Das Lochauer Bodenseeufer wirkt für viele Menschen wie ein Magnet – nicht nur an heißen Sommertagen. Eine Benutzungsordnung regelt deutlich, was in diesem Bereich erlaubt ist und was nicht. Am Wegesrand stehen Verbotstafeln, auf dem Boden sind gelbe Piktogramme aufgemalt: kein Grillen außerhalb markierter Stellen, kein Glas, keine Partys nach 22 Uhr.
Ganz offiziell gehört dieses Land jedoch zur Stadt Bregenz – und genau das hat VOL.AT zum Anlass genommen, sich mit dem Thema genauer auseinanderzusetzen. Wie kam es dazu? Wer ist für diesen hochfrequentierten Bereich zuständig? Und wer kontrolliert, ob die aufgestellten Regeln auch eingehalten werden?
Im Gespräch mit Altbürgermeister Xaver Sinz wird zunächst der historische Hintergrund geklärt: Warum gehört das Lochauer Ufer eigentlich zu Bregenz?
„Das Ufer, wie wir es heute kennen, existierte früher nicht“, stellt Sinz klar. Wo heute Spielplätze, Wiesen und Spazierwege liegen, war einst schlicht der Bodensee. Erst durch Schüttungen, den Bau der Pipeline, der Straße und der Bahnlinie entstand über Jahrzehnte hinweg neuer Boden – und der wurde katastral der Stadt Bregenz zugeschlagen. „Der Geometer, der damals die Grenze zog, war nicht ortskundig“, sagt Sinz. „Der Auftrag kam wohl von Bregenz. Und unsere Vorfahren haben das einfach so hingenommen.“
Trotzdem wurde der Bereich von Anfang an von der Gemeinde Lochau gepflegt und gestaltet – was bis heute anhält. Auch die Verbotsschilder vor Ort stammen von der Gemeinde Lochau.


Die Regeln sind sichtbar – die Zuständigkeit nicht
Eine Frage, die im Raum steht: Wer kontrolliert eigentlich die Einhaltung dieser sehr präsenten Regeln? Die Polizeiinspektion Lochau jedenfalls nicht. Auf Nachfrage heißt es dort: „Für Glasflaschenverbote oder Feuerstellen ist die Stadt Bregenz zuständig. Das sind Gemeindeverordnungen – wir als Bundespolizei sind da nicht zuständig.“
Zuständig wäre also die Stadtpolizei Bregenz – das weiß auch Xaver Sinz. Auch wenn das Gebiet geografisch direkt an Lochau grenzt und von Lochau genutzt und gepflegt wird.

Ein Ufer zwischen Gefühl und Gesetz
Die Frage nach der Zuständigkeit wurde durch drei Stellen bestätigt. Polizeisprecher Fabian Marchetti unterstreicht noch einmal: „Mit der Vollziehung der Gemeindeverordnung ist die Stadtpolizei Bregenz ermächtigt.“ Zudem seien während der Sommermonate verschiedene Teams im Einsatz – darunter die Bundespolizei, private Sicherheitsdienste, die Stadtpolizei Bregenz sowie das Projektteam „Gemeinsam am See“.
Das Stück Ufer in Lochau ist damit eine geografische Grauzone mit klaren Katastrallinien. Wer sich dort aufhält, bewegt sich auf Bregenzer Boden – auch wenn die Infrastruktur von Lochau gepflegt wird und die Gemeinde sichtbar Präsenz zeigt.

Bei einem Lokalaugenschein und in Gesprächen mit Anrainerinnen und Badegästen wurde deutlich: Der Bereich ist stark frequentiert – vor allem in den Sommermonaten. Es wird gegrillt, Musik gehört, Müll bleibt liegen. Wildes Feuer sei keine Seltenheit, erzählen Anwohnende. Die Stimmung ist entspannt – doch die Einhaltung der Regeln klappt mal besser, mal schlechter.
Regelwerk vorhanden – aber nicht jede Gemeinde darf durchgreifen
Nach genauerer Recherche wird deutlich, dass der Bereich ganz genau rechtlich geregelt ist. VOL.AT hat bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz nachgefragt – und eine klare Auskunft erhalten: Für den Bereich zwischen der ehemaligen Pumpstation am Ende der Pipeline und der Leiblach existiert eine ortspolizeiliche Verordnung der Stadt Bregenz, die am 6. Juni 2006 in Kraft trat. Sie enthält konkrete Verbote. Bei Verstößen drohen Verwaltungsstrafen durch die Bezirksverwaltungsbehörde.

Allerdings ist auch klar: Zuständig für diese Verordnung ist ausschließlich die Stadt Bregenz. Die Bezirkshauptmannschaft stellt unmissverständlich fest, dass die Bundespolizei bei ortspolizeilichen Verordnungen keine Mitwirkung hat – und dass sich Gemeinden stattdessen häufig privater Sicherheitsdienste bedienen.
Was genau ist dann aber jetzt die Rolle von Lochau? Laut Bezirkshauptmannschaft dürfen Gemeinden wie Lochau in solchen Bereichen zwar Hinweise auf Verhaltensregeln anbringen, solange es sich dabei nicht um formale Kundmachungen handelt – also keine rechtlich verbindlichen Verordnungen. Die Regeln auf den Schildern haben damit nur informativen Charakter, solange sie nicht von der zuständigen Gemeinde erlassen wurden. Durchsetzen darf Lochau dort nichts.
Das bedeutet: Der Uferstreifen ist kein rechtsfreier Raum – aber kontrolliert wird er ausschließlich von der Stadt, die auf den ersten Blick kaum jemand mit diesem Ort verbindet. Xaver Sinz schließt sein Gespräch übrigens mir folgenden Worten: „Für uns ist das hier das Lochauer Ufer – ganz klar. Dass das auf dem Papier zu Bregenz gehört, interessiert hier niemand.“
(VOL.AT)