Ärger über Notreisende vor Haus

Feldkirch. (VN-gms) „Die Stimmung im Haus war sehr angespannt“, beschreibt Dieter Doppelhofer die Situation im Hochhaus am Bahnhof. Denn vor dem Gebäude versammelten sich immer wieder Notreisende. Und in regnerischen Nächten schliefen sie sogar direkt vor der Eingangstür. Die Polizei habe man öfters angerufen, klagt Doppelhofer, sie habe aber nur wenig bewirkt. Doppelhofer besitzt eine Wohnung im Haus und ist zudem der Hausmeister. Viele Bewohner wandten sich mit ihren Beschwerden an ihn, und die starke Verärgerung sei spürbar geworden.
Starke Belastungen
Im Haus am Bahnhof ist man es gewohnt, dass es nicht immer ruhig und idyllisch ist. Gegenüber liegt das Caritas-Café, in dem auch Spritzen ausgegeben werden – ein bekannter Treffpunkt der Feldkircher Drogenszene. Und im Haus seien weitere Einrichtungen der Caritas, wie etwa die Flüchtlingshilfe und eben auch eine Anlaufstation für Notreisende. Dazu der Verkehrslärm und die vielen Menschen, die Tag und Nacht den Bahnhof besuchen. Aber jetzt sei es vielen einfach zu viel geworden. „Die Machtlosigkeit hat viele frustriert“, meint Doppelhofer. „Und ich hätte das als Hausmeister richten sollen.“
Tisch vorm Haus
Da kam ihm eine Idee. Mit einem Flugblatt informierte er die Hausbewohner über die aktuelle Situation. Und lud ein, sich um 17 Uhr vor dem Haus zu treffen. Zu dieser Zeit kamen die Notreisenden nämlich genau am selben Ort zusammen. Doppelhofer stellte einen Tisch hin, hängte einen Zettel auf, in dem er auf Englisch die Notreisenden um Respekt bittet, und setzte sich hin. Und mit ihm viele Parteien aus dem Haus. Sie fühlten sich wie Doppelhofer von der Politik und der Exekutive im Stich gelassen. „Erst haben uns die Notreisenden beäugt, und dann sind sie hergekommen“, schildert Doppelhofer die Situation. Auch von der Caritas kam jemand und schaute sich die Lage an. Als die Gruppe erkannt habe, dass die Hausbewohner bleiben würden, zog sie ab. Auch am nächsten Tag traf man sich – und die Notreisenden zogen weiter. Als man aussetzte, waren sie zurück.
Unterschriftenliste
Vergangene Woche setzte sich dann Doppelhofer wieder auf den Gehsteig vor seinem Haus. Täglich zwischen 17 und 19 Uhr war er anzutreffen, meist in Gesellschaft von einem oder mehreren anderen Hausbewohnern. Mit einem Aushang informierte er über die Lage, und eine Unterschriftenliste lag auf. 154 Unterschriften hat er gesammelt, darunter die der meisten Hausbewohner, vieler Geschäftsinhaber am Bahnhof und auch von Passanten. Auch der Levner Ortsvorsteher Dieter Preschle wurde informiert. „Die Lage hat sich entspannt“, schildert Doppelhofer die Stimmung im Haus. Und auch mit den Notreisenden gäbe es ein besseres Einvernehmen.
Während des VN-Ortsaugenscheins kommt dann tatsächlich ein junger Notreisender vorbei und unterhält sich mit Doppelhofer. Der gibt ihm Tabak, um sich eine Zigarette zu drehen, und man scherzt sogar. Mehrere Notreisende gehen aber auch vorbei und schauen kritisch zum Tisch – Friede, Freude, Eierkuchen schaut anders aus.
Treffen mit Bewohnern
Gestern trafen sich einige Hausbewohner mit Stadtrat Guntram Rederer. Im Rathaus möchte man sich die Situation beschreiben lassen. Vorab gibt es keine Stellungnahme gegenüber der Presse.
Der Stadtpolizei ist die Situation übrigens bekannt. „Die Polizei war vor Ort, aber wir brauchen eine rechtliche Grundlage zum Einschreiten“, erklärt Stadtpolizei-Chef Peter Lins. In zwei Nächten hätten Notreisende vor dem Haus geschlafen. „Es war starker Regen, und auch Kleinkinder waren dabei“, erklärt Lins. „Da haben wir niemanden weggewiesen. Es wäre nicht verhältnismäßig gewesen.“
Beim Gespräch am Donnerstag war auch die Caritas vertreten. Peter Wieser, der das Caritas-Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite leitet, ist überzeugt, dass man eine gute Lösung finden wird. Er versteht die Situation der Hausbewohner und verweist darauf, dass auch 1994, als die Drogenberatungsstelle eingeführt wurde, lange Zeit viel Konfliktpotenzial vorhanden war, das in einem längeren Prozess eingedämmt werden konnte. Die Notreisenden hätten, so seine Einschätzung, die Situation erst nicht verstanden. Nun habe die Sozialarbeiterin, die hier im Kontakt stehe, aber die Sorgen der Hochhausbewohner vermittelt. „Ich bin optimistisch“, so Wieser. „Aber es kann eine Zeit dauern.“
Aktion eingestellt
Mit dem Wochenende wurde die Aktion nun fürs Erste eingestellt. „Der Wunsch, zumindest unseren direkten Hauseingang zu respektieren, ist bei den Roma und deren Betreuerin angekommen“, heißt es dazu im Aushang.