Assistenzcoach über Rangnick: "Er braucht jetzt noch etwas Ruhe"

Er ist der engste fußballerische Vertraute von Ralf Rangnick. Wegen des längeren Krankenhausaufenthaltes des ÖFB-Teamchefs rückt Lars Kornetka in den kommenden Tagen in die ungewohnte erste Reihe. Rangnicks Co-Trainer gibt am Montag (14.00 Uhr) in Wien den Kader für die anstehenden WM-Qualifikationsspiele des Nationalteams bekannt. Für die Zukunft kann sich der 47-jährige Deutsche selbst eine Rolle als Cheftrainer vorstellen, wie er im Gespräch mit der APA bestätigte.
Kornetka kam mit Rangnick zum ÖFB
Vorerst liegt Kornetkas Fokus auf den Vorbereitungen für die Partien in Wien gegen San Marino (9. Oktober) und in Bukarest gegen Rumänien (12. Oktober). "Es zählt das gemeinsame Ziel, bei der WM dabei zu sein und dort eine sehr gute Rolle zu spielen", betonte der Assistenzcoach, der mit Rangnick im Mai 2022 beim ÖFB angeheuert hatte. Seither ist er der verlängerte Arm des Teamchefs. Sollte dieser auch bei Spielen ausfallen, müsste Kornetka in die Führungsrolle schlüpfen. Auf die Notfallsituation habe er sich nicht vorbereitet. "Weil wir nicht davon ausgehen. Wir gehen ganz fest davon aus, dass er dabei ist."
Rangnick befindet sich seit über einer Woche zur Behandlung eines hartnäckigen Keimes in seinem Sprunggelenk in der Uniklinik Murnau in Bayern. "Mein aktueller Wissensstand ist, dass alles gut verlaufen ist und er auf einem sehr guten Weg ist", berichtete Kornetka, der täglich mit seinem Chef in Kontakt steht. "Er braucht jetzt noch etwas Ruhe, deshalb mache ich die Kader-PK. Beim Lehrgang wird er dabei sein."
"Ralf und ich kennen uns seit 18 Jahren"
Sollte alles anders kommen, wäre das laut Kornetka auch kein Problem. "Wir sind seit drei Jahren in dieser Konstellation zusammen, Ralf und ich kennen uns seit 18 Jahren, da sind die Abläufe klar", versicherte der frühere Sportjournalist, den Rangnick 2007 als unbeschriebenes Blatt zu Hoffenheim geholt und zum Videoanalysten gemacht hatte. Man arbeite im Nationalteam mit Topprofis zusammen, die bei den besten Clubs Europas spielen würden, betonte Kornetka. "Ralf ist eine total wichtige Person für uns alle, weil er unser Anführer ist. Aber wenn etwas dazwischenkommen sollte oder etwas passiert, dann übernehmen wir alle mit die Verantwortung. Da unterstützen wir uns, so funktioniert das in einer guten Familie."
Dass er selbst mehr in den Fokus der Öffentlichkeit rückt, bereitet Kornetka kein Kopfzerbrechen. "Es gibt ja aktuell keine heikle Angelegenheit zu moderieren, sondern es geht um Fakten. Daher habe ich überhaupt keine Bedenken." Der Co-Trainer versteht sich ob seiner Vergangenheit auch als eine Art Berater für seine Kollegen, wenn es darum geht, in heiklen Situationen "ein paar Sätze" für die Medien vorzubereiten. "Da bin ich eigentlich ganz firm."
Kontakt zu Spielern
Viel mehr Zeit nehmen aber Spielbeobachtungen in Anspruch. "Wir kommunizieren auch viel mit den Spielern, rufen sie an", erzählte Kornetka. "Wir haben da im Trainerteam eine ganz gute Aufteilung, um alles abzudecken. Jeder hat seinen Draht zu bestimmten Leuten, auch in den Vereinen." Dabei sei man sehr uneitel. "Wenn Ralf sagt, hast du mal kurz Zeit, David (Alaba) anzurufen, dann rufe ich David an und schicke den Kollegen dann die Infos. Da gibt es keine Hierarchien."
Derzeit gilt es, die richtigen Spieler für das anstehende Quali-Doppel zu finden. "Die Kaderliste gibt es schon, da müssen wir aber leider noch ein paar Jungs streichen und auch mögliche Ausfälle im Auge behalten", erklärte Kornetka. Grundsätzlich gebe es immer "vier oder fünf Positionen", über die man sprechen könne. "Wir haben einen Stamm von Spielern, weil das die Besten sind, die es in Österreich gibt. Dann ist die Frage, wo gewisse Spieler leistungsmäßig gerade stehen und was sie uns in den bevorstehenden Spielen für einen Mehrwert geben könnten."
Cheftrainer-Posten nicht ausgeschlossen
Nach der Kaderbekanntgabe reist Kornetka direkt nach Deutschland weiter, um ein dreitägiges Modul im Kurs für die UEFA Pro-Lizenz zu absolvieren, den er noch dieses Jahr abschließen will - die Basis für eine spätere Rolle als Cheftrainer im Profifußball, die er sich vorstellen könne. "Das ist etwas, das in mir gereift ist. Ich habe mir mittlerweile das Handwerkszeug dafür angeeignet, das hatte ich vor ein paar Jahren noch nicht."
Kornetkas Vertrag beim ÖFB läuft wie jener von Rangnick bis zur WM nächsten Sommer in Nordamerika, falls die Qualifikation dafür gelingt. Wie es danach weitergeht, ist offen. "Aktuell verschwende ich daran keinen Gedanken", sagte Kornetka. "Ich habe es echt genossen, in der zweiten Reihe zu stehen und im Hintergrund zu arbeiten." Er habe enorm viel gelernt und mit tollen Cheftrainern zusammengearbeitet - von Pep Guardiola bis Roger Schmidt.
"Man kann sich Sachen sagen"
Die Schlüsselperson in seiner bisherigen Laufbahn ist aber der 20 Jahre ältere Rangnick, mit dem er einst in seiner Heimat Düsseldorf auch eine gemeinsame Beratungsagentur betrieben hat. Die Beziehung sei von Vertrauen und Ehrlichkeit geprägt, erklärte Kornetka. "Man kann sich Sachen sagen und auch mal kontrovers diskutieren, das ist im Fußball total wichtig. Gerade jemand wie Ralf, finde ich, braucht um sich herum Leute, die ihm auch mal sagen, wie sie etwas sehen." Darauf bestehe der Teamchef auch. "Er will keine Kopfnicker, er will inspiriert werden."
Laut Kornetka mache es Rangnick aus, dass dieser nach einem Erfolg immer bereits den Fokus auf den nächsten Schritt lege. "Dadurch gibt es keinen Stillstand, das kann ich zu 100 Prozent mit ihm teilen." Rangnick und er würden sich ehrlich und offen die Meinung sagen können. "Dadurch entstehen auch Diskussionen, die dann aber wieder zu etwas Gutem führen. So funktioniert das in einer guten Beziehung."
(APA/Red)