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Schultz will "ramponiertes" WKÖ-Image wieder aufpolieren

WKÖ-Interimschefin Schultz spricht vorm Wirtschaftsparlament
WKÖ-Interimschefin Schultz spricht vorm Wirtschaftsparlament ©APA/HANS KLAUS TECHT
Am Donnerstag ist das Wirtschaftsparlament der Wirtschaftskammer (WKÖ) erstmals seit der Aufregung um Entschädigungen und Gehälter sowie dem Rücktritt von Präsident Harald Mahrer zusammengekommen. Dessen Interimsnachfolgerin, die geschäftsführende Vizepräsidentin Martha Schultz, trat dabei erstmals öffentlich auf und hielt eine Rede - sie will Reformen, das WKÖ-Image sei "ramponiert". So wurde der Weg Richtung Reformen schließlich durch einen Allparteienantrag angestoßen.

"Ab heute schlagen wir ein neues Kapitel in der Wirtschaftskammer auf", kündigte Schultz, die auf ihre unternehmerische Tätigkeit in Tirol verwies, vorm Wirtschaftsparlament an. "Keine Revolution, aber eine Reform." Und weiter: "Wir werden einiges ändern müssen, wenn wir Glaubwürdigkeit und Vertrauen zurückgewinnen wollen. Bei unseren Mitgliedern in den Unternehmen, bei der Politik und in der Bevölkerung."

Trotz "guter Arbeit in der Vergangenheit" bestehe "kein Anlass zur Selbstzufriedenheit", sagte Schultz. "Unser Image in der Öffentlichkeit ist ramponiert. Wir werden dargestellt als aufgeblähter Bürokratieapparat mit zu vielen Funktionären, mit zu üppigen Einkünften und zu wenig Effizienz. Dieses Bild müssen wir korrigieren, weil es uns in dieser Schärfe auch nicht gerecht wird."

In diesem Zusammenhang hob die Interimschefin - sowohl eine dauerhafte Besetzung für den oder die Vorsitzende des ÖVP-Wirtschaftsbundes und der WKÖ ist erst zu finden und vorerst nicht in Sicht - auch Leistungen der WKÖ für ihre Pflichtmitglieder hervor, die gut und wichtig seien. Auch erfolgreiche Lobbyingarbeit wie die Senkung der KöSt auf 23 Prozent hob Schultz unter anderen Punkten wie etwa der Befreiung von der NoVA für leichte Nutzfahrzeuge oder der Beschleunigung von Großverfahren hervor.

WKÖ "Kernstück" der Sozialpartnerschaft

Zur Sozialpartnerschaft, die wegen der WKÖ-Krise auch ein gewisses Schlaglicht bekam, sagte Schultz, dass die Wirtschaftskammer "das Kernstück" sei. "Wir fühlen uns verantwortlich für den Zusammenhalt und den Ausgleich der Interessen. Wir haben eine Schlüsselrolle für das Funktionieren unseres demokratischen Grundkonsenses." Darob ortete ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian in Schultz eine "bekennende Sozialpartnerin", gratulierte ihr zur - wenn auch interimistischen - Funktion und freute sich auf die sozialpartnerschaftliche Zusammenarbeit.

Die Pflichtmitgliedschaft verteidigte Schultz. An jene, die diese aushebeln wollten, hatte sie folgende Ansage: "Ich kämpfe für unsere Unabhängigkeit und gegen eine staatliche Einmischung in unsere Agenden. Nur wenn alle Unternehmen beitragen, sind wir stark. Lassen wir uns von Parteipolemik nicht irritieren, unsere Linie heißt Sachlichkeit und Vernunft im Rahmen der Sozialpartnerschaft." Das war nicht zuletzt eine Botschaft an FPÖ und NEOS, die gegen die Pflichtmitgliedschaft sind.

Regierung braucht "mehr Punch, mehr Mut, größeres Denken"

Von der Bundesregierung forderte Schultz "mehr Punch, mehr Mut und mehr größeres Denken". Es reiche nicht, möglichst konfliktfrei das Regierungsprogramm abzuarbeiten, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht verbesserten. Für einen Wirtschaftsaufschwung brauche es Investitionsanreize, Bürokratieabbau aber nicht neue Steuerideen.

Kehren auch vor der eigenen Haustür

Wohl wichtig für einen Imagewandel, nahm Schultz - etwa vor Ehrengast Ex-WKÖ-Präsident Christoph Leitl - die WKÖ beim Thema Aufschwung auch selbst offensiv an der Nase. "Die Wirtschaftskammer will und muss für eine Trendumkehr hin zu einem dynamischen Wirtschaftsaufschwung eine entscheidende Rolle spielen. Es liegt an uns, die positiven Meldungen, die uns in eine Aufbruchsstimmung versetzen, wieder deutlich hörbar zu machen: über die Innovationen, die in unseren Betrieben stattfinden, die Erfolge unserer Unternehmen im Ausland, die Leistungen unserer Lehrlinge."

