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Tutanchamuns Grab: Radaranalysen deuten auf versteckte Grabkammern hin

Sensationsfund wird wahrscheinlicher: Liegt Nofretete im Grab des Tutanchamun?
Sensationsfund wird wahrscheinlicher: Liegt Nofretete im Grab des Tutanchamun? ©AP
Irgendwas ist hinter diesen Wänden. So viel ist klar. Wissenschafter vermuten, es könnte sich um das Grab der Nofretete handeln. Nur: Was genau die legendäre Grabkammer von Pharao Tutanchamun bislang versteckt hält, bleibt unklar. Der ägyptische Antikenminister freut sich trotzdem schon auf die "Entdeckung des Jahrhunderts". 
Messung stützt Theorie
Die Grabkammer des Tutanchamun

Die Hinweise auf einen Sensationsfund im ägyptischen Tal der Könige verdichten sich. Neue Radarbilder sollen bislang unentdeckte Kammern im Grab von Pharao Tutanchamun zeigen. “Wir haben zwei zusätzliche Räume hinter der Grabkammer”, sagte Antikenminister Mamduch Damati am Donnerstag in Kairo. Auch sei entweder metallisches oder organisches Material hinter den Wänden zu erkennen. Die Aufnahmen seien allerdings noch nicht völlig eindeutig, es werde weitere Messungen geben. Damati sprach von einer möglichen “Entdeckung des Jahrhunderts”.

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egypt t ©Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Luxor sprach der ägyptische Antikenminister Mamduch Damati von einer möglichen “Entdeckung des Jahrhunderts”. Im Bild: Eine Grafik der vorgenommenen Radaranalysen. Foto: APA/AFP

Der britische Archäologe Nicholas Reeves war im vergangenen August mit der Theorie weiterer Kammern im Tutanchamun-Grab an die Öffentlichkeit getreten. Sein Aufsatz über Linienstrukturen in zwei Wänden der 1922 entdeckten Grabkammer des Kindkönigs (um 1330 v. Chr.) hatte für Aufsehen gesorgt. Reeves erkannte in ihnen vermauerte Durchgänge. Er vermutete sogar, dass sich das bislang unentdeckte Grab der Nofretete hinter der Nordwand befinden könnte.

Bild der bemalten Nordwand der Kammer

“Neue Spekulationen um Grab der Nofretete”: zum ausführlichen Bericht

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ree ©Tutanchamuns Grab (weiß) und die vermuteten zusätzlichen Kammern (gelb); x) zeigt einen Nebenraum hinter der Westwand, y) die mutmaßliche Grabkammer der Nofretete hinter der Nordwand. Credit: Nikolas Reeves

Über einen möglichen Fund der Nofretete, deren weltberühmte Büste Hunderttausende Besucher auf der Berliner Museumsinsel anzieht, wollte Damati nicht spekulieren. Bei den Räumen könnte es sich aber durchaus um Grabkammern von Verwandten Tutanchamuns handeln. Reeves erklärt seine Theorie zum Sarkophag der Nofretete allerdings auch mit dem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Tutanchamun: Nofretete war dessen Stiefmutter und – in Reeves Theorie – gleichzeitig seine Vorgängerin als Pharaonin.

Auf den am Donnerstag gezeigten Radarbildern des japanischen Experten Hirokatsu Watanabe sollen farbliche Unterschiede die Hohlräume und das unbekannte Material zeigen. Die Aufnahmen von Ende November allerdings ließen nicht erkennen, wie groß die Räume tatsächlich sind. Auch über die Ursprünge der organischen oder metallischen Strukturen wollte Damati nicht spekulieren. Aufklärung sollen erneute Messungen im Tal der Könige bei Luxor Ende des Monats bringen. Damati kündigte eine erneute Pressekonferenz für den 1. April an.

Bereits bei einer Pressekonferenz Ende November hatte der Antikenminister gesagt, Experten seien sich “zu 90 Prozent” sicher, weitere Räume zu finden. Auch am Donnerstag äußerte Damati sich ähnlich. Man müsse nun den “nächsten Schritt” abwarten, um sich nach neuen Messungen hundertprozentig sicher sein zu können.

Das legendäre Grab des Kinderpharaos Tutanchamun

©Liegt Nofretete tatsächlich im Grab Tutanchamuns? APA/AFP

Als einer der letzten Könige der 18. Dynastie bestieg Tutanchamun mit neun Jahren 1332 vor Christus den ägyptischen Thron. Vater des Kinderpharaos war Echnaton, die Mutter ist noch unbekannt. Neueren Untersuchungen zufolge litt der junge König an schweren Krankheiten. Nach knapp zehnjähriger Regierungszeit starb der Kindkönig mit etwa 19 Jahren, vermutlich an einem Infekt. Radikale religiöse Reformen seines Vaters hatten das Land destabilisiert. Die Abkehr davon war Experten zufolge Tutanchamuns bedeutendste Leistung.

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EGYPT ARCHEOLOGY TUTANKHAMUN ©Die Mumie Tutanchamuns. APA/AFP

1922 hatte der britische Archäologe Howard Carter im Tal der Könige das mittlerweile legendäre Grab Tutanchamuns entdeckt. Die Anlage mit all ihren Schätzen war verschüttet und daher von Grabräubern verschont geblieben. Es enthielt unschätzbare Grabbeigaben, unter anderem die weltberühmte goldene Totenmaske des Pharao.

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tutan ©Die weltberühmte Totenmaske des Kindpharao Tutanchamun. APA/AFP

Zahlreiche Spekulationen um Nofretetes letzte Ruhestätte

Über die letzte Ruhestätte von Nofretete dagegen und die verwandtschaftliche Beziehung der beiden gibt es zahlreiche Spekulationen. So hat zwar eine DNA-Untersuchung ergeben, dass die Mumie der sogenannten Younger Lady aus dem Tal der Könige die Mutter von Tutanchamun sein soll. Ob es sich dabei aber um Nofretete, die Gemahlin von König Echnaton handelt, ist sehr umstritten.

Das Ägyptische Museum Berlin, das seit 1920 die weltberühmte Skulptur der schönen Pharaonengattin besitzt, will sich an solchen Spekulationen nicht beteiligen. “Hundertprozentig sicher wären wir erst, wenn wir einen Sarg finden, auf dem der Name von Nofretete steht – und selbst dann könnte der Leichnam noch später umgebettet worden sein”, sagt Vizedirektorin Zorn. “Uns fehlen einfach zu dieser Fragestellung konkrete Inschriften aus der Zeit.”

Wer war die schöne Nofretete?

“Die Schöne ist gekommen”, heißt Nofretete übersetzt. Mit ihrem ebenmäßigen Gesicht und dem geheimnisvoll entrückten Lächeln gilt sie als die wohl schönste Frauenskulptur der Welt. Eine Versicherung schätzte sie schon vor Jahren auf einen Wert von 300 Millionen Euro.

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Die mehr als 3000 Jahre alte farbige Büste wurde 1912 weitgehend unversehrt bei Ausgrabungen im ägyptischen Amarna von dem deutschen Archäologen Ludwig Borchardt in der Werkstatt des Hofkünstlers Thutmosis entdeckt. “Arbeit ganz hervorragend. Beschreiben nützt nichts, ansehen”, notierte der Altertumsforscher am 6. Dezember in sein Grabungstagebuch.

Insgesamt wurden in Amarna, dem einstigen Herrschersitz von König Echnaton und seiner Gemahlin, mehr als 10 000 Fundstücke geborgen. Bei der damals üblichen Fundteilung erhielt die deutsche Seite als Finanzier der Grabungen mit anderen Schätzen auch die Nofretete . So kam die Schöne, mit Brief und Siegel vertraglich abgesichert, nach Berlin.

Auch das historische Vorbild gibt Rätsel auf

Königin Nofretete war die Hauptfrau Echnatons, der von 1351 bis 1334 vor Christus regierte. Der Pharao begründete eine Art Monotheismus, eine Ein-Gott-Religion mit dem Gott Aton im Zentrum. Nofretete, deren genaue Herkunft nicht bekannt ist, gebar dem König sechs Töchter. Dann verschwand sie von der Bildfläche. Um ihren Verbleib ranken sich verschiedene Theorien: So glaubte man viele Jahre, dass sie von Echnaton verstoßen wurde. Später nahmen Fachwissenschaftler an, dass das Königspaar eines natürlichen Todes starb. Doch wurde Nofretete nicht in jenem Grab bestattet, das Echnaton zugeschrieben wird. Neuere Schriftfunde belegen, dass sie entgegen früheren Spekulationen nicht frühzeitig gestorben oder einer Palast-Intrige zum Opfer gefallen ist.

Luxor und das Tal der Könige

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valley ©Das Tal der Könige nahe Luxor liegt etwa 500 Kilometer südlich von Kairo. APA/AFP

Die Tempelstadt Luxor am rechten Ufer des Nils ist einer der Touristenmagneten Ägyptens. Wie das benachbarte Dorf Karnak entstand Luxor auf dem Siedlungsgebiet der altägyptischen Hauptstadt Theben. Tempel, Grabanlagen und andere alte Denkmäler sind über das gesamte Gelände verteilt. Lokale Gottheit war Amun, der ursprünglich Wachstum und Fruchtbarkeit verkörperte. Der von Pharao Amenophis III. um 1380 vor Christus erbaute Amuntempel bei Luxor ist eines der besterhaltenen Bauwerke des ägyptischen Altertums.

Auf der anderen Seite des Nils liegen die berühmten Täler der Könige und Königinnen mit den Grabanlagen der Pharaonen, darunter der Grabtempel der Pharaonin Hatschepsut. 1922 hatte der britische Archäologe Howard Carter im Tal das Grab Tutanchamuns entdeckt, Herrscher der 18. Dynastie vor gut 3300 Jahren. Die Anlage mit all ihren Schätzen war verschüttet und daher von Grabräubern verschont geblieben. Die Totenstadt sowie die Überreste Thebens mit seinen Tempeln und Palästen gehören seit 1979 zum Unesco-Weltkulturerbe. (red/APA/dpa)

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