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Versprochen, gebrochen

Gastkommentar von Johannes Huber.
Gastkommentar von Johannes Huber. ©APA/HELMUT FOHRINGER (Symbolbild)
GASTKOMMENTAR VON JOHANNES HUBER. Vor der Gemeinderatswahl hat Bürgermeister Ludwig erklärt, dass die Jahreskarte für die Wiener Linien nicht verteuert wird. Jetzt wird sie verteuert. Oder: Wie Wähler für dumm verkauft werden.

Man könnte glauben, auch in der Wiener Stadtregierung gelte die Arbeitsteilung, wonach unangenehme Aufgaben Frauen überlassen werden. Die Stadträtinnen Barbara Novak (Finanzen) und Ulli Sima (Planung) „durften“ diesen Montag jedenfalls an die Öffentlichkeit gehen, um eine Belastung für die meisten Wienerinnen und Wiener zu verkünden: Der Preis für die Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel wird um mehr als ein Viertel auf 467 Euro erhöht, jener für das Parkpickerl um fast ein Drittel auf 156 Euro pro Jahr.

Die Argumente von Novak und Sima waren schlüssig: Die Wiener Linien betreiben einen großen Aufwand, um die Angebote in einer stark wachsenden Stadt auf einem sehr hohen Niveau aufrechterhalten zu können. Außerdem kostet die Jahreskarte seit 2012 gleich viel. Beziehungsweise wenig im internationalen Vergleich. In München zahlt man zum Beispiel 609 Euro.

Insofern nimmt man in Wien eine moderates Teilanpassung an die Inflation vor und geht auf ein moderates Niveau. Trotzdem kann man nicht „Alles gut“ sagen und zur Tagesordnung übergehen.

Erstens: Es ist eine Geschichte, die zeigt, dass Wählerinnen und Wähler für dumm verkauft werden. Natürlich würde den meisten einleuchten, dass preisliche Veränderungen immer wieder notwendig sind. Wie heißt es so schön? Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar. Umso verwerflicher ist, dass Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) vor der Gemeinderatswahl im April ausdrücklich dies gesagt hat: Die Jahreskarte der Wiener Linien werde „auch künftig um 365 Euro, also 1 Euro pro Tag, zu haben sein!“ 

Das Ticket gebe es in dieser Form seit 2012, so Ludwig weiter: „Wenn man die Inflation berücksichtigen würde, würde das Ticket bereits das Doppelte kosten. Aber aus sozialen und ökologischen Gründen halten wir an den 365 Euro fest – weil die Wienerinnen und Wiener von der günstigen Mobilität profitieren und es ein wichtiger Beitrag für eine nachhaltige Zukunft ist.“

Das gilt alles nicht mehr. Der Hinweis darauf, dass das aufgrund der Budgetkrise so sei, ist daneben: Ludwig wusste schon damals, dass es allein heuer eine Neuverschuldung in Milliardenhöhe geben wird. Umso weniger hätte er ein solches Versprechen abgeben dürfen.

Zweitens: Die Bundesregierung, der bekanntlich auch Ludwigs SPÖ angehört, müht sich gerade mit einer Teuerungswelle ab. Wobei sie eh schon kein Geld hat, um etwa eine Mehrwertsteuer-Senkung durchzuführen und so die Leute entlasten zu können. Daher lenkt sie ab und fordert stattdessen die EU auf, den „Österreich-Zuschlag“ auf Lebensmittel zu verbieten.

Wie auch immer: Das rot-pink geführte Wien durchkreuzt das alles. Wenn zum Beispiel die Jahreskarte um rund 100 Euro teurer wird, dann mag sie unter Berücksichtigung der Inflation noch immer günstiger sein als vor vielen Jahren. Ihr Preis steigt jetzt jedoch massiv – und das ist wiederum ein Beitrag dazu, dass die Teuerung viel zu groß bleibt. Und zwar auch zum Leidwesen der Regierung, der das letzten Endes ebenfalls zusetzt.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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