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Führerschein-Causa: VN-Enthüllungen schlagen Wellen bis nach Wien

Im Bild: Nina Tomaselli und Christof Bitschi.
Im Bild: Nina Tomaselli und Christof Bitschi. ©APA, VN
Die VN-Enthüllungen zu Fahrprüfungen in Vorarlberg beschäftigen längst nicht mehr nur das Land und sorgen schon bundesweit für Schlagzeilen.

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Was als regionale Enthüllung begann, ist inzwischen ein bundespolitisches Thema. Die "Vorarlberger Nachrichten" hatten in den vergangenen Tagen hinterfragenswerte Missstände bei Fahrprüfungen in Vorarlberg aufgedeckt – nun berichten auch Medien wie "Der Standard" und die ZiB2 österreichweit darüber. Und auch im Parlament in Wien ist die Causa angekommen: Die grüne Nationalratsabgeordnete Nina Tomaselli hat eine parlamentarische Anfrage an die Justizministerin eingebracht.

In der Anfrage stellen die Grünen die Frage, ob ein "Ring aus Führerscheinprüfer:innen" in Vorarlberg bewusst hohe Durchfallquoten in Kauf nimmt, um daraus zusätzliche Einnahmen zu erzielen. Demnach sei es auffällig, dass ein Landesbediensteter, der als mutmaßlicher Kopf des Prüfer-Netzwerks gilt, nicht nur als Prüfer tätig ist, sondern auch regelmäßig als Gutachter vor Gericht bestellt wird. In mehreren Fällen seien diese Gutachten in Verfahren von Richtern oder Staatsanwälten eingeflossen, die selbst ebenfalls Fahrprüfungen abnahmen.

Nina Tomaselli (Die Grünen)

Zentrale Fragen aus der parlamentarischen Anfrage

  • Wie oft wurden Sachverständige 2021–2025 in Strafverfahren eingesetzt – und mit welchen durchschnittlichen Einkünften?
  • Wie hoch sind Gesamtausgaben und Anzahl der Gutachten am LG Feldkirch (2021–2025)?
  • Wie ist der Vergleich mit anderen Landesgerichtsstandorten?
  • Ist die gehäufte Bestellung einzelner Sachverständiger üblich?
  • Wie viele Verfahren zu Amtsmissbrauch im Kontext §57a-Begutachtung pro Jahr? (Anzeigen, Einstellungen, Verurteilungen, offene Fälle)
  • Wie viele Richter:innen/Staatsanwält:innen üben Nebentätigkeiten als Fahrprüfer:innen aus – und wurden diese genehmigt?
  • Wie werden mögliche Befangenheiten geprüft?
  • Wurde kontrolliert, ob hohes Prüfungsvolumen (z. B. 350/Jahr) die Dienstpflichten beeinträchtigt?
  • Gibt es Ermittlungen zum Verdacht des absichtlichen Durchfallenslassens? Falls ja: gegen wie viele, wer ermittelt, Verfahrensstand?

Quelle: Parlamentarische Anfrage (Fragenkatalog, S. 3–5) von Nina Tomaselli

Ex-Prüfer packt aus

Besonders brisant: In ihren Recherchen hatten die "Vorarlberger Nachrichten" aufgezeigt, dass einzelne Richter allein im Vorjahr durch Prüfertätigkeiten auf Nebeneinkünfte von jeweils rund 20.000 Euro kamen, einzelne Prüfer sogar auf bis zu knapp 50.000 Euro. Die Grünen greifen diese Angaben nun in ihrer parlamentarischen Anfrage auf und stellen die Frage nach möglichen Interessenkonflikten. Auffällig sei zudem, dass ein und derselbe Gutachter in ungewöhnlich vielen Prozessen in Feldkirch bestellt wurde – während andere Sachverständige mit identischem Fachgebiet kaum zum Zug kamen.

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Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ).

Reaktionen und nächste Schritte

Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ) versprach gegenüber den VN bereits "maximale Transparenz" in der Führerschein-Causa. Das Oberlandesgericht Innsbruck hat, wie die VN berichten, inzwischen eine Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit des betroffenen Sachverständigen eingeleitet. Mit der parlamentarischen Anfrage ist die Angelegenheit nun auch offiziell auf Bundesebene angekommen. Tomaselli verlangt umfassende Antworten zur Bestellungspraxis von Gutachtern, zur Genehmigung von Nebentätigkeiten in der Justiz und zu möglichen Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs.

Fabienne Lackner (NEOS). ©VN/Steurer

NEOS fordern lückenlose Aufklärung und Reform

Bereits vor rund zwei Wochen hatte NEOS-Jugendsprecherin Fabienne Lackner volle Transparenz in der Führerschein-Causa verlangt. "Jeder Verdacht auf Willkür muss lückenlos aufgeklärt werden", so Lackner. Kritisch sehen die NEOS insbesondere die fehlende Offenlegung der Arbeitsergebnisse einer eigens eingerichteten Arbeitsgruppe, die bereits 2024 eingesetzt wurde. Neben der Aufklärung fordern die NEOS auch eine Reform des Führerscheinwesens: Der gesamte Prozess müsse entbürokratisiert, moderner gestaltet und auf echte Kompetenzprüfungen statt auf starre Vorgaben ausgerichtet werden. Ziel sei es, mehr Wettbewerb zu schaffen und die Kosten für Fahrschüler langfristig zu senken.

Video: ZiB2 berichtet über VN-Enthüllung

(VOL.AT)

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