Uni Graz macht Gerhards Roths fotografisches Erbe einsehbar
Gerhard Roth hat bereits im Jahr 2001 dem Literaturarchiv des Franz-Nabl-Instituts seinen Vorlass übergeben. Darunter auch 40.000 Fotografien in Form von Abzügen, Dias und Negativen aus der Zeit von 1977 bis 2017 - jenem Jahr in dem er zur digitalen Fotografie wechselte. "Wir haben alles, was in Negativform vorhanden war, entwickelt, wodurch jetzt auch alles analog vorhanden ist. Es wurden Roths Notizen dazu entziffert, alles gescannt und nun liegt alles digitalisiert vor", schilderte Daniela Bartens, die wissenschaftliche Bearbeiterin des Vorlasses und nunmehrigen Nachlasses des Schriftstellers und passionierten Fotografen.
Bisher nur ein Zehntel in Fotobüchern
Bartens hat noch zu Lebzeiten des Schriftstellers mit diesem sechs große Fotobücher veröffentlicht. "In den Büchern sind allerdings nur rund ein Zehntel seiner Fotografien enthalten", wie die Roth-Expertin schilderte. Durchgeführt wurde das Fotoarchiv-Projekt von Silvana Cimenti und Elisabeth Zehetner unter Leitung von Institutsleiter Klaus Kastberger. "Jetzt kann man tatsächlich auf unglaublich viel Unbekanntes stoßen - und zwar alle, die sich mit Roths fotografischem Werk auseinandersetzen wollen", hob Kastberger am Dienstag den niederschwelligen Zugang zu den Fotografien über die Datenbank hervor.
Gerhard Roths Anfänge als Fotograf gehen in die Mitte der 1970er-Jahre zurück. Roth fotografierte damals vor allem in der Südsteiermark - um St. Ulrich im Greith. Er hielt die dort lebenden Menschen, ihre Tage und Nächte, das nach religiösen Riten strukturierte Jahr, den Alltag mit Feld- und Holzarbeit, das Schlachten, die kleinen und großen Dinge vom Essen und Trinken bis hin zur Jagd fest. Rückblickend betrachtet macht ihn das auch zu einem Bewahrer verloren gegangener Lebensweisen und -modelle. Im Roth Fotoarchiv kann man das anhand von rund 15.000 Fotos herausfinden.
Fotoapparat als ständiger Begleiter
Ein weiterer großer Korpus umfasst die Recherche- und Reisefotografie, die mit seinen Reisen nach Amerika, Ägypten oder auch Japan in Verbindung steht. Während im Bildband "Über Land und Meer" beispielsweise über 1.000 Fotografien aus drei Kontinenten (zwischen 1995 und 2011) Platz finden, so sind es auf der Website mehr als 10.000, die der Reisefotografie zuzuordnen sind: Festgehalten sind Tempel, Klöster, Märkte, Landschaften, religiöse Feiern, Straßenszenen, Vergnügungsstätten. Ein weiterer Schwerpunkt sind Fotografien aus Wien. 800 finden sich im Bildband "Im unsichtbaren Wien", im digitalen Fotoarchiv aus Graz sind es nun um die 10.000. Immer wieder lassen sich durch sie Brücken zum literarischen Werk Roths herstellen. Sie wurden allesamt der wissenschaftlichen Forschung, aber auch für die interessierte breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Und schließlich gibt es einen großen Komplex, in dem sich Roth der Erkundung der Mikrostrukturen des Lebens - seien es Oberflächen von Dingen, Rinden, Rost, Eis, Holz, Pilzen, Schimmel, bis hin zum Spiel von Licht und Schatten auf den Objekten - verschrieben hat, die nun auch öffentlich zugänglich gemacht wurden.
Auf Initiative der Witwe von Roth, Senta Roth, wurde nun auch eine Zusammenarbeit mit dem Fotohof>Archiv Salzburg begonnen: Die Abzüge seiner Fotos ordnete Gerhard Roth in Form von Fotoalben, die er mit handschriftlicher Datierung und thematischer Beschriftung zu außergewöhnlichen Artefakten machte. Diese Alben im Umfang von mehr als 60 Laufmetern bzw. insgesamt 952 Stück mit jeweils 80 bis 300 Farbfotos im Format 10 x 15 Zentimeter befinden sich - betreut vom Fotohof>Archiv - in den Räumlichkeiten von Roths ehemaliger Bibliothek am Heumarkt in Wien, wie Kastberger schilderte. Seitens des Fotohof>Archivs sei in den kommenden Jahren eine weitere Erschließung und öffentliche Zugänglichmachung der Fotografien von Gerhard Roth geplant. In Wien wird das Fotoarchiv Gerhard Roth (Am Heumarkt 7) am 29. Oktober um 17.00 Uhr präsentiert.
(S E R V I C E - )
(APA)