der Modemetropole Lagos, die eigens für die Schau neue Kreationen gestalteten. Die Stoffe sponserte der Stickereiverband. Freitag Abend gibt es eine große Modenschau (19 Uhr), der Eintritt mit Ausstellungsticket ist frei. “Wir wollten diese Handelsbeziehung nicht einseitig verstehen. Wir liefern die Stoffe, sie liefern ihre Kreativität”, so Stickereiverbands-Präsident Thomas Riedmann.

Drei Jahre lang bereiteten Kuratorin Barbara Plankensteiner und ihre Kollegen in Nigeria die Ausstellung vor, durch die Mengen an Märkten und Modebranchen der 18-Millionen-Stadt Lagos ließ sie sich etwa vom Herausgeber der wichtigsten nigerianischen Modezeitschrift führen. Neben der farbenprächtigen Präsentation von Prunkstücken oder Heften mit Stickmustern zum Angreifen, geht es in der Schau aber auch um die Geschichte und die politische Seite der Stick-Mode.

Ihren Höhepunkt feierte die Handelsbeziehung mit Vorarlberg (heute wird diese Industriespitze auch in der Schweiz sowie in China und Korea hergestellt) während des Öl-Booms in den 70er Jahren. Später gab es Vorbehalte gegen den massiven Import und eine Forderung nach Rückbesinnung auf traditionelle nigerianische Stoffherstellung – “heute gilt die österreichische Spitze schon selbst als nigerianische Tradition”, so Plankensteiner.

Die Stoffe sind edel, die Muster vielfältig, die Farben leuchtend, vor allem aber sind auch die Schnitte raffiniert. Ob als Kopfbedeckung oder als Abendrobe, ob Männer-, Damen- oder gar Paaroutfit, die nigerianische Verarbeitung der Spitze hat in 50 Jahren eine faszinierende Designgeschichte durchgemacht. Neben der Kleidung selbst zeugen auch Fotografien, etwa des bedeutenden nigerianischen Künstlers J.D. Okhai Ojeikere, von der großen Lebensfreude der modischen Kreativität, die mit dem vorarlbergerischen Handwerk eine so kleidsame Symbiose eingegangen ist.

Entstanden ist sie übrigens durch Zufall: Ein Geschäftsmann der Lustenauer Spitzen-Industrie war eigentlich nur zur Zwischenlandung in Lagos, als er die Vorliebe der Bewohner entdeckte, sich von Hand Spitzen an die Kleidung zu nähen: Eine Export-Idee war geboren und zugleich die Spitze als interkultureller Spitzenreiter unter den Stoffen.

“African Lace”, von 22. Oktober bis 14. Februar, täglich außer Dienstag von 10 bis 18 Uhr, http://www.ethno-museum.ac.at

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