"Ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft"

Seit Jahrzehnten bleiben in der Götzner Werkstatt des Schuhmachers Ataer Kapakli reparierte Schuhe zurück, die nie abgeholt werden. Doch statt sie zu entsorgen, macht der Hörbranzer Bedürftigen damit eine Freude.
Video: Interview mit Ataer Kapakli
"Einmal ist sogar ein Kunde mit kaputtem Fallschirm gekommen"
Schon als Kind stand Ataer Kapakli in der Werkstatt seines Vaters in Istanbul, roch Leder und hörte das rhythmische Klopfen der Hämmer. "Mein Großvater war Schuhmacher, mein Vater war Schuhmacher – und seit 1982 bin auch ich Schuhmacher", erzählt er. 1990 legte er die Meisterprüfung ab, drei Jahre später eröffnete er in Götzis seine eigene Werkstatt.
Wer Kapaklis Werkstatt betritt, taucht in eine Welt ein, die man heute nur noch selten findet: Lederreste stapeln sich, Garnrollen liegen bereit, auf dem Arbeitstisch glänzen alte Nähmaschinen und Spezialwerkzeuge.
Zwischen den Maschinen hängen fertige Schuhe, die auf ihre Besitzer warten. "Mein Alltag ist bunt gemischt: Taschen reparieren, Schuhe anpassen, Einlagen korrigieren. Einmal ist sogar ein Kunde mit kaputtem Fallschirm gekommen", lacht er. "Da dachte ich nur: 'Der muss mir sehr vertrauen.'" Kapakli ist spürbar für Herausforderungen zu haben und versucht den Menschen bestmöglich zu helfen.

"So bekommen die Dinge ein zweites Leben"
So auch mit seinem Caritas-Projekt: Nicht alle Schuhe finden ihren Weg zurück an die Füße der Kunden. "Leider habe ich nie Vorauskassa verlangt. Viele haben die Schuhe einfach vergessen – oder keine Lust mehr gehabt, sie abzuholen." Über die Jahre kam einiges zusammen: Schuhe, Taschen, Gürtel, Jacken. Alles repariert, alles einsatzbereit – aber niemand wollte sie mehr. Für Kapakli war klar: "Die Sachen einfach in den Müll zu werfen? Das wäre doch Wahnsinn!"

Stattdessen brachte er die übrig gebliebenen Stücke regelmäßig zur Caritas. "So bekommen die Dinge ein zweites Leben." Er schätzt, dass er in den vergangenen drei Jahrzehnten rund 200 Paar Schuhe gespendet hat – dazu unzählige Taschen, Gürtel und Jacken. "Ich habe mir gedacht: Wenigstens kann sie noch jemand brauchen."

Für ihn ist das mehr als nur eine pragmatische Lösung. "Das ist auch ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft. Wir leben in einer Zeit, in der man Essen wegwirft, das noch gut ist. Bei Schuhen ist es das Gleiche – warum entsorgen, wenn man sie noch tragen kann?"

"Das ist mein Erfolgsrezept"
Trotz schwieriger Zeiten im Handwerk denkt Ataer Kapakli nicht ans Aufhören. "Ich habe immer auf Qualität gesetzt, nicht auf schnelle Trends. Und ich bin flexibel – ich helfe den Menschen, wenn sie Probleme mit ihren Schuhen haben. Das ist mein Erfolgsrezept", sagt er stolz.

(VOL.AT)