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Abschiebungs-Debatte: Politologen sehen Grüne auf verlorenem Posten

Hofer: Grüne müssen auf andere Spielfelder etwas bringen, hier gibt es nichts zu gewinnen.
Hofer: Grüne müssen auf andere Spielfelder etwas bringen, hier gibt es nichts zu gewinnen. ©APA
Der Regierungskonflikt zwischen ÖVP und den Grünen um die Abschiebungen von Minderjährigen hat den Grünen nichts gebracht, sondern nur der ÖVP.
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Die Öko-Partei steige als gedemütigte Verliererin aus und sollte dieses Spiel daher nicht allzu oft spielen, denn sie kämpfe bei diesem Thema auf verlorenem Posten. Das ist zusammenfassend die Meinung von Politologen, die die APA dazu befragt hat.

Debatte um Abschiebungen: Konflikte zwischen ÖVP und Grünen

Die Grünen hätten sich von Beginn dieser Regierung an in der Asylfrage "auf das Prinzip Hoffnung verlassen, die Hoffnung, dass das Thema nicht hochkocht. Das war für fünf Jahre übertrieben optimistisch", analysiert Politologe Peter Filzmaier. Die Grünen brauchten jetzt etwa Greifbares. Die ÖVP müsse eine Geste setzten, um den Koalitionspartner nicht zu sehr zu verprellen. Weitere Konflikte zu diesem Thema bringen den Grünen nichts, ist Filzmaier überzeugt. Ganz im Gegenteil: Sie würden der ÖVP nutzen, den diese habe bei der letzten Wahl Hunderttausende Stimmen von der FPÖ bekommen und könne diese mit ihrer unnachgiebigen Haltung halten. "Die Rechnung für die ÖVP ist sehr simpel."

Und auch die Wähler der Grünen seien "weit bürgerlicher ausgerichtet als man glaube würde". Aktive grüne Politiker müssten vielleicht so klar linke Positionen vertreten, aber bei den Wählern sei das nicht so klar, meint Filzmaier. Das spiegle sich auch in den Mehrheitsverhältnissen im Nationalrat wieder, dort haben die Grünen keine linke Mehrheit. Die letzte linke Mehrheit im Parlament habe es 1979 unter Kanzler Bruno Kreisky gegeben, so Filzmaier.

Der im türkis-grünen Regierungsübereinkommen vereinbarte koalitionsfreie Raum bei solchen Konflikten sei damit ein Schleudersitz-Knopf für die Grünen und nur für die ÖVP ein Ausweg. Die Volkspartei werde in Migrationsfragen immer die Mehrheit im Parlament haben. "Die einzige Strategie für die Grünen wäre es, das Thema gar nicht aufkommen zu lassen. Denn für sie gibt es nichts zu gewinnen." Sie sollten versuchen mit anderen Themen wie Umwelt- und Klimaschutz zu punkten.

"Die ÖVP wird man nicht so in die Knie zwingen"

Dazu rät auch der Politikberater Thomas Hofer im Gespräch mit der APA. "Die Grünen müsse auf andere Spielfelder etwas bringen, auf diesem Spielfeld gibt es nichts zu gewinnen." Die Dramatisierung des jüngsten Konflikts, wie sie passiert ist, sollte man nicht allzu oft machen. "Die ÖVP wird man nicht so in die Knie zwingen. Das ist eine No-Go-Area für die ÖVP", so Hofer.

"Die Chemie zwischen ÖVP und Grünen stimmt nicht mehr ganz, aber beide wissen, dass sie aneinandergebunden sind. Kurz will nicht als schwarzer Witwer, der schon drei Koalitionspartner umgebracht hat, in die Geschichte eingehen und die Grünen wollen sich nicht ins Jahr 2017 zurück katapultieren, als sie aus dem Parlament geflogen sind."

Auch die Politologin Katharina Stainer-Hämmerle erinnert im Gespräch mit der APA daran, dass die Grünen just bei der "Asyl-Wahl" 2017 mit ihrer sehr linken Haltung zu diesem Thema aus dem Parlament geflogen sind. Der aktuelle Konflikt sei mit den Abstimmungen im Nationalrat, bei denen die Grünen nicht gegen die ÖVP gestimmt haben, beigesetzt. "Das Thema bleibt aber ein schmerzvoller Punkt für die Grünen. Sie bekommen ihre mangelnde Durchsetzungskraft gegenüber der ÖVP vor Augen geführt."

Neuwahlen ausgeschlossen

ÖVP und Grüne seien aber zum Weitermachen verdammt, meint auch Stainer-Hämmerle. "Denn in der momentanen Situation hätte niemand Verständnis für Neuwahlen und dass man deswegen alles hinschmeißt." Stainer-Hämmerle rät den Grünen ebenfalls, sich auf Erfolge in anderen Bereichen wie Klimaschutz zu konzentrieren. Denn mit dem Asyl-Thema hätten sie nichts zu gewinnen. "Wenn es zu Neuwahlen käme, was enormen Unmut auslösen würde, könnten sich die Grünen nicht verbessern. Die ÖVP hat Alternativen, die Grünen nicht."

(APA/Red)

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