AA

Vorarlberger Know-how für Europas militärische Verteidigung

In den Kampfanzügen wird das 24 sens-EKG-System von Grabher installiert. Im Hintergrund sieht man die unbemannte Evakuierungsdrohne, welche die Patientenbox transportiert.
In den Kampfanzügen wird das 24 sens-EKG-System von Grabher installiert. Im Hintergrund sieht man die unbemannte Evakuierungsdrohne, welche die Patientenbox transportiert. ©AVILUS
Die Vorarlberger Firma ist Teil des ersten österreichischen Konsortiums, das bei einem Forschungsprojekt des European Defence Fund mitarbeitet.

Evakuierung von Einsatzkräften

Jetzt auf VOL.AT lesen

Bei "iMEDCAP" geht es um die Evakuierung verwundeter Einsatzkräfte durch autonom agierende Boden- und Luftfahrzeuge – die Lustenauer Textilfirma Grabher steuert unter anderem die Vital-Sensorik in Kampfanzügen bei und entwickelt eine Patientenbox für autonome Transportdrohnen.

Über viele Jahre hinweg hat der Lustenauer Textilunternehmer Günter Grabher mit seinen Unternehmen wie der Grabher Group GmbH oder der V-trion GmbH intelligente Textilprodukte für den medizinischen Bereich und die Pflege entwickelt.

In der Öffentlichkeit bislang weniger bekannt ist der Umstand, dass die Firmengruppe aufgrund ihres Smart-Textiles-Know-hows seit Jahren auch regelmäßig an den FORTE-Programmen des Bundesheeres teilnimmt. Diese FORTE-Programme beschäftigen sich mit Ausschreibungen für die österreichische Verteidigungsforschung.

Bedarf des Militärs hat sich geändert

Aufgrund des Krieges in der Ukraine und der deutlichen Verschiebungen in der geopolitischen Sicherheitsarchitektur bekommen Unternehmen wie jene von Günter Grabher jetzt eine ganz neue Bedeutung für Österreich und Europa: "In den vergangenen Jahren kamen die bei FORTE entstandenen Forschungsergebnisse vor allem dem Katastrophenschutz zugute.

Aktuell hat sich die Bedarfslage des Militärs aufgrund zunehmender Krisen aber grundlegend geändert", so Grabher im wpa-Gespräch. Der neue Fokus auf die militärische Nutzbarkeit (dual use) habe deshalb auch positive Folgen für Grabher.

Erstes österreichisches Konsortium in Projekt des European Defence Fund

Denn wegen der jahrelangen Zusammenarbeit mit dem Bundesheer und dem Know-how für smarte Textilien ist es der Firmengruppe Grabher gelungen, Teil des ersten österreichischen Konsortiums zu sein, das im Bereich militärische Forschung & Entwicklung im milliardenschweren EU-Verteidigungsprogramm European Defence Fund (EDF) mitarbeitet.

Konkret geht es dabei um das vor allem, aber nicht nur militärisch relevante Forschungs- und Entwicklungsprojekt "iMEDCAP". Die weiteren Konsortialpartner aus Österreich sind das Verteidigungsministerium, Joanneum Research, Synyo GmbH und die Virtual Vehicle Research GmbH.

Volumen von 25 Millionen Euro

"iMEDCAP" ist ein vom EDF finanziertes Forschungs- und Entwicklungsprojekt mit einem Volumen von 25 Millionen Euro. Das Programm läuft zwischen 2023 und 2026 und zählt insgesamt 22 europäische Partner. Koordiniert wird das Projekt von der TU München.

Das Ziel von "iMEDCAP": "Die Beobachtung, medizinische Versorgung und Evakuierung von ansteckenden, verletzten und kontaminierten Personen." Das kann in Kriegsgebieten genauso der Fall sein wie etwa bei Umwelt- und Naturkatastrophen.

Unbemannte medizinische Evakuierungsdrohnen

Das Besondere daran: "Diese Systeme sollen mehr oder weniger autonom funktionieren. Das wird über unbemannte Boden- und Luftfahrzeuge umgesetzt werden", so Grabher. Das habe für manche Menschen zwar Science-Fiction-Charakter.

Allerdings seien die Forschungen bereits weit fortgeschritten und die Ergebnisse würden zum Teil schon in der Praxis getestet werden. Schlussendlich gehe es um nichts weniger als die Entwicklung eines digitalen, vollautomatischen Rettungssystems, bei dem keine zusätzlichen Menschenleben vor Ort aufs Spiel gesetzt werden müssen.

24-sens-Sensoren in Kampfanzügen

Grabher arbeite bei "iMEDCAP" in zwei Bereichen mit: Im ersten Bereich steuere man Vitalsensoren bei, die in den Kampfanzügen integriert werden. Dabei werde auf das selbst entwickelte 24-sens-EKG-System zurückgegriffen.

Das erlaube eine lückenlose Überwachung der Soldaten in Kampfsituationen, aber auch bei Verwundungen. Denn dazu komme die Entwicklung eines textilen Sensorsystems, das am Körper getragen werde und bei Verletzungen einen Blutaustritt, die betroffene Körperstelle sowie die Menge des ausgetretenen Blutes feststellen könne. Das sei vor allem für Triage-Entscheidungen wichtig.

Entwicklung einer Patientenbox

Der zweite Bereich umfasse die Entwicklung einer Patientenbox, in welcher verletzte Soldaten (oder auch verletzte Krisenhelfer) von autonomen Boden- und Luftfahrzeugen transportiert werden. Die Box sei selbstatmend, flammfest und geschützt vor chemischen, biologischen, radiologischen oder nuklearen Bedrohungen.

Die autonome Transportdrohne ©AVILUS

Sie ermögliche sogar telemedizinische Interventionen während des Transportes. So werde der integrierte Roboter mitunter auch Injektionen verabreichen können. Die autonome Transportdrohne selbst wird von der deutschen Firma AVILUS gebaut.

Die Erfahrungen für ein solches System habe Grabher im Deko-AirTrans-Projekt für die Hercules C130 und der daraus entstandenen Weiterentwicklung eines autonom funktionierenden CBRN-Schutzzeltes für die Zivilbevölkerung gewonnen, sagt Grabher.

(wpa/gübi)

  • VIENNA.AT
  • Vorarlberg
  • Vorarlberger Know-how für Europas militärische Verteidigung