Stärkt die Frau!

Es mag zunächst nicht zu glauben sein, dass zehn Burschen im „Fall Anna“ freigesprochen worden sind. Also im Prozess um mutmaßliche Sexualdelikte mit einer damals Zwölfjährigen. Das hängt vor allem aber damit zusammen, dass es nicht um Vergewaltigungen ging, wie Boulevardmedien behauptet hatten. Wäre es das, müsste von einem Skandal gesprochen werden. So aber stellt sich Entscheidendes ganz anders dar.
Selbst ranghohe Politikerinnen pfeifen auf Fakten. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (beide ÖVP) setzen sich nicht nur auf die Empörungswelle, sondern bestätigen diese: Sie fordern die sofortige Abschiebung verurteilter ausländischer Gewaltverbrecher.
Das ist im vorliegenden Fall daneben: Es ist eben genau kein Bursche verurteilt worden und selbst wenn es einzelne geworden wären, wäre eine Abschiebung unter Umständen von vornherein daran gescheitert, dass es sich um einen österreichischen Staatsangehörigen handelt; zwar mit Migrationshintergrund, aber doch.
Die Reaktion der beiden zeigt, dass es ihnen ausschließlich darum geht, Stimmungen zu bedienen. Kaum besser ist Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP), die den Fall zum Anlass nimmt, zu fordern, straffällige Jugendliche in eine Erziehungsanstalt zu stecken. Die zehn freigesprochenen Burschen hätten da nichts zu befürchten: Sie sind ja nicht straffällig geworden.
Umgekehrt lässt es tief blicken, dass Plakolm der Regelung „Nur Ja heißt Ja“ eher ablehnend gegenübersteht. Dabei geht es bei dieser Regelung um viel mehr als bloß darum, festzulegen, dass Frauen Geschlechtsverkehr ausdrücklich zustimmen müssen, damit nicht von einer Vergewaltigung gesprochen werden kann. Es geht ums Signal: Es wird unterstrichen, dass Frauen bestimmen, was erlaubt ist und was nicht. Sie werden gestärkt. Männer müssen das zur Kenntnis nehmen. Und Punkt.
Das ist wichtig für Männer, die Frauen als untergeordnete Wesen betrachten. Das können solche sein, die den 1. Brief des Apostels Paulus an die Korinther, den FPÖ-Chef Herbert Kickl jüngst in einem anderen Zusammenhang erwähnt hat, wörtlich nehmen. Darin heißt es zum Beispiel, der Mann sei „Gottes Bild und Ehre“, die Frau aber „die Ehre des Mannes“; oder der Mann sei „nicht um der Frau willen erschaffen“ worden, „sondern die Frau um des Mannes willen“.
Wichtig wäre das Signal selbstverständlich auch für Zugewanderte aus Kulturkreisen, in denen Frauen nichts zu melden haben. Umso mehr gehört beiden jedoch klargemacht, dass auch die Frau über ihren Körper selbst bestimmt und dass sich der Mann nicht darüber hinwegsetzen darf. Ja, dass er mit einer harten Strafe zu rechnen hat, falls er es trotzdem tut.
Ob das auch in Bezug auf eine Zwölfjährige realistisch ist? Genauer: Ob eine solche schon in der Lage ist, zu sagen, was sein darf oder soll? Es ist eine Frage der Erziehung. Wenn schon einem Kleinkind vermittelt wird, dass es über sich selbst bestimmt, geht es.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik