Der größte Feind der Bundes-SPÖ unter Führung von Vizekanzler Andreas Babler? Die Genossinnen und Genossen um Bürgermeister Michael Ludwig in Wien, könnte man meinen: Während Babler und Co. in der Hoffnung, endlich einmal Punkte zu machen bei den Leuten, gerade ein Entlastungs- bzw. Bürokratieabbau-Paket mitgeschnürt haben, lassen sie eine weitere Belastungswelle durch die Bundeshauptstadt rauschen. Sie enthält neue Gebührenerhöhungen: Die Hundeabgabe wird künftig bis zu 120 Euro betragen, die Jahreskarte für Büchereien bis zu 45 Euro. Das ist jeweils viel mehr als bisher (72,67 bzw. 36 Euro).
Die erste Belastungswelle hatten sie Anfang September präsentiert. Damals ließen sie mitteilen, dass die Jahreskarte für die Wiener Linien künftig nicht mehr 365, sondern 467 Euro kosten wird. Auch das war zum unmittelbaren Schaden von Babler und Co. gewesen: Diese hatten da gerade versucht, gegen die massiven Preissteigerungen im Land vorzugehen. Also das glatte Gegenteil davon zu bewirken.
Das alles setzt neben der Bundes-SPÖ vor allem aber auch den Bürgerinnen und Bürgern in der Stadt zu, die zur Kasse gezwungen werden, ja der Wiener SPÖ selbst und Michael Ludwig persönlich.
Um bei ihm anzufangen: Seine Glaubwürdigkeit ist beschädigt. Vor der Gemeinderatswahl im April hat er die wahre Budgetlage verschwiegen. Wie es Ex-Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor der Nationalratswahl im vergangenen Jahr auf Bundesebene getan hatte: Es sei kein Sparpaket nötig, hatte dieser gesagt.
Ludwig hat in Wien versprochen, dass der Preis für die Jahreskarte der Wiener Linien weiterhin 365 Euro betragen werde. Es gehe schließlich um Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, erklärte er. Ergebnis bekannt. Es ist wenig übrig geblieben davon.
Das ist ein Problem für die Sozialdemokratie in der Bundeshauptstadt insgesamt. Zusätzlich zu Gebührenerhöhungen nimmt sie schließlich Kürzungen vor. Und zwar ausgerechnet in Bereichen, die ihr bisher sehr, sehr wichtig waren: Bei der Sucht- und Drogenhilfe beispielsweise oder bei der Mindestsicherung.
Im Unterschied zu Populisten tut sie das zwar nicht laut und sichtbar, um zu zeigen, dass sie eh hart sei zu Geflüchteten, auf dass möglichst niemand mehr nach Österreich kommen wolle. In der Sache widerspricht es aber dem, wofür sie bisher gestanden ist, nämlich dass allen, die Unterstützung brauchen, ordentlich geholfen wird; auch Ausländern.
Da muss sie sich schon fragen, was ihr ihre bisherigen Prinzipien noch wert sind. Und wofür sie noch steht - ja ob sie überhaupt noch etwas will, was über den bloßen Machterhalt hinausgeht und sie inhaltlich unterscheidet von anderen Parteien.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik