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Abfahrts-Gold aus vielen Bausteinen zusammengesetzt

Um kein anderes Alpinrennen wird so viel Aufsehens gemacht. Die Herren-Abfahrt ist das Highlight der olympischen Bewerbe in Whistler Creekside, und während es am Samstag für die Kanadier darum geht, das erste Gold bei Heimspielen einzufahren, wollen die Österreicher die bisher glanzlose Weltcup-Saison in dieser Disziplin vergessen machen.
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Abfahrt: Ein Fall für Außenseiter

Michael Walchhofer zählt zu den Mitfavoriten, auch wenn Cheftrainer Toni Giger davon nichts wissen will und sein Team, das Mario Scheiber, Hans Grugger und Klaus Kröll komplettieren, in der Rolle des Außenseiters auf der möglicherweise sicheren Seite denkt.

Erstmals seit der Saison 1991/1992 haben die rot-weiß-roten Speed-Piloten in einer Weltcupsaison keine Abfahrt mehr gewonnen, doch vor 18 Jahren ging dann Patrick Ortlieb in Val d’Isere ausgerechnet im Olympia-Rennen als Sieger hervor, Bronze holte sich mit Günther Mader ein weiterer Österreicher. Ein zweiter Platz von Scheiber im Grödnertal und ein dritter von Walchhofer in Bormio waren die einzigen Stockerlplätze für die Alpenrepublik im laufenden Winter, die Trainingsbestzeit von Walchhofer am Donnerstag auf der “Dave Murray” gab aber Anlass zu großer Hoffnung.

“Die Ergebnisse im Weltcup waren nicht wie erhofft, wir sind keine Favoriten, die sind woanders zu finden. Aber vielleicht ist das eine Situation, die uns liegen könnte, dass wir nicht den Druck auf den Schultern haben. Wir sind zwar selbstbewusst, aber das sind wir eh schon die ganze Saison, weil wir darauf vertrauen können, dass die Läufer was drauf haben”, sagte Giger, für den die Kanadier die Favoriten sind (“Sie kennen den Berg in- und auswendig”), der aber auch mit den Schweizern, den Italienern oder dem Norweger Aksel Lund Svindal rechnet.

Das ÖSV-Team hat nichts unversucht gelassen, um den ob des Nicht-Trainieren-Dürfens auf der Olympia-Strecke aufgerissenen Nachteil so gut wie möglich zu kompensieren. Beim Training in Sun Peaks wurden Schnee- und Pistenpräparierung von Whistler kopiert, auf der Olympiastrecke standen an elf verschiedenen Positionen Coaches zum Filmen. “Wir haben schon die Vorläufer gefilmt, um möglichst viele Informationen über die Abfahrt zu haben. Wir schauen uns jede Kurve an, schauen, wo wir noch eine Hundertstel rausholen können und wie man sich auf das Gelände am bestmöglichen einstellen kann.” Viele kleine Bausteine also, die man versuche, zusammenzusetzen.

Die Steinchen zu einem schon ansehnlichen Puzzle zusammengefügt hatte Walchhofer im Donnerstag-Training, in dem er Bestzeit markierte. Er hat dieser Tage auch wieder mit Antoine Deneriaz, mit dem er befreundet ist, telefoniert. Der Franzose gewann vor vier Jahren mit Startnummer 30. “So lange im Rennen der 30. nicht im Ziel ist, ist man nie Olympiasieger. Das war mir damals klar. Meine Fahrt war 2006 nicht wirklich berauschend, trotzdem habe ich Silber gemacht. Es war gewonnenes Silber und keine verlorene Goldene”, sagte der Zauchenseer rückblickend.

Und vorausschauend meinte er: “Ich werde am Samstag versuchen, um Gold zu fahren, aber im Kopf versuchen, gescheit Ski zu fahren. Wenn das gelingt, habe ich das Zeug, vorne dabei zu sein.” Nicht Favorit zu sein, so der Weltmeister von 2003, sei sicher kein Nachteil: “Weil wir im Blick der Öffentlichkeit fast nur gewinnen können.”

Wenn das Wetter mitspielt und für faire Verhältnisse sorgt, da sind sich die Topfahrer einig, dann wird einer der Besten auch der Schnellste sei. Die vier Kanadier Robbie Dixon, Manuel Osborne-Paradis, Erik Guay und Jan Hudec sind als Lokalmatadore freilich von Haus aus Medaillenanwärter. Die Wetterkapriolen lassen auch Osborne-Paradis nicht kalt: “Das ist kein typisches Februar-Wetter.”

Nicht ganz nach dem Geschmack ist die Abfahrt für Olympia-Debütant Scheiber: “Oben ist es mir einfach zu flach, ich weiß nicht, ob ich da schnell sein kann. Mir wäre auch lieber, wenn es härter wäre. Es schaut einfach aus, aber ist brutal schwer, schnell zu sein. Man darf nicht zu viel auf die Linie schauen, sondern muss den Ski laufen lassen”, meinte der Osttiroler, der sich freut, bei Olympia anzutreten und gerne mit einer Medaille heimfahren möchte. “Ein vierter oder fünfter Platz ist auch nicht schlecht, aber bringt bei Olympia nichts.” Dass das Wetter die Abfahrer mit Verschiebungen vor eine Geduldsprobe stellen könnte, kommentiert er wie folgt: “Das Wetter kann man nicht ändern, die Einstellung schon.”

Kröll hat sich in den Trainings “ein sehr gutes Gefühl” verschafft, Grugger tat sich im ersten Zeitlauf “irrsinnig schwer”, machte am Donnerstag aber einen Schritt nach vorne und hoffte auf ein weiteres Training.

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