"Deshalb müssen wir bei uns selbst beginnen", sagte die interimistische Wirtschaftskammerchefin. Und der Aufgabe stelle sich die Kammer. Den ersten Schritt habe man mit dem Aussetzen der Erhöhung der Funktionsentschädigungen gesetzt - vorerst bis zum Ergebnis einer externen Prüfung. Dazu kam, dass die Mitarbeitenden 2026 wirklich nur 2,1 Prozent mehr Geld bekommen. Für die Gehaltsverhandlungen 2027 werde ein neues Modell entwickelt. Und für die WKÖ auf der Wiener Wieden bedeute der neue Weg: "Wir schauen, wo geht es schneller und wo geht es unbürokratischer. Wir durchforsten die Strukturen mit dem Ziel, moderner, effizienter und kostengünstiger zu werden. Das, was wir hier an finanziellen Spielräumen schaffen, werden wir an unsere Mitglieder weitergeben."

Botschaft an Länderkammern

Auch in Richtung der neun weiteren Länderkammern sagte Schultz: "Dasselbe gilt für alle Bereiche der Doppel- und Mehrfachgleisigkeiten." Man werde sich bei den Reformschritten auch nach den Ergebnissen der angekündigten Rechnungshofprüfung richten, die wie berichtet schon im Dezember beginnen soll.

Der Weg zu einem Reformpaket, den alle WKÖ-Fraktionen am Donnerstag gemeinsam beschlossen, "werden wir durchziehen", so Schultz. Wie Vorgänger Mahrer will sie aber auch "erzählen, was wir für unsere Mitglieder wirklich leisten". Das klang bisher nicht immer bis zu allen 590.000 Mitgliedsbetrieben durch.

Reformgruppe gemeinsam eingesetzt: Zwischenbericht erstes Halbjahr 2026

Laut dem beschlossenen, gemeinsamen Antrag aller Fraktionen, wird nunmehr eine Reformgruppe eingesetzt. Diese soll wie berichtet eine Aufgaben- und Angebotsreform, eine Struktur-/Organisationsreform, eine Wahlrechtsreform, eine Transparenzoffensive und eine Finanzierungsreform erarbeiten und mit dem erweiterten WKÖ-Präsidium regelmäßig beraten. Ein Zwischenbericht wird fürs erste Halbjahr 2026 angekündigt.

Fraktionen wollen mit Wirtschaftsbund auf Augenhöhe reformieren

Zur Reformgruppe forderten die kleineren Fraktionen vom ÖVP-Wirtschaftsbund, dass dort wirklich auf Augenhöhe und über praktisch alles - wenn auch real nicht über die Pflichtmitgliedschaft - diskutiert werden müsse. Man sei bereit, aber auch kritisch, so der Tenor. Im Wirtschaftsparlament sitzt noch die Liste Industrie, die Freiheitlichen (FW), Sozialdemokraten (SWV), Grüne und NEOS (UNOS) mit jeweiligen Listennamen für die Wirtschaftskammer.

Dringlichkeitsanträgen wurde keine Dringlichkeit zuerkannt

Die Freiheitlichen (FW) wollten trotz des gemeinsamen Antrags nicht ganz an den Reformwillen glauben, brachten einen Dringlichkeitsantrag gegen die Pflichtmitgliedschaft ein. Nur ohne einer solchen könne es Reformen geben. UNOS (NEOS) und Grüne brachten auch einen Dringlichkeitsantrag ein: Die Kammerumlage 2 solle abgeschafft werden. Den Anträgen wurde von der Mehrheit keine Dringlichkeit zugebilligt. Der ÖVP-Wirtschaftsbund regiert in der Wirtschaftskammer absolut. Wie dieser sah auch der SWV (SPÖ) keine Dringlichkeit.

"Bisheriges Problem: Keine gemeinsamen Anträge"

Im Plenum stellten die Fraktionen dann noch weitere Anträge ganz nach ihrer politischen Ausrichtung von denen manche durchgingen, manche nicht. Eine Aussage fiel für Außenstehende potenziell auf: Laut der Freiheitlichen Evelyn Achorner war es im Wirtschaftsparlament bis jetzt "genau das Problem, dass bisher kein gemeinsamer Antrag möglich war". Die Blaue bedauerte einen solchen Schritt allerdings auch bezogen auf ein Ende der Pflichtmitgliedschaft, die sich eben nicht abzeichnet.

(APA)

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